Leitsatz

1. Betriebsgebundene Zuckerrübenlieferrechte sind selbstständige immaterielle abnutzbare Wirtschaftsgüter (Anschluss an das BFH-Urteil vom 24.06.1999, IV R 33/98, BFH/NV 1999, 1550).

2. Die Nutzungsdauer ist nach der bei Aufstellung der Bilanz voraussichtlichen Dauer des Fortbestands der Quotenregelung zu schätzen. Eine Nutzungsdauer von 15 Jahren erscheint jedenfalls nicht als zu niedrig.

 

Normenkette

§ 5 Abs. 2, § 7 Abs. 1 EStG

 

Sachverhalt

Ein Landwirt hatte im Wirtschaftsjahr 1991/92 Zuckerrübenlieferrechte erworben und diese zunächst mehrere Jahre lang mit den Anschaffungskosten bilanziert. Erstmals im Wirtschaftsjahr 1999/2000 nahm er Abschreibungen auf die Lieferrechte i.H.v. 1/15 der Anschaffungskosten vor.

Das FA hielt die Abschreibung für unberechtigt, weil das Lieferrecht ein nicht abnutzbares WG sei. Mit der Begründung, das Lieferrecht sei von unbestimmter Dauer, hielt auch das FG (Niedersächsisches FG, Urteil vom 30.11.2005, 3 K 417/02, Haufe-Index 1512085, EFG 2006, 1052) eine Abschreibung für unzulässig.

 

Entscheidung

Der BFH gab dem Landwirt recht. Das Lieferrecht sei abnutzbar. Die vom Landwirt geschätzte Nutzungsdauer von 15 Jahren sei jedenfalls nicht zu kurz bemessen.

 

Hinweis

1. Das Urteil ist auf Wunsch der Finanzverwaltung nachträglich zur Veröffentlichung bestimmt worden. Offensichtlich erkennt die Finanzverwaltung eine neue und bedeutsame Aussage in dem Urteil. Der BFH war davon ausgegangen, keine wesentlich neuen Gesichtspunkte für die Behandlung von Zuckerrübenlieferrechten herausgearbeitet zu haben.

2. Dass ein betriebsgebundenes Zuckerrübenlieferrecht ein eigenständiges immaterielles Wirtschaftsgut ist, hatte der BFH bereits in dem im ersten Leitsatz genannten Urteil vom 24.06.1999, IV R 33/98 (BFH/NV 1999, 1550) entschieden. Grund für die Abspaltung des Lieferrechts vom Grund und Boden ist ähnlich wie bei Milchlieferrechten eine gemeinschaftsrechtliche Marktordnungsmaßnahme, aufgrund deren die Höchstmenge für die Lieferung der betreffenden selbst erzeugten Produkte begrenzt wird. Erwirbt man ein solches Lieferrecht gegen Entgelt, handelt es sich um ein entgeltlich erworbenes immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens, das nicht dem Aktivierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG unterfällt.

3. Den Neuigkeitswert der Entscheidung sieht die Finanzverwaltung vermutlich in den Ausführungen zur Abnutzbarkeit des immateriellen Wirtschaftsguts. Ob ein solches Wirtschaftsgut abnutzbar ist, hängt davon ab, inwieweit seine Nutzung rechtlich oder wirtschaftlich betrachtet zeitlich begrenzt ist. Eine solche Begrenzung bejaht der BFH bei Zuckerrübenlieferrechten und stützt sich dazu auf die zeitliche Begrenzung der Zuckermarktordnung. Die betreffenden Verordnungen waren immer zeitlich begrenzt gewesen, ihre Verlängerung war keineswegs sicher zu erwarten. So wurde etwa die zum 30.06.1991 auslaufende Regelung zunächst nur für zwei Jahre, dann zweimal jeweils nur um ein Jahr verlängert und dabei auch inhaltlich modifiziert. Eine solche Ungewissheit rechtfertigt es nun nach Meinung des BFH nicht, von einem immerwährenden Recht auszugehen.

4. Steht damit fest, dass das Lieferrecht abnutzbar und deshalb abzuschreiben ist, muss eine Entscheidung über die voraussichtliche Nutzungsdauer des Rechts getroffen werden. Dies wirft angesichts der unklaren Laufzeiten der Marktordnungsmaßnahmen besondere Schwierigkeiten auf. Im zu entscheidenden Fall hatte der Landwirt eine Abschreibung über 15 Jahre entsprechend der Abschreibung eines Firmenwerts nach § 7 Abs. 1 S. 3 EStG beansprucht. Eine solche Nutzungsdauer hielt der BFH nicht für zu kurz und gab deshalb dem Begehren des Landwirts statt.

Das Urteil lässt aber erkennen, dass die Nutzungsdauer auch noch kürzer sein könnte, nämlich 10 Jahre, wie es von der Finanzverwaltung selbst für Milchlieferrechte vorgesehen wird. Nachdem die zehnjährige Abschreibungsfrist für Milchlieferrechte jüngst auch vom BFH akzeptiert worden ist (BFH, Urteil vom 29.04.2009, IX R 33/08, BFH/NV 2009, 1866, BFH/PR 2010, 3), spricht viel dafür, diese pauschal ermittelte Nutzungsdauer auch auf andere gemeinschaftsrechtlich geregelte Lieferrechte auf dem Agrarmarkt zu übertragen.

Die Berücksichtigung einer pauschalen Nutzungsdauer von 10 Jahren kann angesichts weiterer Verlängerungen einer Marktordnungsmaßnahme günstig erscheinen. Es kann sich aber auch der gegenteilige Effekt einstellen, wenn man an der pauschalen Abschreibungsdauer auch in Wirtschaftsjahren kurz vor planmäßigem Auslaufen der Marktordnungsregelung festhält und die Regelung schließlich nicht verlängert wird. Dann ist allerdings der Restbuchwert im Jahr des Auslaufens der Regelung abzuschreiben.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 16.10.2008 – IV R 1/06

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