Tz. 1

Stand: EL 46 – ET: 03/2022

Der hohe Investitionsbedarf für Infrastrukturprojekte (wie bspw. der Bau von Straßen, Tunneln, Gefängnissen, Krankenhäusern, Flughäfen, Wasserversorgung, Kläranlagen sowie Telekommunikationsnetzen oder Müllentsorgung – vgl. IFRIC 12.1) stellt aufgrund der angespannten Haushaltslage der meisten Gebietskörperschaften die öffentliche Hand seit Jahren vor eine Herausforderung. Eine mögliche Alternative zur Finanzierung dieser Infrastrukturprojekte durch die öffentlichen Haushalte bieten Kooperationsmodelle mit privaten Unternehmen, sog. public private partnerships (PPP, öffentlich-private Partnerschaften) (vgl. BDI, 2007, S. 14ff.; Steinbeis Research Center for Financial Services, 2015, S. 4f.). Unter dem Begriff PPP lässt sich dabei eine Vielzahl unterschiedlicher Vereinbarungen zusammenfassen, zu denen auch die sog. Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen (service concession arrangements) gehören (vgl. PwC, 2021, Tz. 34.4).

 

Tz. 2

Stand: EL 46 – ET: 03/2022

Der Begriff der Dienstleistungskonzessionsvereinbarung ist nicht legal definiert und im deutschen Sprachraum bislang kaum gebräuchlich. Das IFRIC verwendet diesen Terminus für Vereinbarungen, auf Basis derer der Öffentlichkeit mithilfe von privatem Kapital Zugang zu wichtigen wirtschaftlichen oder sozialen Einrichtungen gewährt wird (vgl. IFRIC 12.2). Zunächst wurden Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen mit der Idee abgeschlossen, einen Teil der Verantwortung für die Finanzierung und die Errichtung von Infrastruktureinrichtungen, die bislang allein beim öffentlichen Sektor lag, an private Unternehmen abzutreten und anschließend die mit dem Betrieb der Infrastruktur einhergehenden Dienstleistungen von dem privaten Unternehmen entgeltlich durchführen zu lassen. Mit der Zeit hat sich die Art der Dienstleistungen, die Gegenstand solcher Vereinbarungen sind, verändert. So ist die Errichtung wichtiger Infrastruktureinrichtungen nicht mehr zwangsläufig Bestandteil solcher Vereinbarungen: Private Unternehmen werden teilweise auch beauftragt, eine bereits bestehende Infrastruktur über einen vertraglich festgelegten Zeitraum zu betreiben und zu erhalten (ggf. auch zu verbessern), sodass sie einem vereinbarten Standard entspricht (zB bei Projekten im Bereich der Sanierung von Sozialwohnungen). Ähnliche Vereinbarungen werden auch zwischen privaten Unternehmen abgeschlossen, sodass die Abgrenzung zwischen Vereinbarungen über Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen und "klassischen" Outsourcing-Vereinbarungen teilweise schwierig sein kann (vgl. Ernst & Young, 2021, Chapter 25, Section 2.2.1).

IFRIC 12 behandelt die Bilanzierung von Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen aus Sicht des Betreibers, dh. des privaten Unternehmens (im Gegensatz zur öffentlichen Hand) und nimmt dabei auf eine Vielzahl unterschiedlicher IFRS Bezug, wie ua. IAS 16 Sachanlagen, IFRS 15 Erlöse aus Verträgen mit Kunden, IFRS 16 Leasingverhältnisse, IAS 20 Bilanzierung und Darstellung von Zuwendungen der öffentlichen Hand, IAS 23 Fremdkapitalkosten, IAS 32 Finanzinstrumente: Darstellung, IAS 37 Rückstellungen, Eventualschulden und Eventualforderungen, IAS 38 Immaterielle Vermögenswerte und IFRS 9 Finanzinstrumente. Die Vielzahl der Standards, die bei der Bilanzierung dieser Vereinbarungen berücksichtigt werden müssen, verdeutlicht die Komplexität der Bilanzierung.

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