Rz. 23

Das Einsichtsrecht bezieht sich auf die Prüfungsberichte der letzten drei Gj. Hierbei kommen aber nur Prüfungsberichte in Betracht, bei denen es sich um die Berichterstattung über eine gesetzliche Abschlussprüfung handelt. Soweit wegen Unterschreitens der Größenkriterien gem. § 267 HGB keine Prüfungspflicht bestand, aber dennoch eine (freiwillige) Abschlussprüfung durchgeführt wurde, unterliegen diese Prüfungsberichte nicht dem Einsichtnahmerecht (Rz 16).

 
Praxis-Beispiel

Bei der mittelgroßen Z-GmbH wird im September 05 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Gj 01 bis 04 sind durch einen Abschlussprüfer geprüft worden. Bei der Abschlussprüfung für das Gj 02 und 03 handelte es sich um freiwillige Abschlussprüfungen; die Gj 01 und 04 betrafen Pflichtprüfungen.

Es besteht ein Einsichtnahmerecht lediglich für den Prüfungsbericht des Gj 04. Bei den Gj 02 und 03 handelte es sich um freiwillige Prüfungen, bei denen kein Einsichtnahmerecht besteht. Der Prüfungsbericht für das Gj 01 betrifft zwar eine gesetzliche Abschlussprüfung, die allerdings einen mehr als drei Gj vor Insolvenzeröffnung liegenden Zeitraum betrifft.

 

Rz. 24

Das Einsichtsrecht betrifft den Prüfungsbericht des Abschlussprüfers. Dieser umfasst die gesetzlichen Bestandteile inklusive der obligatorischen Anlagen (geprüfter Jahresabschluss und Lagebericht[1]). Damit hat der Einsichtsberechtigte auch Zugriff auf die Rechnungslegung für die betreffenden Gj, auch wenn diese – ggf. pflichtwidrig – nicht oder nur unter Ausnutzung von größenabhängigen Erleichterungen (§ 327 Rz 13) offengelegt wurden. Das Einsichtsrecht umfasst gleichermaßen den Prüfungsbericht über etwaig durchgeführte Nachtragsprüfungen.[2] Vorweg-, Lese- oder Entwurfsexemplare des Prüfungsberichts, die dem Vorstand bzw. der Geschäftsführung vom Abschlussprüfer überlassen wurden, unterliegen genauso wenig dem Einsichtnahmerecht wie ein Management Letter oder die Arbeitspapiere des Abschlussprüfers.

 

Rz. 25

Soweit der Prüfungsauftrag über § 321 HGB hinaus erweitert wurde, greift die inhaltliche Beschränkung des Einsichtsrechts gem. Abs. 1 Satz 1 letzter Hs. der Vorschrift. Damit unterliegen dem Einsichtsrecht insb. nicht Berichtsteile über:[3]

  • rechtsform- oder wirtschaftszweigspezifische Vorschriften,[4]
  • sonstige gesetzliche Erweiterungen des Prüfungsauftrags, z. B. Prüfung nach § 53 HGrG,
  • freiwillige Erweiterungen des Prüfungsauftrags, z. B. weitere Anlagen zum Prüfungsbericht (detaillierte Aufgliederungen und Erläuterungen der Posten des Jahresabschlusses, Darstellung rechtlicher, wirtschaftlicher und steuerlicher Verhältnisse).
 

Rz. 26

Derartige Berichtspassagen sind von dem Einsichtsgewährenden von der Einsichtnahme auszuschließen (z. B. durch Schwärzung, Herausnahme, Anfertigung von Teilkopien).[5]

 

Rz. 27

Für den Prüfungsbericht zu einem IFRS-Einzelabschluss nach § 325 Abs. 2a HGB gilt dagegen das Einsichtsrecht, da § 324a Abs. 1 Satz 1 HGB auf § 321a HGB verweist.[6] Dies erscheint auch sachgerecht, da der IFRS-Einzelabschluss nach § 325 Abs. 2a HGB gerade für Offenlegungszwecke erstellt wird und diesem die Befreiungswirkung für Offenlegungszwecke auch nur zukommt, wenn zugleich der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers offengelegt wird (§ 325 Rz 150).

[1] Vgl. IDW PS 450.110 n. F.
[2] Vgl. Forster/Gelhausen/Möller, WPg 2007, S. 195.
[3] Vgl. IDW PS 450.152c n. F.; gl. A. Forster/Gelhausen/Möller, WPg 2007, S. 196; a. A.: Justenhoven/Deicke, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 321a HGB Rz 8 betreffend die Berichterstattung nach § 53 HGrG.
[4] Z. B. Kreditbericht nach § 29 Abs. 4 KWG i. V. m. §§ 59ff. PrüfbV.
[5] Vgl. Forster/Gelhausen/Möller, WPg 2007, S. 196.
[6] Gl. A. Orth, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 321a HGB Rz 11, Stand: 7/2022; Justenhoven/Deicke, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 321a HGB Rz 6.

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