1. Konzeption

 

Tz. 82

Stand: EL 28 – ET: 03/2016

Aufgrund der hohen Komplexität des IAS 39 hat der IASB im IFRS für KMU versucht, vereinfachte Regelungen für die bilanzielle Behandlung von Finanzinstrumenten zu entwickeln. Die Abschnitte 11 und 12 wurden im Vergleich zu den Vorschriften des IAS 39 sowohl sprachlich als auch inhaltlich vollständig neu gefasst und wesentlich vereinfacht. Zusätzlich gewährt der IASB über die Regelung des IFRS für KMU 11.2 (b) die Möglichkeit, die Ansatz- und Bewertungsvorschriften des IAS 39 anzuwenden. Wird von diesem Wahlrecht Gebrauch gemacht, sind die Angabevorschriften des IFRS 7 ausdrücklich von dem Verweis auf die herkömmlichen IFRS ausgenommen. Für die Anhangangaben sind in diesem Fall die Vorschriften der Abschnitte 11 und 12 maßgeblich. Der IASB hat diesen einzigen Verweis auf die herkömmlichen IFRS beibehalten, da die vereinfachten Vorschriften der Abschnitte 11 und 12 Wahlrechte aussparen, die kapitalmarktorientierten Unternehmen durch den IAS 39 zur Verfügung stehen. Dies sind beispielsweise die Fair Value Option, eine Klassifizierung der finanziellen Vermögenswerte als "zur Veräußerung verfügbar" oder eine Klassifizierung als "bis zur Endfälligkeit gehalten" sowie die damit zusammenhängenden Bewertungsvorschriften. Der IASB hat sich daher dazu entschieden, den IAS 39 auch für KMU zu öffnen. Die Vorschriften des IAS 39 sind auch nach Ablösung durch IFRS 9 in ihrer letztmaligen Fassung für KMU anzuwenden. Diese sollen den Anwendern auf der Webseite des IASB auch nach Ablösung des IAS 39 zur Verfügung gestellt werden.

 

Tz. 83

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Der IFRS für KMU unterteilt die Regelungen zu Finanzinstrumenten in zwei Abschnitte: Abschnitt 11 umfasst die sog. basic financial instruments, Abschnitt 12 alle sonstigen Finanzinstrumente und weitergehende Fragestellungen. Dabei findet Abschnitt 11 auf alle Unternehmen Anwendung, die den IFRS für KMU nutzen; Abschnitt 12 betrifft lediglich größere und komplexere Unternehmen. Sofern ein Unternehmen ausschließlich einfache Finanzinstrumente im Sinne von basic financial instruments hält (vgl. Tz. 87), ist Abschnitt 12 irrelevant. Die Regelungen sind so ausgestaltet, dass die Finanzinstrumente, die typischer Weise von KMU gehalten werden, zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden können (vgl. Beiersdorf/Eierle/Haller, DB 2009, S. 1555). Hiervon ausgenommen sind Eigenkapitalinstrumente, die öffentlich gehandelt werden (vgl. Tz. 91). Bei erstmaliger Anwendung des Standards ist jedoch anhand der Regelungen des Abschnittes 12 zu prüfen, ob tatsächlich keine sonstigen Finanzinstrumente vorliegen.

 

Tz. 84

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Im Gegensatz zu IAS 39, der sechs mögliche Bewertungskategorien vorsieht, stehen den Unternehmen im IFRS für KMU lediglich zwei Bewertungskategorien zur Verfügung:

  • erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert,
  • (fortgeführte) Anschaffungskosten.
 

Tz. 85

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Gem. IFRS für KMU 11.12 und 12.6 sind Finanzinstrumente dann anzusetzen, wenn das Unternehmen Vertragspartei des Finanzinstruments geworden ist. Das bedeutet, dass Finanzinstrumente zum Handelstag anzusetzen sind. Das Wahlrecht der Bilanzierung zum Erfüllungstag, das in IAS 39 gewährt wird, steht KMU nicht zur Verfügung.

2. Basic financial instruments (Abschnitt 11)

a. Definitionen

 

Tz. 86

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In Übereinstimmung mit IAS 32 definiert IFRS für KMU 11.3 ein Finanzinstrument als einen Vertrag, der gleichzeitig bei einem Unternehmen zu einem finanziellen Vermögenswert und bei einem anderen Unternehmen zu einer finanziellen Verbindlichkeit oder einem Eigenkapitalinstrument führt.

 

Tz. 87

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Basic financial instruments sind liquide Mittel, einfache Schuldtitel, wie beispielsweise Forderungen und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen und Darlehen, Kreditzusagen sowie Investitionen in nicht-wandelbare Vorzugsaktien (non-convertible preference shares) und nicht-kündbare Stamm- bzw. Vorzugsaktien (non-puttable ordinary and preference shares) (vgl. IFRS für KMU 11.5).

Ein Schuldinstrument gilt dann als basic financial instrument, wenn es alle folgenden Voraussetzungen erfüllt:

  • Der Inhaber des Instruments erhält nicht durch Fremdkapital finanzierte Rückflüsse, die einfach ermittelt werden können (IFRS für KMU (2015) 11.9 (a)).
  • Es besteht keine vertragliche Vereinbarung, die dazu führen kann, dass der Inhaber des Instruments die investierte Kapitalsumme oder Zinsen in Bezug auf die laufende oder vergangene Periode verliert (IFRS für KMU (2015) 11.9 (b)).
  • Vertragliche Vereinbarungen, die eine frühzeitige Rückzahlung erlauben oder erfordern, dürfen nicht von zukünftigen Ereignissen abhängig sein, es sei denn, diese dienen dazu den Inhaber (holder) des Instruments gegen Veränderungen von Kreditrisiken des Emittenten (issuer) abzusichern oder den Inhaber bzw. den Emittenten vor Änderungen von Steuervorschriften oder anderen Gesetzen zu schützen (IFRS für KMU (2015) 11.9 (c)).
  • Es bestehen keine bedingten Rückzahlungsklauseln, die über die zuvor dargestellten Regelungen hin...

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