Tz. 276

Stand: EL 37 – ET: 2/2019

Bei der Festlegung der sich qualifizierenden Sicherungsinstrumente weicht der IASB von seiner bisherigen und in IAS 39 niedergelegten Linie ab, wonach mit Ausnahme der Absicherung von Währungsrisiken ausschließlich Derivate als Sicherungsinstrumente infrage kamen. Viele derer, die im Zuge der Entwicklung der Überarbeitung Stellung zu den Konsultationsdokumenten genommen hatten, hinterfragten die Begründung für diese Beschränkung va. in jenen Fällen, in denen Kassa­instrumente in der Risikosteuerung als effizient bei der Mitigation von Risiken angesehen werden (vgl. IFRS 9.BCE.189). Der IASB kam dem in der Neufassung des Abschnitts zur Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen insoweit entgegen, als dass er nunmehr nicht mehr auf das Wesen der Sicherungsinstrumente abhebt, sondern darauf, wie diese bewertet werden: Soweit Kassainstrumente wie Derivate zum beizulegenden Zeitwert bewertet und ihre Wertänderungen im Periodenergebnis erfasst würden, kommen sie grundsätzlich als Sicherungsinstrument infrage (vgl. IFRS 9.6.2.1f. iVm. BCE.190; s. zur Entwicklung der Regelungen ausführlich die Diskussion in BC6.127ff.).

 

Tz. 277

Stand: EL 37 – ET: 2/2019

Der IASB lässt für die Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen grundsätzlich jede Art derivativer Finanzinstrumente als Sicherungsinstrument zu (vgl. IFRS 9.6.2.1). In den Anwendungsleitlinien sowie in der Beschlussgrundlage weist der Board allerdings explizit darauf hin, dass in strukturierte Finanzaktiva eingebettete Derivate davon ausgenommen seien (vgl. IFRS 9.B6.2.1). Diese werden in IFRS 9 – anders als noch in IAS 39 – keiner Zerlegungsprüfung mehr unterzogen, sondern stets gemeinsam mit dem Trägervertrag als ein Instrument bilanziert (vgl. IFRS 9.BC6.117; vgl. auch Tz. 43). Zwar habe man erwogen, für Zwecke der Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen eine Designation der derivativen Komponente zuzulassen; man habe sich aber aus verschiedenen Gründen, die hier nicht nachgezeichnet werden sollen, letzten Endes dagegen entschieden (vgl. dazu IFRS 9.BC6.118ff.).

 

Tz. 278

Stand: EL 37 – ET: 2/2019

Eine Ausnahme von der uneingeschränkten Verwendung freistehender Derivate besteht hinsichtlich der bilanziellen Nichtanerkennung (netto) geschriebener Optionen (vgl. IFRS 9.6.2.6 iVm. B6.2.4). Dies ist auch nachvollziehbar, da bei geschriebenen Optionen die Chance auf die erhaltene Prämie begrenzt ist, während das mit ihnen verbundene Risiko uU unbegrenzt hoch ist (das ist bei geschriebenen Kaufoptionen der Fall). Anders ausgedrückt: Ein Geschäft, das selbst ein unbegrenztes Risiko aufweist, taugt nicht zur Absicherung eines risikobehafteten Geschäfts. Wenn eine Sicherung bewirkt werden soll, dann muss das Geschäft geeignet sein, eine Risikominderung herbeizuführen, und das ist bei (netto) geschriebenen Optionen schlicht nicht der Fall. Die Betonung auf "netto" soll verdeutlichen, dass Optionskombinationen für die bilanzielle Abbildung einer Sicherungsbeziehung durchaus in Frage kommen, allerdings nur dann, wenn infolge des Zusammenwirkens verschiedener Optionen per Saldo nicht eine risikoerhöhende Wirkung von ihnen ausgeht, was bspw. darin zum Ausdruck käme, dass das Unternehmen aus der Kombination aller Geschäfte eine Prämie erhält (vgl. IFRS 9.BC6.153; s. auch Kuhn/Scharpf 2006, Tz. 2047).

Eine Rückausnahme vom Verbot des Einsatzes netto geschriebener Optionen sieht der Board indes in Fällen vor, in denen sie als "Sicherungsinstrument" für eine gekaufte Option eingesetzt werden (vgl. IFRS 9.B6.2.4). Ökonomisch ist diese Regelung fragwürdig, weil gekaufte Optionen das bilanzierende Unternehmen grundsätzlich nur einem sehr begrenzten Marktpreisrisiko aussetzen (wohl aber einem Bonitätsrisiko, das sich aber durch den Einsatz der geschriebenen Option auch nicht mindern lässt): Die Option kann wertlos werden und ungenutzt verfallen; das "Risiko" besteht in diesem Fall lediglich im möglichen Verlust der bereits entrichteten Prämie, nicht aber im möglichen Hinnehmen eines darüber hinausgehenden Schadens. Damit aber wird die (netto) geschriebene Option(skombina­tion), die das Risiko entfaltet, sinnfrei zum Sicherungsinstrument gewillkürt, das es realiter aber nicht ist. Unsinnig ist in diesem Zusammenhang auch die beispielhafte Erläuterung "for example, a written call option used to hedge a callable liability" (IFRS 9.B6.2.4), weil man nun mal mit einem risikoverursachenden Geschäft finanzwirtschaftlich keine Risikominderung erzielen kann (vgl. dazu Tz. 272). Was faktisch geschieht, ist, dass das Unternehmen sein Chancenpotenzial gegen den Erhalt einer Prämie aus der geschriebenen Option vermindert.

 

Tz. 279

Stand: EL 37 – ET: 2/2019

Finanzielle Kassageschäfte kommen als Sicherungsinstrument infrage, wenn sie zum beizulegenden Zeitwert bewertet und ihre Wertänderungen im Periodenergebnis erfasst werden. Dies gilt für finanzielle Vermögenswerte grundsätzlich auch, wenn die Fair-Value-Bewertung durch Nutzung der Fair Value Option bewirkt wird; allerdings weist ...

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