Tz. 110

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

Die Bewertung mit dem Neubewertungsbetrag ist auf den Fall beschränkt, dass der beizulegende Zeitwert des zu bewertenden immateriellen Vermögenswertes an einem aktiven Markt bestimmbar ist (IAS 38.72 iVm. IAS 38.75). Damit ist die Anwendbarkeit des Neubewertungsmodells an die Voraussetzung geknüpft, dass der Neubewertungsbetrag mit Hilfe eines aktiven Marktes objektiv ermittelt werden kann. Im Vergleich zu den Bewertungsvorschriften für Sachanlagen, für die gem. IAS 16.29 uneingeschränkt die Bewertung mit dem Neubewertungsbetrag erlaubt ist (vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 16, Tz. 30–39), sind die Bewertungsvorschriften für immaterielle Vermögenswerte mithin wesentlich restriktiver (vgl. Wagenhofer, 2009, S. 225, Theile, in: Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, 6. Aufl., Kap. 13, Tz. 13.100).

 

Tz. 111

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

Mit dem Erlass des IFRS 13 wurde die bis dahin in IAS 38.8 bestimmte Definition eines aktiven Marktes in IAS 38 gestrichen, sodass nunmehr die im Anhang A zu IFRS 13 angelegte Definition zur Anwendung kommt (vgl. IFRS-Komm., Teil B, IFRS 13, Tz. 190). Danach wird ein aktiver Markt als ein Markt definiert, auf dem Geschäftsvorfälle mit dem Vermögenswert (oder der Schuld) mit ausreichender Häufigkeit und ausreichendem Volumen auftreten, sodass fortwährend Preisinformationen zur Verfügung stehen (ausführlich zur Definition eines aktiven Marktes vgl. IFRS-Komm., Teil B, IFRS 13, Tz. 73–80; Wieland-Blöse/André, in: Internationales Bilanzrecht, IFRS 13, Tz. 285–288).

Bis zum Erlass von IFRS 13 war ein aktiver Markt gem. dem IAS 38.8. aF gegeben, wenn

  • die immateriellen Vermögenswerte auf diesem Markt homogen sind,
  • jederzeit eine ausreichende Zahl an Käufern und Verkäufern existiert und
  • der Preis öffentlich zugänglich ist. Hierfür ist es ausreichend, dass der Marktpreis in einer gängigen Zeitung, zB einer Börsenzeitung, veröffentlicht wird.

Wenngleich der Wortlaut der Definitionen für einen aktiven Markt in IFRS 13.A und IAS 38.8 aF voneinander abweicht, hat der IASB mit der Änderung des Wortlautes keine materielle Änderung beabsichtigt (IFRS 13.BC169; zudem vgl. IFRS-Komm., Teil B, IFRS 13, Tz. 190). So muss bspw. das Kriterium der Homogenität – obgleich es in IFRS 13 nicht explizit genannt wird – weiterhin zumindest implizit erfüllt sein, da anderenfalls die für einen aktiven Markt erforderlichen Transaktionsvolumina und -häufigkeiten unwahrscheinlich sind (vgl. Küting/Cassel, BFuP 2012, S. 299). Mit Blick darauf, dass immaterielle Vermögenswerte regelmäßig nicht homogen, sondern vielmehr einzigartig sind, werden sie nur in Ausnahmefällen an aktiven Märkten gehandelt. Dies hat zur Konsequenz, dass das Neubewertungsmodell nur bei bestimmten immateriellen Vermögenswerten überhaupt regelungssystematisch angewendet werden kann.

Zur Operationalisierung der Anwendbarkeit des Neubewertungsmodells werden einerseits Beispiele für immaterielle Vermögenswerte genannt, für die ein aktiver Markt in einigen Hoheitsgebieten vorliegen kann, und andererseits Beispiele von immateriellen Vermögenswerten, für die idR ein solcher aktiver Markt nicht vorliegt (IAS 38.78). So kann ein aktiver Markt potenziell bspw. für Taxi- und Fischereilizenzen oder Produktionskontingente vorliegen. In Deutschland besteht ein entsprechender aktiver Markt zB für Emissionsrechte (vgl. Schruff/Haaker, Handbuch International Financial Reporting Standards 2011, 7. Aufl., Abschnitt 11, Tz. 86; Heckeler/Kühnel, in: Beck IFRS-Handbuch, 6. Aufl., § 4, Tz. 117). Für Marken, Zeitungsdrucktitel, Musik- und Filmrechte sowie Patente existiert dagegen regelmäßig kein aktiver Markt, da diese immateriellen Vermögenswerte einzigartig sind.

 

Tz. 112

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

Der IASB begründet die restriktive Anwendbarkeit des Neubewertungsmodells bei immateriellen Vermögenswerten damit, dass immaterielle Vermögenswerte zwar grundsätzlich auch gekauft und verkauft werden. Allerdings finden die Transaktionen zwischen einzelnen Käufern und Verkäufern statt und sind zudem nicht regelmäßig (IAS 38.78). Somit sind die immateriellen Vermögenswerte regelmäßig nicht fungibel und die Preise häufig nicht öffentlich verfügbar, wie es für das Vorliegen eines aktiven Marktes kennzeichnend ist (IAS 38.78).

Die Existenz eines aktiven Marktes ist sowohl für extern erworbene als auch für selbst erstellte immaterielle Vermögenswerte eine zwingende Anwendungsvoraussetzung, damit die Möglichkeit zur Folgebewertung mit dem Neubewertungsbetrag besteht. Während also die Bewertung mit dem beizulegenden Zeitwert im Rahmen der Anwendung des Neubewertungsmodells bei der Folgebewertung an die objektive Ermittlung eines beizulegenden Zeitwertes über einen aktiven Markt geknüpft ist, sind für die Zugangsbewertung insbesondere von immateriellen Vermögenswerten, die im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses erworben wurden, die Anforderungen an einen solchen beizulegenden Zeitwert vom Vorliegen eines aktiven Marktes unabhängig (vgl. Tz. 83–89).

 

Tz. 113

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