Tz. 72

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Werden von den Parteien zusätzliche vertragliche Vereinbarungen getroffen, sind diese zumeist konsistent zu den Rechten und Pflichten, die sich aus der Rechtsform der separaten Einheit ergeben (IFRS 11.B25). Allerdings können die Rechte und Pflichten durch zusätzliche Vereinbarungen geändert oder ganz außer Kraft gesetzt werden (IFRS 11.B26).

IFRS 11.B27 greift exemplarisch Regelungsinhalte auf, die häufig in vertraglichen Vereinbarungen vorzufinden sind. Soweit gemeinschaftliche Vereinbarungen über Gesamthandsvermögen verfügen, sind die nachfolgenden Beispielsachverhalte im deutschen Rechtsraum häufig nicht einschlägig, sodass das nationale Gesellschaftsrecht sowie sonstige relevante Tatsachen und Umstände zur Klassifizierung heranzuziehen sind (vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg (Hrsg.), Haufe IFRS-Komm., 17. Aufl., § 34, Tz. 26; Brune, in: Beck IFRS Handbuch, 5. Aufl., § 29, Tz. 18):

 
  Gemeinschaftliche Tätigkeit Gemeinschaftsunternehmen
Regelungsinhalt ­der vertraglichen ­Vereinbarung Die Parteien haben aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung Rechte und Pflichten an den Vermögenswerten bzw. für die Schulden. Die Parteien haben aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung Rechte am Nettovermögen. Die separate Einheit hält die Rechte und Pflichten an den Vermögenswerten bzw. für die Schulden.
Rechte an den ­Vermögenswerten Gem. einer vertraglichen Vereinbarung sind Ansprüche an den Vermögenswerten der Vereinbarung in einem bestimmten Verhältnis auf die Parteien der gemeinschaftlichen Vereinbarung aufzuteilen. Gem. einer vertraglichen ­Vereinbarung sind die Vermögenswerte Eigentum der gemeinschaftlichen Vereinbarung durch Einbringung oder Erwerb.
Verpflichtungen ­für die Schulden Die Parteien der gemeinschaftlichen Vereinbarung teilen gem. einer vertraglichen Vereinbarung alle Schulden und Verpflichtungen in einem bestimmten Verhältnis auf. Gem. einer vertraglichen Vereinbarung haftet die gemeinschaftliche Vereinbarung grundsätzlich für die Schulden und Verpflichtungen.
Gem. der vertraglichen Vereinbarung haften die Parteien für die Ansprüche Dritter. Die Parteien haften gem. einer vertraglichen Vereinbarung nur in Höhe ihrer Beteiligung. Die Gläubiger der Vereinbarung haben keine Rückgriffrechte auf die Parteien.
Erlöse und Aufwendungen, Gewinne und Verluste Erlöse und Aufwendungen werden gem. der vertraglichen Vereinbarung nach den individuell erbrachten Leistungen der Parteien aufgeteilt. In der Vereinbarung wird der Anteil der Parteien am Gewinn oder Verlust aus ihrer Tätigkeit festgeschrieben.
Garantien Die Übernahme einer Garantie führt nicht zwangsweise zur Klassifizierung als gemeinschaftliche Tätigkeit. Vielmehr ist die Einstufung davon abhängig, ob eine (unmittelbare) Verpflichtung für die Schulden der gemeinschaftlichen Vereinbarung besteht.
 

Tz. 73

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Beispiel (in Anlehnung an IFRS 11.IE34, Beispiel 5):

Die Parteien A und B gründen ein Unternehmen C zur Erschließung und Förderung von Öl und Gas, an dem sie jeweils 50 % der Anteile halten. Die Parteien haben kraft Rechtsform keine unmittelbaren Rechte am Gesellschaftsvermögen und haften nicht unmittelbar für die Verpflichtungen der Gesellschaft. Die Parteien schließen jedoch einen zusätzlichen Vertrag, nach dem den Parteien die Rechte an den Vermögenswerten aus Explorations- und Erschließungsgenehmigungen und unmittelbare Verpflichtungen aufgrund von Verbindlichkeiten aus den gemeinsamen Aktivitäten zustehen. Die geförderten Rohstoffvorkommen werden laut Vereinbarung anhand der Beteiligungsstruktur verteilt, dh., jede Partei nimmt die Hälfte der Erzeugnisse und Leistungen ab. Mithilfe von Barmittelzuschüssen von A und B werden die Kosten der Förderung übernommen. Kann eine Partei die Kosten nicht decken, übernimmt dies die andere Partei. Durch diese zusätzlichen Vereinbarungen verändern sich die Rechte und Pflichten, die sich aus der Rechtsform der vertraglichen Vereinbarung ergeben, in einer Weise, dass sich nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Klassifizierung als gemeinschaftliche Tätigkeit ergibt.

 

Tz. 74

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Beispiel (in Anlehnung an IFRS 11.IE44, Beispiel 6):

Ein Unternehmen C wird zum Betrieb eines Erdgasfeldes durch eine Flüssiggasanlage gegründet. An diesem Unternehmen sind A und B mit jeweils 50 % beteiligt. Die separate Einheit sowie die vertraglichen Vereinbarungen führen weder zu Rechten an den Vermögenswerten noch zu Verpflichtungen bzgl. der Schulden. Indes werden die Erschließung des Gasfeldes und die Erstellung der Flüssiggasanlage mithilfe eines Rahmenvertrages durch ein Bankenkonsortium finanziert. Die Parteien A und B müssen bei einem Zahlungsausfall von C für den Ausfall haften. Aufgrund der Sphärentrennung von A und B, der separaten Einheit und den fehlenden Rechten und Pflichten aus der vertraglichen Vereinbarung liegt in diesem Fall ein Gemeinschaftsunternehmen vor. Die Haftungsübernahmen von A und B führen nicht zu einem Übergang der Verpflichtu...

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