Leitsatz

1. Die Einzahlung von Geld auf ein betriebliches Konto ist eine Einlage i.S.v. § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG a.F.; das gilt auch bei sinngemäßer Anwendung der Vorschrift auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG a.F. (entgegen FG München, Urteil vom 26.1.2007, 7 K 3527/04, EFG 2007, 902).

2. Die kurzfristige Einlage von Geld stellt einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts dar, wenn sie allein dazu dient, die Hinzurechnung nach § 4 Abs. 4a EStG a.F. nicht abziehbarer Schuldzinsen zu umgehen; in diesem Fall entsteht der Steueranspruch so, wie er entstanden wäre, wenn die Einlage unterblieben wäre.

3. § 42 AO a.F. ist nach der Aufhebung von § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG a.F. auf die betreffenden Fallgestaltungen (jedenfalls wieder) anwendbar.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1 Satz 5, Abs. 3, Abs. 4a Satz 2, Abs. 4a Satz 6, Abs. 4a Satz 3 EStG a.F., § 42 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 AO a.F.

 

Sachverhalt

Der Kläger erzielte u.a. als Facharzt Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit. Den Gewinn ermittelte er gem. § 4 Abs. 3 EStG. 2001 erwarb er ein Grundstück und bebaute es mit einem selbst genutzten Einfamilienhaus. Zur Bezahlung der Anschaffungskosten verwendete der Kläger Betriebseinnahmen aus seiner ärztlichen Praxis; der Betrieb musste deshalb vermehrt Darlehen in Anspruch nehmen. Trotz hoher betrieblicher Schuldzinsen wurden fast keine Hinzurechnungen für nicht abziehbare Schuldzinsen erklärt.

Eine beim Kläger durchgeführte Außenprüfung führte zu der Feststellung, dass der Kläger dem betrieblichen Girokonto jeweils zum Jahresende hohe Geldbeträge zugeführt und diese kurz danach wieder entnommen hatte.

FA und FG (FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 18.3.2009, 2 K 160/06, Haufe-Index 2179093, EFG 2009, 1354) beurteilten diese Gestaltung als Missbrauch i.S.v. § 42 AO.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision zurück. Zu Recht habe das FG hinsichtlich der streitigen kurzfristigen Einzahlungen auf das betriebliche Girokonto einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts (§ 42 AO) bejaht mit der Folge, dass der Betrag der Überentnahmen i.S.v. § 4 Abs. 4a EStG hierdurch nicht reduziert worden sei.

 

Hinweis

1. Die Vorschrift des § 4 Abs. 4a EStG, die als gesetzgeberische Reaktion auf das von der Rechtsprechung zugelassene Zweikontenmodell eingeführt worden ist, zwingt zu einer Prüfung, ob am Jahresende, zu dem der Gewinn ermittelt wird, Überentnahmen zu konstatieren sind. Eine Überentnahme ist nach der gesetzlichen Definition der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.

2. Dieser Gesetzeswortlaut bietet auf den ersten Blick eine recht simple Möglichkeit, der Vorschrift auszuweichen: Man muss nur durch entsprechende Einlagen dafür sorgen, dass in der Gesamtabrechnung für das jeweilige Wirtschaftsjahr die Summe aus Gewinn und Einlagen nicht kleiner ist als die Summe der Entnahmen. Da dies nur für den Schluss des Wirtschaftsjahrs zu berechnen ist, braucht auch nur für diesen Stichtag Geld in Form von zusätzlichen Einlagen im Betriebsvermögen vorhanden zu sein. Das Geld für diese Einlagen kann man sich durch Kredit beschaffen und nach dem Stichtag wieder dem Betrieb entziehen.

3. Dieser Methode – ein Fall des window-dressing – hat der BFH nun den Boden entzogen. Es handelt sich um einen Gestaltungsmissbrauch i.S.v. § 42 AO. Ein Gestaltungsmissbrauch ist bekanntlich gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die gemessen an dem erstrebten Ziel unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nicht steuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist.

a) Entscheidend ist in derartigen Fällen, dass für die Einzahlungen andere wirtschaftliche Gründe außer der erstrebten Steuerersparnis nicht gegeben sind, dass insbesondere nicht die Stärkung des Betriebskapitals bezweckt wird. Anzeichen dafür sind, dass kein die Einlage erklärender betrieblicher Kapitalbedarf bestand und der Betrieb von dem vorübergehend eingelegten Geld keinen Gebrauch gemacht, sondern es unangetastet zurückgegeben hat.

b) Unangemessen sind die Einzahlungen vor allem deshalb, weil das Ziel, Steuern zu sparen auf dem Weg einer kurzfristigen Einlage über den Stichtag, um die Hinzurechnung von nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG zu vermeiden, nach dem objektiven Zweck des Gesetzes und dem Willen des Gesetzgebers nicht erreichbar sein soll.

c) Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Gesetzgeber § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG a.F. aufgehoben hat. Diese Regelung war kaum praktikabel und ist vom Gesetzgeber rückwirkend aufgehoben worden, weil sie mehr Nachteile als Vorteile aufwies und sich zur Missbrauchsbekämpfung als ungeeignet erwiesen hatte.

Die Aufhebung der Vorschrift ist aber nicht so zu verstehen, dass zukünftig die von ihr erfassten Vorgänge nicht mehr als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten beurteilt werden sollen. Andernfalls hätte der Gesetzgeber § 4 Abs. 4a EStG aufheben müssen, weil der Zweck der Vorsch...

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