Tz. 11

Stand: EL 37 – ET: 2/2019

Die in IFRIC 20.12 empfohlene direkte Erfassung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Vermögenswerts aus Abraumbeseitigung wird in der Praxis in den meisten Fällen nicht möglich sein, da die Abraumaktivitäten für die Schaffung von Vorräten und des Zugangs zu weiteren Lagerstätten an derselben Stelle eines Tagebaus als ein integrierter Arbeitsgang zeitgleich durchgeführt werden (IFRIC 20.BC14). Wenn also eine separate kostenmäßige Identifikation beider Nutzenkategorien ausgeschlossen ist, ist es zulässig, die Gesamtkosten des Prozesses ersatzweise auf Basis eines relevanten, dh. sach- oder verursachungsgerechten produktionsbezogenen Bewertungsmaßstabs aufzuteilen (IFRIC 20.13, IFRIC 20.BC16). Dieser Bewertungsmaßstab wird rechnerisch auf die bestimmte Komponente der Lagerstätte angewendet, um den über die eigentliche Vorratsproduktion der Periode hinaus geschaffenen und ggf. zu aktivierenden Mehrnutzen aus Abraumbeseitigung zu ermitteln. Als Referenzgrößen kommen zB in Frage (vgl. Fischer, PiR 2012, S. 27):

  1. Herstellungskostenbezogen: Istkosten der produzierten Vorräte im Vergleich zu den erwarteten Plankosten. Höhere Istkosten lassen auf einen zusätzlich geschaffenen wirtschaftlichen Vorteil bezüglich später noch zu fördernder Rohstoffe schließen. Dieser Maßstab wird bei signifikant schwankenden Mineralgehalten als verlässlicher angesehen (vgl. PwC, 2013, S. 9).
  2. Mengenbezogen: Istmenge abgeräumten Abraums im Vergleich zur erwarteten Planmenge bei gegebener Rohstofffördermenge. Höhere Istmengen lassen auf einen zusätzlich geschaffenen wirtschaftlichen Vorteil bezüglich später noch zu fördernder Rohstoffe schließen.
  3. Anreicherungs- bzw. konzentrationsbezogen: Istverhältnis Abraum/Rohstoff (A:R) im Vergleich zum erwarteten Planverhältnis (A:R) bei gegebener Gesamtfördermenge. Höhere tatsächliche A:R-Verhältnisse lassen auf einen zusätzlich geschaffenen wirtschaftlichen Vorteil bezüglich später noch zu fördernder Rohstoffe schließen; oder umgekehrt lassen niedrigere tatsächliche Mineralgehalte an der Gesamtfördermenge auf einen zusätzlich geschaffenen wirtschaftlichen Vorteil bezüglich später noch zu fördernder Rohstoffe schließen.

Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass ein aufgrund außergewöhnlich hoher periodischer Abraumleistung (iVm. außergewöhnlich hohen Kosten) berechneter "Mehrnutzen" nicht automatisch zur Aktivierung eines Vermögenswerts führen sollte, sondern immer mit der Beurteilung, ob tatsächlich ein verbesserter Zugang zu künftigen Rohstoffmengen erreicht wurde, einhergehen sollte. Als beispielhaft für Sachverhalte, bei denen eine sofortige Erfassung als laufende Produktionskosten angebracht erscheint, werden schwierige geologische Abbaubedingungen mit unvorhergesehenen tektonischen Sprüngen oder magmatischen Gesteinsgängen genannt (vgl. EY, 2018 S. 3296).

Ein erlösbezogener Verteilungsschlüssel auf Basis von aktuellen oder künftigen Verkaufswerten ist demgegenüber nicht zulässig (IFRIC 20.BC15). Sollte sich bei der Berechnung aufgrund der individuellen Konstellation in der Periode ein negativer "Mindernutzen" ergeben, so ist dieser mangels Vorliegens einer rechtlichen oder faktischen Verpflichtung zur Fortführung des Abbaus weder als Rückstellung zu passivieren noch mit einem vorher aktivierten Vermögenswert zu verrechnen (wie es unter dem life-of-mine average stripping ratio approach vorher häufig praktiziert wurde), sondern den Herstellungskosten der produzierten Vorräte zuzurechnen.

Das folgende Berechnungsschema illustriert beispielhaft eine zulässige Vorgehensweise bei der Ermittlung des zu aktivierenden "Mehraufwands" für zwei aufeinander folgende Perioden, wobei hier vereinfacht der gesamte Tagebau aus nur einer Lagerstättenkomponente mit festen erwarteten Rohstoff- und Abraumgesamtmengen besteht, die auch noch über die Periode 2 hinaus abgebaut werden.

Abb. 2: Mengenmäßige Aufteilung der Abraumkosten (in Anlehnung an: PwC, 2012, Financial Reporting, S. 48f.)

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