Tz. 3

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

IFRS 15 ist für die Erlöserfassung aus Kundenverträgen anzuwenden (IFRS 15.5). Der Anwendungsbereich erstreckt sich hierbei auf gegenseitige Verträge, bei denen sich die gegnerische Vertragspartei als Kunde qualifiziert, mithin einen Vertrag mit dem Unternehmen über den Erhalt von Waren oder Dienstleistungen aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit ("ordinary activities") gegen Gegenleistung abschließt (IFRS 15.6). Die Identifizierung eines Kunden ist in den meisten Geschäftsvorfällen, wie bspw. bei dem Verkauf eines Produktes, problemlos möglich (vgl. PwC, Revenue from Contracts with Customers, 2014, S. 2-4; EY, A closer look at the new revenue recognition standard, 2015, S. 18).

 

Tz. 4

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

Die Voraussetzung eines Kundenvertrags kann jedoch dazu führen, dass Geschäfte, bei denen mehrere Parteien beteiligt sind, nicht in den Anwendungsbereich des IFRS 15 fallen (vgl. EY, A closer look at the new revenue recognition standard, 2015, S. 18). Sofern die Vertragsparteien festlegen, die aus der vereinbarten Aktivität oder dem vereinbarten Prozess resultierenden Chancen und Risiken zu tragen und nicht nur das Ergebnis aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens zu erhalten, ist der Geschäftspartner nicht als Kunde einzustufen, der Standard folglich nicht anzuwenden (IFRS 15.6). Insbesondere Kooperationsverträge, die auf individuellen Geschäftsbedingungen beruhen, sind daher im Einzelfall vom Unternehmen hinsichtlich ihrer Zweckbestimmung zu beurteilen (IFRS 15.BC54). So sind bspw. gemeinschaftliche Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten zwischen Biotechnologie- und Pharmaunternehmen oder vergleichbare Vereinbarungen in der Raumfahrt- und Rüstungsindustrie (IFRS 15.BC54(a)) oftmals auf die Teilung von Chancen und Risiken ausgerichtet, die Vertragspartei folglich nicht als Kunde, sondern als Kooperationspartner einzustufen (vgl. Grote et al., Die neuen Vorschriften zur Umsatz- und Gewinnrealisierung (Teil 1), KoR 2014, S. 407). Auch bei Verträgen zwischen Unternehmen aus der Öl- und Gasindustrie, die zum Ausgleich etwaiger Differenzen ihrer Produktionsmengen gegenseitige Zahlungen vereinbaren (IFRS 15.BC54(b)), sowie im Fall gemeinnütziger Vereinbarungen, bei denen ein Unternehmen Forschungszuschüsse erhält, der Geldgeber jedoch über die Verwendung des Forschungsergebnisses bestimmen kann (IFRS 15.BC54(c)), bedarf es im Hinblick auf die Identifizierung einer Lieferanten-Kunden-Beziehung der Einschätzung des Unternehmens. Die Einstufung der Vertragspartei eröffnet im Einzelfall daher Ermessens- und Gestaltungsspielräume (vgl. EY, A closer look at the new revenue recognition standard, 2015, S. 20; PwC, Revenue from Contracts with Customers, 2014, S. 2-6; Grote et al., Die neuen Vorschriften zur Umsatz- und Gewinnrealisierung (Teil 1), KoR 2014, S. 407).

 

Tz. 5

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Einige Regelungen des IFRS 15 sind abweichend von dem Erfordernis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit auch für die Erfassung und Bewertung nicht finanzieller Vermögenswerte anzuwenden, die nicht im Rahmen der gewöhnlichen Tätigkeit anfallen (IFRS 15.BC57). Im Gegensatz zu den Regelungen des IAS 18 erfolgt die Ausbuchung der Vermögenswerte sowie die Erfassung des dabei entstehenden sonstigen Ertrags ("gains") bei dem Verkauf von Sachanlagevermögen, immateriellen Vermögenswerten und als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien (IFRS 15.BC500) nach dem Kontroll-Kriterium bzw. den Bewertungskriterien des IFRS 15 (IFRS 15.BC494). Obwohl diese Geschäftsvorfälle außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit eines Unternehmens liegen, soll die Bilanzierung auf Grundlage von IFRS 15 entscheidungsnützliche Informationen liefern (IFRS 15.BC501(a)).

 

Tz. 6

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Aufgrund der fehlenden Voraussetzung eines gegenseitigen Kundenvertrags findet IFRS 15 für Dividendenerträge, Erlöse aus einseitigen Geschäften, wie bspw. erhaltene Spenden, und Wertänderungen von landwirtschaftlichen Vermögenswerten, Anlageimmobilien sowie Vorräten von Warenmaklern keine Anwendung (IFRS 15.BC28). Erträge aus diesen Geschäftsvorfällen sind entsprechend dem jeweils einschlägigen Standard zu erfassen (IFRS 15.BC28). Die zuvor in IAS 18 verankerten Regelungen zur Erfassung von Dividendenerlösen wurden dabei unverändert in IFRS 9 bzw. IAS 39 übernommen (IFRS 15.BC28(a); IFRS 9.5.7.1A; IAS 39.55A). Auch Zinserträge fallen nicht in den Anwendungsbereich des IFRS 15; diese werden nunmehr ebenfalls nach den Regelungen des IFRS 9 bzw. IAS 39 gemäß der Effektivzinsmethode erfasst (vgl. EY, The new revenue standard affects more than just revenue, 2015, S. 5; IFRS 9.5.4.1 f.; IAS 39.AG6).

 

Tz. 7

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

Die im Rahmen des Standardsetzungsprozesses zunächst geplanten Regelungen zur Erfassung (einzelner) belastender Leistungsverpflichtungen ("onerous performance obligations") wurden aufgrund der Komplexität einer einhergehenden Prüfung sowie der fehlenden Entscheidungsnützlichkeit im Fall eines zu e...

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