1. Vorbemerkung

 

Tz. 147

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Der Ansatz von Vermögenswerten (assets) und Schulden (liabilities) in der Bilanz erfordert die Auswahl eines Bewertungsmaßstabes. Der IASB sieht die Verwendung eines einzigen Bewertungsmaßstabes (single measurement approach) nicht als geeignet an, um in jedem Einzelfall die relevantesten Informationen bereitzustellen (CF.BC6.5–6.11). In den Einzelstandards finden somit unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe Anwendung. Während die Bewertungsmaßstäbe im bisherigen Conceptual Framework (2010) lediglich ohne Hierarchisierung und ohne eine wesentliche Konkretisierung aufgelistet wurden, unterscheidet der IASB im aktuellen Conceptual Framework (2018) zwischen zwei grundlegendenden Kategorien von Bewertungsmaßstäben (CF.6.4–6.21):

  • historische Kosten (historical cost); und
  • aktuelle Werte (current value).

Die aktuellen Werte umfassen drei Unterkategorien: den beizulegenden Zeitwert (fair value), den Nutzungswert für Vermögenswerte (value in use) bzw. den Erfüllungsbetrag für Schulden (fulfilment value) und die Wiederbeschaffungskosten (current cost). Die Bewertungsmaßstäbe deprival value (für Vermögenswerte) bzw. relief value (für Schulden) und cost of release werden nicht als eigenständige Unterkategorien identifiziert, da der IASB die praktische Bedeutung dieser Wertmaßstäbe als gering einschätzt. Ebenso bildet der net realisable value, der in IAS 2.28für die Folgebewertung von Vorräten herangezogen wird, keine eigenständige Unterkategorie mehr, da er aus anderen Bewertungsmaßstäben ableitbar ist (CF.BC6.29).

 

Tz. 148

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Das Conceptual Framework gibt ein breites Spektrum an möglichen Bewertungsmaßstäben vor ohne eine klare Präferenz für einen Bewertungsmaßstab zu äußern. Vielmehr stehen die Bewertungsmaßstäbe nach Auffassung des IASB gleichberechtigt nebeneinander. Die Anwendung ist abhängig vom jeweiligen Einzelfall (CF.BC6.1). Das früher im Schrifttum diskutierte full fair value accounting verwirft der IASB durch den im Conceptual Framework gewählten mixed measurement approach (vgl. Böcking/Dreisbach/Gros, DK 2008, S. 208; glA Erb/Pelger, IRZ 2018, S. 330).

 

Tz. 148a

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Das Conceptual Framework liefert ausführliche Erläuterungen zu den Definitionen und Charakteristika der einzelnen Bewertungsmaßstäbe (CF.6.4–6.22) sowie bezüglich der durch die Bewertungsmaßstäbe bereitgestellten Informationen (CF.6.23–6.40). Zudem werden erstmals auch Faktoren erörtert, die bei der Auswahl eines Bewertungsmaßstabs zu berücksichtigen sind (CF.6.43–6.72). Auf eine unmittelbare Zuordnung von Bewertungsmaßstäben zu Vermögenswerten (assets) und Schulden (liabilities) wird verzichtet. Das Conceptual Framework weist somit nach wie vor kein geschlossenes Bewertungskonzept auf.

 

Tz. 149

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Die Bewertungsvorschriften in den einzelnen IFRS konkretisieren die Anwendung der Bewertungsmaßstäbe für die einzelnen Bilanzposten, definieren die Wertmaßstäbe um oder führen neue Wertmaßstäbe ein. Die Wertmaßstäbe stehen dabei teilweise in einem komplementären Verhältnis (bei Bewertungswahlrechten) und teilweise in einem konkurrierenden Verhältnis (bei Vornahme eines Niederstwerttests) zueinander.

2. Bewertungsmaßstäbe des Conceptual Framework

a. Historische Kosten

 

Tz. 150

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Die Kategorie der historischen Kosten (historical cost) basiert auf Kosten, welche im Anschaffungs- oder Herstellungszeitpunkt entstanden sind. Im Gegensatz zu aktuellen Werten bilden die historischen Kosten keine Wertschwankungen ab. Dennoch sind sie im Zeitverlauf zu aktualisieren, um zB den ökonomischen Werteverzehr und etwaige Wertminderungen von Vermögenswerten (asset) oder die vertragsgemäße Erfüllung von Schulden (liabilities) abzubilden (CF.6.7f.).

 

Tz. 151

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Bei Vermögenswerten (assets) stellen die historischen Kosten (historical cost) den Betrag dar, der beim Erwerb oder bei der Herstellung des Vermögenswertes zuzüglich etwaiger Transaktionskosten anfällt (CF.6.5).

 

Tz. 152

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Bei Schulden (liabilities) ergeben sich die historischen Kosten (historical cost) aus dem Betrag, den der Bilanzierende im Austausch für die Schuld abzüglich der Transaktionskosten erhält (CF.6.5).

 

Tz. 153

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Auf historischen Kosten basierende Bewertungsmaßstäbe vermitteln den Abschlussadressaten Informationen über Jahresabschlussposten, die sich zumindest zum Teil aus im Anschaffungs- oder Herstellungszeitpunkt entstandenen Kosten ableiten (CF.6.4). Diese Informationen können für die Abschlussadressaten aufgrund ihres bestätigenden Wertes relevant sein. Trotz ihrer Vergangenheitsorientierung können die Informationen aber auch einen vorhersagenden Wert haben. Ein Unternehmen, das einen Vermögenswert zu Marktbedingungen kauft, erwartet üblicherweise, dass der ökonomische Nutzenzufluss aus dem Vermögenswert zumindest den hierfür angefallenen Kosten entspricht. Gleichermaßen erwartet ein Unternehmen, das eine Schuld zu Marktbedingungen aufnimmt, für gewöhnlich, dass der bei Erfüllung der Schuld abf...

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