Rz. 14

Die passive Rechnungsabgrenzung entspricht der aktiven, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen. Daher gelten die Ausführungen gem. Rz 78 und Rz 13 spiegelbildlich. Das in § 252 Nr. 4 HGB geregelte Vorsichtsprinzip führt allerdings dazu, dass bei passiven Rechnungsabgrenzungsposten im Zweifel eher eine Ansatzpflicht anzunehmen ist, während bei aktiven Rechnungsabgrenzungsposten eher kein Ansatz geboten ist.

Voraussetzung für die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens ist das Vorliegen einer Einnahme vor dem Abschlussstichtag. Unter Einnahme ist dabei der Zufluss von Zahlungsmitteln sowie die Einbuchung von Forderungen bzw. die Ausbuchung von Verbindlichkeiten zu verstehen.[1]

Weitere Bedingung für den Ansatz eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens ist das Vorliegen eines Ertrags nach dem Abschlussstichtag. Ertrag setzt eine Gegenleistung des Bilanzierenden voraus, die nach dem Abschlussstichtag realisiert wird (z. B. Mietraumgestellung durch Vermieter).

 
Praxis-Beispiel

Die Immobilien GmbH ist Eigentümer eines bebauten Grundstücks in der Fußgängerzone von München. Das Gebäude ist an verschiedene Einzelhandelsgeschäfte vermietet. Das bislang unbebaute Nachbargrundstück wird von einem Investor erworben, der hierauf ein Einzelhandelskaufhaus errichten und betreiben möchte. Aus baurechtlichen Gründen ist eine Entfluchtung des Einzelhandelskaufhauses nur über das Grundstück der Immobilien GmbH möglich. Der Investor verhandelt daher mit der Immobilien GmbH über die Einräumung einer Baulast auf dem Grundstück der Immobilien GmbH, die diese Entfluchtung dauerhaft gewährleisten soll.

Nach den Regelungen des Vertrags muss die Immobilien GmbH die Entfluchtung des Einzelhandelskaufhauses des Nachbargrundstücks gewährleisten, indem es eine Freifläche auf ihrem eigenen Grundstück als Fluchtweg bereithält. Für die Einräumung dieses Entfluchtungsrechts zahlt der Investor der Immobilien GmbH eine einmalige Pauschalzahlung von 300 TEUR. Die Höhe der Pauschalzahlung ist von beiden Vertragspartnern aufgrund einer geschätzten wirtschaftlichen Nutzungsdauer des Entfluchtungsrechts von 30 Jahren bestimmt worden.

Die Immobilien GmbH hat die erhaltene Pauschalzahlung als passiven Rechnungsabgrenzungsposten über die geschätzte Dauer von 30 Jahren zu bilanzieren. Die Auflösung erfolgt pro rata temporis, d. h. in jedem Jahr sind 10 TEUR ertragswirksam zu vereinnahmen. Eine sofortige Ertragsvereinnahmung scheidet aus, da den Erträgen noch zukünftig zu erbringende Leistungen (Duldung der Entfluchtung) der Immobilien GmbH gegenüberstehen.

 

Rz. 15

In diesem Zusammenhang ist verschiedentlich über einen etwaigen Schuldcharakter des passiven Rechnungsabgrenzungspostens diskutiert worden.[2] Konkreter Anlass ist die Bilanzierung von sog. "signing fees", die insb. bei Fußballprofivereinen erhebliche Bedeutung haben. Eine "signing fee" wird bei Abschluss eines zeitlich befristeten Vertrags – i. d. R. eine Nutzungsrechtüberlassung – gezahlt. Die Gegenleistung des Zahlungsempfängers liegt in der Duldung des (regelmäßig exklusiven) Nutzungsrechts. Insofern handelt es sich um ein schwebendes Geschäft; das vereinnahmte Entgelt ist auf die Laufzeit als passiver Rechnungsabgrenzungsposten zu verteilen.[3]

 

Rz. 16

Das Kriterium der bestimmten Zeit findet auch bei passiven Rechnungsabgrenzungsposten Anwendung. Insoweit gelten auch hier die Ausführungen zu aktiven Rechnungsabgrenzungsposten analog (Rz 13). Bzgl. der Ermittlung der bestimmten Zeit ergeben sich durch das Vorsichtsprinzip und das Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) bei passiven Rechnungsabgrenzungsposten jedoch z. T. abweichende Ergebnisse. So ist der für die aktiven Rechnungsabgrenzungsposten hier befürworteten engen Auslegung der Objektivierung der bestimmten Zeit bzgl. der passiven Rechnungsabgrenzungsposten nicht zu folgen. Diese Auffassung ist letztlich Analogieschluss aus dem Imparitätsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Halbsatz HGB), da der Nichtansatz eines passiven Rechnungsabgrenzungsposten automatisch zu einem höheren Gewinnausweis in der laufenden Periode führen würde.

Diese Sichtweise wird auch durch verschiedene Urteile des BFH gestützt,[4] wobei dieser die Zulässigkeit von Schätzungen z. T. unterschiedlich behandelt hat. So hat der BFH in diesem Zusammenhang die Nutzungsdauerschätzung für eine Maschine[5] sowie die Laufzeit eines Bausparvertrags[6] als nicht hinreichend objektiviert in Bezug auf das Kriterium der bestimmten Zeit interpretiert und folglich den Ansatz eines passiven Rechnungsabgrenzungsposten verneint.

Eine Vergütung, die der Kreditgeber für seine Bereitschaft zu einer für ihn nachteiligen Änderung der Vertragskonditionen vom Kreditnehmer vereinnahmt hat, ist in der Bilanz des Kreditgebers nicht passiv abzugrenzen, da es an einer zeitraumbezogenen Gegenleistung fehlt.[7]

 

Rz. 17

Im Gegensatz dazu hat der Verkäufer eines Optionsscheins bei Optionsgeschäften einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten i. H. d. Optionsprämie zu bilden.[8]

 

Rz. 18

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