Tz. 100

Stand: EL 48 – ET: 10/2022

Mittelzuflüsse/-abflüsse im Zusammenhang mit Derivaten können sowohl der betrieblichen Tätigkeit als auch der Investitions- oder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sein. Wird ein solcher Kontrakt für Handelszwecke gehalten, sind die Mittelzuflüsse/-abflüsse der betrieblichen Tätigkeit zuzuordnen (IAS 7.14 (g)). Mittelzuflüsse aus/-abflüsse für standardisierte und andere Termingeschäfte, Options- und Swap-Geschäfte sind der Investitionstätigkeit zuzuordnen, es sei denn, diese Kontrakte werden zu Handelszwecken gehalten oder die Mittelzuflüsse/-abflüsse als Finanzierungstätigkeit klassifiziert (IAS 7.16 (g) und (h)).

 

Tz. 101

Stand: EL 48 – ET: 10/2022

Am Ende des Paragrafen IAS 7.16 wird noch hinzugefügt, dass die Mittelzuflüsse/-abflüsse eines Kontrakts auf dieselbe Art und Weise klassifiziert werden, wie die Mittelzuflüsse/-abflüsse des gesicherten Grundgeschäfts, wenn der Kontrakt als Sicherungsgeschäft, das sich auf ein identifizierbares Grundgeschäft bezieht, bilanziert wird. Als Beispiel kann ein Zinsswap genannt werden. Sofern ein Unternehmen ein festverzinsliches Darlehen in ein solches mit variabler Verzinsung wirtschaftlich umwandeln möchte, könnte es einen Zinsswap abschließen, durch den es den Festzins erhält und dafür den variablen Zins zahlt. Gemäß IAS 7.16 sind sämtliche Mittelzuflüsse/-abflüsse in Abhängigkeit davon, wie das Unternehmen sein Wahlrecht nach IAS 7.31 und 33 für gezahlte Zinsen ausgeübt hat, entweder der betrieblichen Tätigkeit oder der Finanzierungstätigkeit zuzuordnen.

 

Tz. 102

Stand: EL 48 – ET: 10/2022

Offen bleibt mit der Regelung des IAS 7.16 aber, welcher Tätigkeit Mittelzuflüsse/-abflüsse aus einem Derivat zuzuordnen sind, die das Management zwar als Sicherungsinstrument einsetzt und deshalb als Teil einer Sicherungsbeziehung betrachtet, für die das Management aber auf die Anwendung des Hedge Accounting verzichtet (und damit alle Änderungen ergebniswirksam erfasst) oder für die IFRS 9 Hedge Accounting nicht gestattet. Zur Veranschaulichung dient das folgende Beispiel (vgl. EY International GAAP 2022, Chapter 35.4.4.12):

 

Tz. 103

Stand: EL 48 – ET: 10/2022

Beispiel:

Die funktionale Währung von Unternehmen A ist der Euro. Am 1. Januar 2020 verkauft Unternehmen A Waren an einen Kunden in den USA für USD 1.000.000. Der Devisenkassakurs am 1. Januar 2020 ist ein USD für einen EUR und Unternehmen A erfasst dementsprechend am 1. Januar 2020 Umsatzerlöse in Höhe von EUR 1.000.000. Da der Kaufpreis erst am 30. Juni 2020 zur Zahlung fällig ist, schließt Unternehmen A am 1. Januar 2020 auch ein Termingeschäft über den Tausch von USD 1.000.000 gegen EUR 1.095.000 am 30. Juni 2020 ab. Unternehmen A designiert dieses Termingeschäft nicht als Sicherungsgeschäft, da sich die Effekte aus den Wertänderungen des Termingeschäfts und die Effekte aus der Folgebewertung der Forderung zum Stichtagskurs bereits in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgleichen. Aufgrund des Wechselkurses am 30. Juni 2020 erhält Unternehmen A von seinem Kunden den Gegenwert von EUR 1.200.000 und zahlt in Erfüllung des Termingeschäfts EUR 105.000.

 

Tz. 104

Stand: EL 48 – ET: 10/2022

Bei einer buchstabengetreuen Anwendung würde IAS 7 nahelegen, den Mittelzufluss vom Kunden in Höhe von EUR 1.200.000 der betrieblichen Tätigkeit zuzuordnen. Der Mittelabfluss in Höhe von EUR 105.000 aus dem Termingeschäft hingegen könnte der betrieblichen Tätigkeit nicht zugeordnet werden, da das Termingeschäft weder zu Handelszwecken gehalten noch als Sicherungsgeschäft bilanziert wird. In Betracht käme stattdessen eine Zuordnung der Zahlung aus dem Termingeschäft zur Investitions- oder möglicherweise auch zur Finanzierungstätigkeit. Hätte Unternehmen A sich jedoch für die Anwendung von Hedge Accounting entschieden, wäre diese Zahlung gemäß IAS 7.16 zwingend der betrieblichen Tätigkeit zuzuordnen.

 

Tz. 105

Stand: EL 48 – ET: 10/2022

Dieses Beispiel veranschaulicht deutlich die Unzulänglichkeit in der Regelung des IAS 7.16, die daraus resultiert, dass der Wortlaut des IAS 7.16 weder aktualisiert noch verfeinert wurde, als IAS 39 herausgegeben wurde. Diese Unzulänglichkeit wurde vom IASB bereits in IAS 39.IG.G.2 bestätigt und besteht auch nach dem Übergang auf IFRS 9 fort (IFRS 9.IG.G.2). Aus diesem Grunde wird vorliegend die Auffassung vertreten, dass die Zuordnungsregel des IAS 7.16 auch Anwendung finden soll, wenn ein Kontrakt zwar nicht als Sicherungsgeschäft bilanziert wird, für eine solche Bilanzierung aber die Voraussetzungen gegeben sind. Dementsprechend würde Unternehmen A die Zahlung der EUR 105.000 aus dem Termingeschäft der betrieblichen Tätigkeit zuordnen Beispiel (vgl. EY International GAAP 2022, Chapter 35.4.4.12).

 

Tz. 106

Stand: EL 48 – ET: 10/2022

Nach einer weiteren Auffassung soll es für die Anwendung der Regelung des IAS 7.16 sogar ausreichen, dass ein Derivat real zu Sicherungszwecken eingesetzt wird, ohne formal die Voraussetzungen für Hedge Accounting zu erfüllen (Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, in: Haufe ...

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