Tz. 107

Stand: EL 50 – ET: 06/2023

Als Bewertungszeitpunkt ist der Gewährungszeitpunkt heranzuziehen (IFRS 2.11). Theoretisch kämen alternativ die in Abbildung 9 aufgeführten Zeitpunkte als Bewertungszeitpunkte in Frage (IFRS 2.BC88ff.). Im Gewährungszeitpunkt ist jedoch die Wahrscheinlichkeit maximal, dass sich beizulegender Zeitwert der zukünftigen Arbeitsleistung und beizulegender Zeitwert der vergütungshalber gewährten Optionen entsprechen. Da dies für die Rechtfertigung einer indirekten Messung der empfangenen Güter und Dienstleistungen erforderlich ist, wurden alle übrigen Alternativen vom IASB verworfen. Dies gilt auch für den Vorschlag im Diskussionspapier des IASC/G4+1, den Erdienungszeitpunkt heranzuziehen. Zwar erwirbt der Mitarbeiter faktisch erst in diesem Zeitpunkt die Optionen, allerdings kann von einer Ausgeglichenheit der Leistungen nicht mehr zwingend ausgegangen werden (IFRS 2.BC95). Allerdings bestehen in der Literatur Zweifel, ob im Gewährungszeitpunkt die Annahme der Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung immer gerechtfertigt ist. Probleme bereitete in der Vergangenheit insb. in den USA das sog. Backdating, bei dem der Gewährungszeitpunkt so ausgewählt wurde, dass gerade ein zufälliges Kursminimum erreicht war. Mit eintretender Erholung ergab sich so ein Beitrag zum Ausübungsgewinn, der nicht durch eine Gegenleistung, sondern durch natürliche Kurserholung entstand (vgl. Yermack, JoF 1997). Die gleiche Ursache dürfte sich auch in dem Zusammenhang zwischen der Ankündigung von Aktiensplits und der nachfolgend erhöhten Gewährung von Optionsprogrammen verbergen, da sich im Anschluss an die Ankündigung von Aktiesplits regelmäßig außergewöhnliche Kursgewinne einstellen (vgl. Devos et al., JoAE 2015, S. 24ff.). Gegenwärtig ist eher das sog. Spring loading zu beobachten. Der Gewährungszeitpunkt wird nicht mehr manipuliert, dafür kommt es zu einer Manipulation der Informationspolitik. Nachrichten, die die Kursentwicklung positiv beeinflussen, werden bis nach der Begebung des Optionsprogramms zurückgehalten (vgl. Bianchi, QREF 2016, S. 219).

 

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Allerdings muss beachtet werden, dass die Bestimmung des beizulegenden Zeitwertes im Gewährungszeitpunkt deutlich mehr Bewertungsprobleme aufwirft als spätere Zeitpunkte (IFRS 2.BC129). So reduzierten sich bei einer Bewertung im Unverfallbarkeitszeitpunkt die mit der Bestimmung des Mengengerüstes verbundenen Probleme und im Ausübungszeitpunkt wäre ein Höchstmaß an Objektivierung der Wertansätze erreichbar.

Abb. 9: Potentielle Bewertungszeitpunkte

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