Tz. 11

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Das Ziel der Harmonisierung besteht darin, Unterschiede zwischen den nationalen Rechnungslegungsnormen zu überwinden, um so eine uneingeschränkte oder zumindest verbesserte internationale Vergleichbarkeit zwischen den Abschlüssen zu erreichen (vgl. Rost, 1991, S. 20). Während das Ziel der Harmonisierung eindeutig umschrieben ist, wird der Begriff der Harmonisierung unterschiedlich ausgelegt. Unterschiede treten in der sachlichen Bezugsbasis, der Abgrenzung der Standardisierung gegenüber der Angleichung bzw. dem Ähnlichkeitsbegriff und dem Zeitbezug zutage.

 

Tz. 12

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Die sachliche Bezugsbasis der Harmonisierung wird in den nachfolgend genannten Ausprägungen unterschieden: Harmonisierung bezieht sich entweder auf die Vereinheitlichung von Rechnungslegungsnormen oder auf die Vereinheitlichung des materiellen Aussagegehalts von Abschlüssen. Als Harmonisierung der Rechnungslegungsnormen wird bereits die Reduzierung von gegenläufigen nationalen Rechnungslegungsvorschriften bezeichnet (vgl. Rost, 1991, S. 20f.). Demgegenüber wird bei der Harmonisierung des materiellen Aussagegehalts – ausgehend von unterschiedlichen nationalen Regelungen – auf die verbesserte Vergleichbarkeit von Jahresabschlussinformationen durch zB möglichst einheitliche Ausübung formeller Ansatz- und Bewertungswahlrechte in den nationalen Rechnungslegungsvorschriften abgestellt.

 

Tz. 13

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Die unterschiedlichen Interpretationen des Harmonisierungsbegriffs führen zur Abgrenzung von Standardisierung und Angleichung der Rechnungslegungsnormen. Harmonisierung wird entweder eng iSd. Vereinheitlichung bzw. Standardisierung von Rechnungslegungsnormen oder weit iSd. Angleichung grundsätzlich unterschiedlicher Rechnungslegungssysteme bei Aufrechterhaltung einzelner Unterschiede verstanden (vgl. Rost, 1991, S. 22).

 

Tz. 14

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Voraussetzung für eine auf uniforme Rechnungslegung zielende Standardisierung ist die Vereinbarung und Festlegung international verbindlicher Normen. Demgegenüber stellt die weite Begriffsauslegung auf die – an übergeordneten Referenzmaßstäben ausgerichtete – Angleichung der Rechnungslegung ab. Nicht die Eliminierung sämtlicher Unterschiede zwischen den Rechnungslegungssystemen zweier Länder, sondern die Reduzierung widersprüchlicher Regelungen (zB Ansatzgebot versus Ansatzverbot von Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen) steht hier im Vordergrund. Zur Erhöhung der Aussagekraft dürfen abweichende, aber dennoch kompatible, dh. sich inhaltlich nicht ausschließende Regelungen nebeneinander fortbestehen. Harmonisierung und Standardisierung sind also nicht als Synonyme zu verwenden.

 

Tz. 15

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Ausgehend von der weiten Begriffsauslegung iSd. Angleichung sind die Bestimmung des Ähnlichkeitskriteriums und damit die Ausschlusstatbestände nicht kompatibler Regelungen sowie die Messbarkeit der Harmonisierung zu klären.

Neben den unterschiedlichen Interpretationen der Harmonisierung bestehen verschiedene Auffassungen hinsichtlich des der Harmonisierung zugrunde liegenden Zeitbezugs.

So kann Harmonisierung zeitraumbezogen "… als Prozeß der Verringerung von Unterschieden zwischen abweichenden Rechnungsregeln und/oder Praktiken zur Behandlung bestimmter Bilanzierungs- oder Bewertungsprobleme" (Krisement, 1994, S. 17) und ebenso zeitpunktbezogen als Zustand übereinstimmender Rechnungslegungsnormen in den betrachteten Ländern verstanden werden (vgl. Krisement, 1994, S. 19; Nair/Frank, IJA 1981, S. 62).

 

Tz. 16

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Ausgehend vom prozessorientierten Verständnis der Harmonisierung wird folgende Definition des weiten Harmonisierungsbegriffs verwandt: "Unter einer Harmonisierung der Rechnungslegung soll im Folgenden ein Vorgang verstanden werden, bei dem die Anzahl der Unterschiede in den Rechnungslegungspraktiken zwischen den Rechnungslegungssystemen zweier (oder mehrerer) Länder durch wechselseitige Aufgabe bzw. Übernahme von Rechnungslegungspraktiken reduziert wird …" (Rost, 1991, S. 21).

 

Tz. 17

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Für kapitalmarktorientierte Unternehmen haben sich IFRS mittlerweile als das weltweit anerkannte Regelwerk etabliert (vgl. Coenenberg/Haller/Schultze, 2018, S. 61; Pellens/Fülbier/Gassen/Sellhorn, 2017, S. 42). Wenngleich im Zusammenhang mit der strategischen Ausrichtung des IASB die enge Interpretation der Harmonisierung iSd. Standardisierung – insbesondere für kapitalmarktorientierte Unternehmen – zunehmend stärker in den Vordergrund gerückt ist, stellt sich die aktuelle Situation im Ganzen betrachtet immer noch als Harmonisierung im weiten Sinne dar. Dies kann zum Ersten mit der noch unvollständigen weltweiten Durchsetzung von International Financial Reporting Standards (IFRS) in den einzelnen Ländern, zum Zweiten mit den noch immer bestehenden – wenngleich zwischenzeitlich reduzierten – nationalen Wahlrechten und zum Dritten mit der – wertungsabhängig – zu restriktiven und in Einzelfällen deshalb...

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