1 Überblick

 

Rz. 1

In § 264a Abs. 1 HGB wird bestimmt, unter welchen Voraussetzungen OHG und KG bzgl. Aufstellung, Prüfung und Offenlegung ihrer Jahresabschlüsse und ggf. auch ihrer Konzernabschlüsse wie KapG behandelt werden. Soweit haftungsbeschränkte PersG die Voraussetzungen des § 264b Nrn. 1–3 HGB erfüllen, sind sie von den Pflichten, die aus Abs. 1 resultieren, befreit. In § 264a Abs. 2 HGB wird festgelegt, dass die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs der vertretungsberechtigten Ges. jeweils als gesetzliche Vertreter der PersG einzustufen sind.

 

Rz. 2

Voraussetzung für eine solche Behandlung als KapG nach Abs. 1 ist, dass bei der PersG weder mittelbar noch unmittelbar ein persönlich haftender Gesellschafter (phG) eine natürliche Person ist und damit ggü. den Gläubigern der Ges. unbeschränkt haftet. Betroffen sind damit solche Konstruktionen, bei denen regelmäßig ausnahmslos KapG (wie Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder Societas europaea; im Sonderfall aber auch beispielhaft Stiftungen, eingetragene Genossenschaften oder auch wirtschaftliche Vereine) die Funktion des Vollhafters übernehmen. Prominentestes Beispiel für den Anwendungsbereich des § 264a HGB ist die GmbH & Co. KG, bei der keine weiteren natürlichen Personen als Komplementäre vorhanden sind.

Der deutsche Gesetzgeber folgt damit dem Grundsatz, dass infolge der durch die Konstruktion erzielten Haftungsbeschränkung zwangsläufig die Stringenz der Publizität ansteigt. Die Bestimmung des § 264a HGB ist eine Folge der schon 1990 von der EU erlassenen GmbH-&-Co-RL 90/605/EWG.

Vor Inkrafttreten des § 264a HGB waren haftungsbeschränkte PersG zur Aufstellung, Prüfung und Offenlegung eines Jahresabschlusses und ggf. eines Konzernabschlusses nach den Bestimmungen des PublG verpflichtet, soweit die Größenmerkmale entsprechend § 1 Abs. 1 PublG erfüllt wurden. Das PublG gewährte insb. in Bezug auf die Offenlegung der GuV für PersG einige Erleichterungen. Durch die vollständige Behandlung wie KapG über § 264a HGB sind diese Erleichterungen entfallen. Rechtssystematisch sind die haftungsbeschränkten PersG über § 3 Abs. 1 Nr. 1 PublG aus dem Anwendungsbereich des PublG ausgenommen worden.

2 Tatbestandsmerkmale

2.1 Personenhandelsgesellschaft

 

Rz. 3

Die Qualifizierung als OHG bestimmt sich nach § 105 HGB. Danach muss der Zweck der Ges. auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter einer gemeinschaftlichen Firma ausgerichtet sein. Zudem existieren keine Haftungsbeschränkungen von Gesellschaftern ggü. Gläubigern der Ges. Der Begriff des Handelsgewerbes ist in § 1 Abs. 2 HGB geregelt und erfasst jeden Gewerbebetrieb, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.

 

Rz. 4

Entsprechend § 105 Abs. 2 HGB ist auch dann von einer offenen Handelsgesellschaft auszugehen, wenn der Gesellschaftszweck auf die Verwaltung von eigenem Vermögen beschränkt bzw. ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, jedoch die Eintragung der Firma im HR erfolgte.

 

Rz. 5

Die Merkmale einer KG ergeben sich aus § 161 HGB. Es handelt sich dabei um eine Ges., die ein Handelsgewerbe unter gemeinschaftlicher Firma betreibt. Im Gegensatz zur OHG ist bei einigen Gesellschaftern (= Kommanditisten) die Haftung ggü. den Gesellschaftsgläubigern auf einen bestimmten, vorher festgeschriebenen Betrag begrenzt, während andere Gesellschafter (= Komplementäre) keinen Haftungsbeschränkungen unterliegen.

Eine Anwendung des § 264a Abs. 1 HGB auf PersG, die weder eine OHG noch eine KG sind, darf nicht erfolgen. Zu denken wäre hier bspw. an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Bei dieser liegt jedoch kein wirtschaftliches Interesse vor.[1]

Hinzuweisen ist darauf, dass § 264a HGB bei einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) nicht einschlägig ist, da diese gesellschaftsrechtlich als KapG einzuordnen ist. Die entsprechenden Regelungen finden sich in §§ 278ff. AktG.

[1] Vgl. Zimmer/Eckholt, NJW 2000, S. 1363; Patt, DStZ 2000, S. 77.

2.2 Keine natürliche Person als persönlich haftender Gesellschafter

 

Rz. 6

Die Rechtsfolgen des § 264a Abs. 1 HGB treten ein, wenn nicht mindestens eine natürliche Person als Vollhafter vorhanden ist.

Zur Prüfung der Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals ist zunächst festzustellen, ob sich eine natürliche Person rechtswirksam als Vollhafter an der Ges. beteiligt hat. Davon kann ausgegangen werden, wenn die Gesellschaftsbeteiligung zum einen auf den Namen und zum anderen auf Rechnung der natürlichen Person gehalten wird. Dadurch sollen Konstellationen der Beteiligung für Rechnung einer KapG oder auch treuhänderische Beteiligungen ausgeschlossen werden. Die Übernahme der unbeschränkten Haftung erfolgt durch die Begründung der jeweiligen Stellung (OHG-Gesellschafter oder KG-Komplementär) im Gesellschaftsvertrag. Eine Beteiligung des Vollhafters am Gewinn oder Verlust ist nicht notwendig. D. h., selbst wenn bei einer GmbH & Co. KG die GmbH mit 0 % an der KG beteiligt ist, liegt eine Vollhafterstellung vor, da eine Außenhaftung durch die Beteiligung von 0 % nicht eingeschränkt wird.

 

Rz. 7

Des Weiteren muss die natürliche Pers...

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