Tz. 74

Stand: EL 52 – ET: 02/2024

Öffentliche Infrastruktur wird in zunehmendem Umfang auch im Rahmen von Vereinbarungen über Dienstleistungskonzessionen bzw. sog. Public Private Partnerships (Service Concession Arrangements) finanziert. In solchen Vereinbarungen beauftragt die öffentliche Hand idR private Betreiber mit öffentlichen Aufgaben. Mit IPSAS 32 hat der IPSASB im Oktober 2011 einen Standard zur Abbildung solcher Vereinbarungen in den Jahresabschlüssen der öffentlichen Hand vorgelegt. Bei der Konzeption des Standards hat der IPSASB eine möglichst spiegelbildliche Behandlung von entsprechenden Sachverhalten im Vergleich zu IFRIC 12 "Service Concession Arrangements" beabsichtigt, der Leitlinien zur Abbildung von entsprechenden Vereinbarungen in den Jahresabschlüssen der Betreiber enthält. Für den Fall, dass eine entsprechende Vereinbarung zwischen zwei öffentlichen Einheiten geschlossen wird (public-to-public service concession arrangement), ist auch für öffentliche Betreiber IFRIC 12 relevant (vgl. IPSAS 32.BC6).

 

Tz. 75

Stand: EL 52 – ET: 02/2024

Die wesentliche Fragestellung in einer Dienstleistungskonzessionsvereinbarung ist zunächst, welche Partei den Vermögenswert zu aktivieren hat. In diesem Zusammenhang verwendet IFRIC 12 den Begriff "infrastructure", während IPSAS 32 den Begriff "service concession asset" verwendet; inhaltliche Unterschiede zwischen den Begriffen sind jedoch nicht beabsichtigt (vgl. IPSAS 32.BC9). Da sowohl IFRIC 12, wie auch IPSAS 32 zur Beantwortung dieser Frage auf das Kriterium der Kontrolle abstellen, ist diese Frage im Ergebnis nach beiden Regelungen identisch zu beantworten: Gemäß IPSAS 32.9 (bzw. IFRIC 12.5 analog) sind Vermögenswerte beim Konzessionsgeber zu aktivieren, wenn

  • der Konzessionsgeber kontrolliert oder bestimmt, welche Dienstleistungen der Betreiber mit dem Vermögenswert zu erbringen hat, an wen er sie zu erbringen hat und zu welchem Preis, und wenn
  • der Konzessionsgeber nach Ablauf der Vereinbarung aufgrund von Eigentumsansprüchen oder von anderen vergleichbaren Rechten alle verbleibenden wichtigen Interessen an den Vermögenswerten kontrolliert.

In Übereinstimmung mit IFRIC 12.6 muss gemäß IPSAS 32.10 bei Vermögenswerten, die während ihrer gesamten wirtschaftlichen Nutzungsdauer (whole of-life assets) einer entsprechenden Vereinbarung unterliegen, lediglich die erste Bedingung erfüllt sein.

 

Tz. 76

Stand: EL 52 – ET: 02/2024

Sofern die öffentliche Hand als Konzessionsgeber den Vermögenswert zu aktivieren hat, ist dieser im Rahmen der Zugangsbewertung zum Zeitwert anzusetzen (vgl. IPSAS 32.11). Sofern es sich jedoch nicht um einen neu geschaffenen Vermögenswert, sondern um einen bereits bestehenden Vermögenswert der öffentlichen Hand handelt, sind die Buchwerte gemäß IPSAS 17 oder IPSAS 31 fortzuführen (vgl. IPSAS 32.12). Der Ausweis erfolgt in einem eigenen Bilanzposten (vgl. IPSAS 32.13). Im Rahmen der Folgebewertung besteht entsprechend den Vorgaben in IPSAS 17 oder IPSAS 31 ein Wahlrecht zwischen der Bewertung zu fortgeführten Anschaffungs-/Herstellungskosten und der Anwendung der Neubewertungsmethode.

 

Tz. 77

Stand: EL 52 – ET: 02/2024

Neben der bilanziellen Erfassung des Vermögenswerts ist in gleicher Höhe auch ein Passivposten zu bilden (vgl. IPSAS 32.14). Sofern es sich jedoch nicht um einen neu geschaffenen Vermögenswert, sondern um einen bereits bestehenden Vermögenswert der öffentlichen Hand handelt, ist keine Verpflichtung zu passivieren. Für Zwecke der Folgebewertung der Verpflichtung ist zu unterscheiden, ob es sich dabei um ein passivisches Finanzinstrument (financial liability) oder um eine Leistungsverpflichtung (performance obligation) handelt. Auch diese Fallunterscheidung erfolgt spiegelbildlich zu jener Fallunterscheidung gemäß IFRIC 12.15, wonach ein Betreiber für zu erbringende Bau- oder Ausbauleistungen einen finanziellen Vermögenswert (financial asset) oder einen immateriellen Vermögenswert (intangible asset) ausweist. Der Ansatz eines passivischen Finanzinstruments, dessen Folgebewertung sich nach IPSAS 28–IPSAS 30 richtet, erfolgt dann, wenn der Betreiber einen unbedingten vertraglichen Anspruch auf einen Geldbetrag oder einen anderen finanziellen Vermögenswert hat (vgl. IPSAS 32.18). Der Ansatz einer Leistungsverpflichtung, deren Folgebewertung sich nach IPSAS 19 richtet, erfolgt dann, wenn der Betreiber eine Konzession erhält, von den Benutzern der öffentlichen Dienstleistung eine Gebühr verlangen zu können (vgl. IPSAS 32.24). In diesen Fällen hat der Konzessionsgeber die (Leistungs-)Verpflichtung dem Betreiber die Nutzung des Vermögenswerts zu ermöglichen.

 

Tz. 78

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Im Anhang sind gemäß IPSAS 32.32 entsprechende Angaben zu den jeweiligen Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen zu beschreiben, wobei wesentliche vertragliche Vereinbarungen mit potenziellen Auswirkungen auf zukünftige Cashflows oder Preise darzustellen sind. Zudem sind Art und Umfang der vereinbarten Nutzungsrechte, der vereinbarten oder erlaubten zus...

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