Leitsatz

Ein deutscher Arbeitnehmer türkischer Abstammung, der im Inland beschäftigt ist und auch dort seinen Wohnsitz hat, kann für seine in der Türkei lebenden Kinder kein Kindergeld aufgrund des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit beanspruchen.

 

Normenkette

§ 63 Abs. 1 Satz 3 EStG, Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. e, Art. 4 Buchst. a, Art. 33 Abs. 1 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 SozSichAbk Türkei, § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Der türkischstämmige Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und Vater dreier minderjähriger Söhne. Er wohnt in Deutschland und ist hier als Arbeitnehmer beschäftigt. Die Kinder leben seit den Sommerferien 2007 mit ihrer Mutter in der Türkei. In Deutschland halten sie sich nur noch gelegentlich im Rahmen von Besuchen auf.

Als die Familienkasse vom Wegzug der Kinder und der Mutter erfuhr, hob sie die Kindergeldfestsetzung ab August 2007 auf und forderte das bereits gezahlte Kindergeld zurück.

Das FG Düsseldorf gab dem Kläger zu einem geringen Teil recht (FG Düsseldorf, Urteil vom 21.7.2010, 15 K 4251/09 Kg, AO, EFG 2011, 157, Haufe-Index 2370906), indem es ihm das sog. Abkommenskindergeld nach Art. 33 SozSichAbk Türkei zuerkannte.

 

Entscheidung

Die Revision war unbegründet. Da die Familienkasse keine Revision eingelegt hatte, blieb dem Kläger das rechtsfehlerhaft zugesprochene Abkommenskindergeld.

 

Hinweis

1. Kindergeld wird Anspruchstellern mit inländischem Wohnsitz nur gewährt, wenn das Kind seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU-Mitgliedstaat oder in einem EWR-Staat hat (oder in der Schweiz). Dazu gehört die Türkei nicht.

2. Die Rechtsprechung der FG zur Beibehaltung des inländischen Wohnsitzes ist in Kindergeldfällen erkennbar strenger als in ertragsteuerlichen Streitigkeiten. Der BFH nimmt dies unter Hinweis auf seine nach § 118 Abs. 2 FGO eingeschränkte Prüfungskompetenz regelmäßig hin.

3. Das deutlich niedrigere sog. Abkommenskindergeld nach dem SozSichAbk Türkei steht deutschen Staatsbürgern nicht zu. Dies ist verfassungs- und europarechtlich unbedenklich.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 27.9.2012 – III R 55/10

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