Tz. 271

Stand: EL 52 – ET: 02/2024

Vor allem in der Kreditwirtschaft regte sich deutlicher Widerstand gegen die restriktiven Regelungen hinsichtlich der Sicherungsbilanzierung. Viele Institute, die ihre Risiken intern auf Nettobasis steuern, monierten, dass sie diese Art der Risikosteuerung nicht sachgerecht abbilden könnten und gezwungen seien, für bilanzielle Zwecke eine aufwändige Zusatzdokumentation zu pflegen (vgl. Kümpel/Pollmann 2010, S. 231; s. in diesem Zusammenhang auch die Umsetzungsleitlinien in IAS 39.IG.F.6.1 bis 3). Gemeinsam mit dem Europäischen Bankenverband suchte der IASB nach einer Lösung, die den Bedenken der Banken Rechnung trägt, ohne fundamentale Grundsätze der Sicherungsbilanzierung über Bord zu werfen. Der Board machte dabei zur Bedingung, dass insbesondere die folgenden Grundpfeiler nicht zur Disposition stünden (vgl. IAS 39.BC177):

  • Derivate müssten in jedem Fall zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden,
  • jegliche Ineffektivität aus der Sicherungsbeziehung sei im Periodenergebnis zu zeigen und
  • nur Posten, die die Ansatzkriterien von Vermögenswerten und Schulden erfüllten, dürften in der Bilanz angesetzt werden. Abgrenzungsposten erfüllten diese Eigenschaft nicht.

Im März 2004 wurde die ursprüngliche Fassung von IAS 39 dahingehend erweitert, dass nunmehr bei der Absicherung von Festzinsrisiken auch eine Portfoliobetrachtung zulässig sein sollte. Wie sich bald herausstellte, war diese Regelung, die als Erleichterung gedacht war, aber weiterhin derart weit weg von der betrieblichen Nettosteuerung, dass sie in der Praxis von kaum einem Unternehmen angewendet wird.

 

Tz. 272

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Die Einführung eines Portfolio Hedge Accountings stellte den IASB vor neue Herausforderungen; insbesondere die Frage, wie die bei einer Zeitwertabsicherung erforderlichen Buchwertanpassungen erfasst und im Falle eines Abbruchs der Sicherungsbilanzierung über die Restlaufzeit amortisiert werden sollten, bedurfte einer Lösung. Zunächst hatte der IASB eine Anpassung aller in einem abzusichernden Portefeuille enthaltenen Einzelgeschäfte in die Diskussion eingebracht. Dieser Vorschlag wurde aber alsbald verworfen, weil die an der Ausarbeitung der Vorschläge beteiligten Banken einwandten, dass sie im Zuge der Zusammenführung der Geschäfte zu einem Portfolio eine Verdichtung zu einem Nettozahlungsstrom vornähmen, der sich im Nachhinein nicht wieder in eine Brutto­darstellung überführen ließe. Der IASB verständigte sich schließlich darauf, für das Portfolio Hedge Accounting eigenständige Ausweisposten (separate line items) einzuführen, in der die Wertveränderungen erfasst werden (vgl. IAS 39.89A). Hinsichtlich der Frage der Auflösung wollte der Board ursprünglich eine Amortisation vorschreiben, die sich korrespondierend zu den Einzelgeschäften des Portfolios verhält; allerdings ließ er sich davon überzeugen, dass sich dies nur unter erheblichem finanziellen Aufwand bewerkstelligen lasse und stimmte daher einer linearen Auflösung über die Restlaufzeit zu (vgl. IAS 39.AG128 und BC212).

 

Tz. 273

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Im eigentlichen Standardtext finden sich nur zwei Textziffern, die der Bilanzierung von Zinssicherungen bei Portfolien gewidmet ist (vgl. IAS 39.81A und 89A). Flankiert werden die dort niedergelegten Grundsätze jedoch durch ein ausführliches Beispiel (vgl. IAS 39.IE1ff.) sowie eine Fülle an Anwendungsleitlinien (vgl. IAS 39.AG114ff.). Es sind va. diese konkretisierenden Regelungen, die sich in der Praxis häufig als Hemmnis erweisen. Dass es sich um eine Sonderregelung handelt, stellt der Board gleich im einleitenden Satz von IAS 39.81A fest: "In a fair value hedge of the interest rate exposure of a portfolio of financial assets or financial liabilities (and only in such a hedge), […]". Das bedeutet, dass die zusätzlichen Vorschriften zum Portfolio Hedge Accounting ausschließlich bei der Absicherung von Festzinsrisiken anwendbar sind; sie gelten weder für die Absicherung variabler Zinsrisiken noch für andere Festpreisrisiken!

 

Tz. 274

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Abweichend von den allgemeinen Regelungen lässt der IASB zu, dass das Grundgeschäft ein Währungsbetrag sein darf und nicht ein konkreter einzelner Vermögenswert resp. eine einzelne Verbindlichkeit benannt werden muss. Aufrecht erhält er dagegen die Bestimmung, wonach die Designation einer Nettoposition unzulässig ist, auch wenn eine solche im betrieblichen Risikomanagement bestimmt und gesteuert werde: Das Grundgeschäft muss entweder als Währungsbetrag aus Vermögenswerten oder als Währungsbetrag aus Verbindlichkeiten ausgestaltet sein (vgl. IAS 39.81A iVm. AG101).

 

Tz. 275

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Die Vorgehensweise bei der Absicherung von Festzinsrisiken eines Portfolios finanzieller Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten für bilanzielle Zwecke ergibt sich als mehrstufiger Prozess (vgl. IAS 39.AG114) (vgl. Abb. 3):

Abb. 3: Vorgehensweise beim Portfolio Hedge Accounting von Festzinsrisiken (Quelle: Barckow/Glaum, 2004, S. 194)

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