Tz. 19

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Das elementarste "Werkzeug" des Analysten ist "sein Modell" zur Prognose der künftigen Erfolgskennziffern des Unternehmens (spreadsheet). Die Grundlage der Prognose bildet dabei die Aufbereitung der historischen Unternehmensabschlüsse. Das Ziel der Aufbereitung der historischen Unternehmensabschlüsse ist es, eine verlässliche Basis für die Prognose der tatsächlichen operativen und nachhaltigen (underlying) Unternehmensentwicklung zu geben.

Aufbauend auf dieser Basis und unter Verwendung der oben genannten Informationsquellen entwickelt der Analyst sein Modell. So schätzt er unter Zuhilfenahme der Branchendaten, der Unternehmensentwicklung sowie des Investitionsplans die Entwicklung des Umsatzwachstums ein, bildet sich ua. eine Meinung zur sog. Pricing Power und zur Entwicklung der maßgeblichen Aufwandspositionen des Unternehmens sowie zur Entwicklung von Finanzierungskosten und Steuern. Besonderes Augenmerk gilt der Unterscheidung in einmalige und wiederkehrende Positionen sowie in zahlungswirksame und nicht zahlungswirksame Positionen.

Schließlich ist die Einschätzung des Kapitalbedarfs (capex) sowie der Entwicklung des Betriebskapitals (net working capital) absolut erforderlich, um den vom Unternehmen generierten Free Cashflow zu schätzen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu unterscheiden, ob es sich um Investitionen handelt, die die Ertragskraft des Unternehmens erhalten (maintenance capex), oder ob es sich um echte Wachstumsinvestitionen (growth capex) handelt.

 

Tz. 20

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Aufbauend auf dem oben beschriebenen Modell entwickelt der Analyst eine integrierte Planung der Bilanz, der GuV sowie des Cashflow Statements des Unternehmens. Ziel der Tätigkeit des Analysten ist es, ein Parallelmodell zu der ihm weitgehend unbekannten Unternehmensplanung zu entwerfen (vgl. Ernst, 2015, S. 223ff.). Bei der Modellierung ergibt sich für den Analysten oftmals ein Trade-off zwischen einer detailgenauen Prognose einzelner Positionen des Rechnungslegungskreises und der tatsächlichen Prognosegüte/Handhabbarkeit des Modells. Im Sinne einer Komplexitätsreduktion identifiziert der Analyst wenige entscheidende und prognostizierbare "Werttreiber", die sich je nach Unternehmen und Branche stark unterscheiden können.

 

Tz. 21

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Nahezu jede Unternehmung lässt sich durch drei bis fünf Kernwerttreiber maßgeblich definieren. Die Prognose dieser Parameter verwendet der Analyst, um ein Unternehmensmodell aufzusetzen. Eine solche "intelligente" Komplexitätsreduktion erlaubt ihm eine schnelle Reaktion auf signifikante Veränderungen des Unternehmensumfelds. Denn die Fähigkeit zu einer raschen und qualitativ richtigen Beurteilung wird an einem immer effizienter werdenden Kapitalmarkt oftmals höher "belohnt" als eine detaillierte "ex-post"-Analyse. Dies hat ebenfalls Auswirkungen auf die Unternehmenskommunikation. Es gilt, dem Kapitalmarkt die wesentlichen Werttreiber zu erklären und Abweichungen dieser Werttreiber zu erläutern.

 

Tz. 22

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Das Ziel der Analysetätigkeit ist die Ableitung

1) eines fairen Unternehmenswertes,
2) eines Betriebsvergleiches und
3) einer Handlungsempfehlung für den Investor.
 

Tz. 23

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Basis zur Ermittlung des fairen Werts des Unternehmens bildet vor allem das DCF-Verfahren, das auf dem geschätzten freien Cashflow des Unternehmens fußt. Bei den gebräuchlichen DCF-Verfahren unterscheidet man zwischen der Equity- und der Entity-Methode.

In der Analysepraxis ist es üblich, anhand von gebräuchlichen Multiplikatoren (EV/EBIT, EV/EBITDA, EV/EBITDAR, KGV, KCF etc.) eine sog. Peer-Group-Analyse (Betriebsvergleich) durchzuführen, um die relative Bewertung des Unternehmens zu seinen Mitbewerbern darzustellen. Zu einer besseren Vergleichbarkeit werden die unternehmensspezifischen Kenngrößen hier einer Bereinigung durch den Analysten unterworfen und zu ihren Wachstumsraten oder ihren spezifischen Risikofaktoren in Beziehung gesetzt.

Während die Bestimmung des Unternehmenswertes über ein DCF-Verfahren die theoretisch beste Lösung in absoluter Betrachtung darstellt, gibt gerade der Peer-Group-Vergleich Aufschluss über die relative Vorteilhaftigkeit einer Investitionsempfehlung und ist in seiner Bedeutung für die Bewertung eines Unternehmens durch den Kapitalmarkt nicht zu unterschätzen.

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