Rz. 37

In dem (nicht seltenen) Fall, dass für mehrere VG nur ein einziger Kaufpreis vereinbart und gezahlt wird, ist gem. dem Einzelbewertungsgrundsatz (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB) eine Aufteilung dieses Gesamtkaufpreises auf die einzelnen VG zwingend geboten. Die Notwendigkeit zu einer solchen Aufteilung wird insb. in den Fällen deutlich, in denen zu einem Gesamtkaufpreis mehrere VG erworben wurden, die entweder nur z. T. planmäßig abzuschreiben sind oder bei denen sich die Abschreibungsverfahren oder Nutzungsdauern unterscheiden.[1]

 

Rz. 38

Ein Gesamtkaufpreis ist grds. unter Beachtung der Zeitwerte der einzelnen erworbenen VG auf diese aufzuteilen.[2] Sind für die erworbenen VG Zeitwerte nicht oder nur schwer zu ermitteln, ist auch die Orientierung an anderen zweckmäßigen Maßstäben, bspw. den bisherigen Buchwerten, denkbar. Eine Ermittlung der AK nach der Restwertmethode, bei der einem VG sein Zeitwert und dem anderen der Rest vom Gesamtkaufpreis zugeteilt wird, muss – da willkürlich – als unzulässig ausscheiden.[3]

 

Rz. 39

Enthält der Kaufvertrag eine Aufteilung des Gesamtkaufpreises auf die einzelnen VG, so spricht nichts dagegen, dieser Aufteilung zu folgen, sofern sie sachlich gerechtfertigt erscheint.[4] Problematisch sind allerdings die Fälle, in denen sich der Gesamtkaufpreis von der Summe der beizulegenden Zeitwerte der erworbenen VG unterscheidet. Dabei sind sowohl Situationen denkbar, in denen der Gesamtkaufpreis die Summe der beizulegenden Zeitwerte übersteigt, als auch solche, in denen er unter der Summe der beizulegenden Zeitwerte liegt.

 

Rz. 40

Übersteigt der Gesamtkaufpreis die Summe der beizulegenden Zeitwerte der erworbenen VG, ist zwischen zwei Situationen zu unterscheiden. Wurde ein Unt oder ein Teilbetrieb als Ganzes erworben, so ist der (positive) Differenzbetrag gem. § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB zwingend als GoF zu aktivieren. Dagegen ist beim Erwerb anderer Gruppen von VG der Mehrbetrag im Verhältnis der jeweiligen Zeitwerte auf die einzelnen VG zu verteilen.[5] Die am Bilanzstichtag durchzuführende Bewertung kann in der Folge eine außerplanmäßige Abschreibung nach § 253 Abs. 3 oder Abs. 4 HGB nach sich ziehen.[6]

 

Rz. 41

Liegt der Gesamtkaufpreis unterhalb der Summe der beizulegenden Zeitwerte der erworbenen VG, ist dieser (negative) Unterschiedsbetrag sinnvoll auf die erworbenen VG zu verteilen. Zulässig erscheint auch hier eine Aufteilung der Differenz nach dem Verhältnis der Zeitwerte der einzelnen VG. In Ausnahmefällen sind jedoch andere Verteilungsmethoden wie bspw. ein prozentualer Abschlag von den Zeitwerten sämtlicher VG – mit Ausnahme der liquiden Mittel – oder eine Verteilung anhand des Risikos oder der Rentabilität der betroffenen VG denkbar.[7]

 
Praxis-Beispiel

Die A-GmbH erwirbt zum 1.1.01 ein Grundstück mit einer darauf stehenden Lagerhalle für insgesamt 400 TEUR. Die A-GmbH bestellt einen Gutachter zwecks Aufteilung des Gesamtkaufpreises. Dieser ermittelt Zeitwerte i. H. v.

  • Fall 1: 100 TEUR für die Lagerhalle und 300 TEUR für das Grundstück;
  • Fall 2: 150 TEUR für die Lagerhalle und 350 TEUR für das Grundstück;
  • Fall 3: 75 TEUR für die Lagerhalle und 225 TEUR für das Grundstück.

Beurteilung

Im Fall 1 entspricht der Gesamtkaufpreis der Summe der Zeitwerte. In diesem unproblematischen Fall sind beide VG jeweils mit ihrem Zeitwert als AK zu bilanzieren.

Im Fall 2 übersteigt die Summe der Zeitwerte den Gesamtkaufpreis für die beiden VG um 100 TEUR. Der negative Unterschiedsbetrag i. H. v. 100 TEUR soll hier im Verhältnis der Zeitwerte auf beide VG verteilt werden:

  • Lagerhalle: (150 TEUR/500 TEUR) × 100 TEUR = 30 TEUR; damit ist die Lagerhalle mit 150 TEUR – 30 TEUR = 120 TEUR in der Bilanz anzusetzen;
  • Grundstück: (350 TEUR/500 TEUR) × 100 TEUR = 70 TEUR; damit ist das Grundstück mit 350 TEUR – 70 TEUR = 280 TEUR in der Bilanz anzusetzen;
  • die Summe beider Bilanzwerte entspricht hiermit dem Gesamtkaufpreis i. H. v. 400 TEUR.

Im Fall 3 übersteigt der Gesamtkaufpreis die Summe der Zeitwerte für Lagerhalle und Grundstück um 100 TEUR. Hier ist zunächst der positive Unterschiedsbetrag auf die beiden VG zu verteilen:

  • Lagerhalle: (75 TEUR/300 TEUR) × 100 TEUR = 25 TEUR; damit ist die Lagerhalle mit 75 TEUR + 25 TEUR = 100 TEUR in der Bilanz anzusetzen;
  • Grundstück: (225 TEUR/300 TEUR) × 100 TEUR = 75 TEUR; damit ist das Grundstück mit 225 TEUR + 75 TEUR = 300 TEUR in der Bilanz anzusetzen;
  • die Summe beider Bilanzwerte entspricht hiermit dem Gesamtkaufpreis i. H. v. 400 TEUR.

I. R. d. nachgelagerten Bewertungsmaßnahmen ist sodann im Fall 3 die Vornahme einer außerplanmäßigen Abschreibung auf den jeweiligen beizulegenden Wert i. R. d. Vorschriften des § 253 Abs. 3 HGB zu prüfen.

[1] Vgl. Wohlgemuth/Radde, in Böcking u. a., Beck HdR, B 162 Rz 79, Stand: 12/2018.
[2] Vgl. BFH, Urteil v. 19.12.1972, VIII R 124/9, BStBl 1973 II S. 295; Knop u. a., in Küting/Weber, HdR-E, § 255 HGB Rn 24, Stand: 11/2016.
[3] Vgl. ADS, 6. Aufl. 1995–2001, § 255 HGB Rz 105.

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