Tz. 75

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Eine Schuld (liability) ist definiert als eine gegenwärtige Verpflichtung des Unternehmens zur Übertragung ökonomischer Ressourcen als Ergebnis vergangener Ereignisse (CF.4.26).

 

Tz. 75a

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Auch die Schulddefinition greift somit auf den Begriff der ökonomischen Ressource zurück. Analog zur Vermögenswertdefinition (asset) wird auf diese Weise klargestellt, dass die Schuld die Verpflichtung zur Übertragung einer ökonomischen Ressource ist und nicht der ggf. aus der Ressource resultierende Nutzenabfluss (CF.BC4.7).

 

Tz. 75b

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Damit eine Schuld (liability) existiert, müssen drei Kriterien kumulativ erfüllt sein (CF.4.27 (a)–(c)):

  • es muss eine Verpflichtung vorliegen;
  • die Verpflichtung muss in der Übertragung einer ökonomischen Ressource bestehen; und
  • es muss sich um eine gegenwärtige Verpflichtung handeln, die aufgrund eines vergangenen Ereignisses besteht.
 

Tz. 76

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Eine Verpflichtung besteht, wenn das Unternehmen über keine Fähigkeit verfügt (no practical ability), sich dieser zu entziehen (CF.4.29). Die Faktoren, die bei der Beurteilung, ob ein Unternehmen die Fähigkeit hat, sich einer Verpflichtung zu entziehen, zu berücksichtigen sind, hängen von der Art der Verpflichtung ab. Ein Unternehmen hat zB keine Fähigkeit, sich einer Verpflichtung zu entziehen, wenn die Vermeidung gravierendere Auswirkungen hat als die Übertragung der ökonomischen Ressource selbst (CF.4.34). Solange der Abschluss unter der Annahme der Unternehmensfortführung aufgestellt wird, verfügt das Unternehmen nicht über die Fähigkeit sich der Verpflichtung zu entziehen, wenn hierfür die Liquidation des Unternehmens erforderlich ist (CF.4.33).

 

Tz. 77

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Damit die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Schuld (liability) erfüllt sind, muss eine Verpflichtung nicht zwangsläufig auf Basis gesetzlicher oder vertraglicher Grundlagen rechtlich durchsetzbar sein. Auch faktische Verpflichtungen (zB Kulanzleistungen, denen sich das Unternehmen aufgrund seines üblichen Geschäftsgebarens nicht entziehen kann) können eine Schuld begründen (CF.4.31). Der IASB verwendet den Begriff der Verpflichtung (genauso wie den Begriff des Rechtes) somit nicht in einem juristischen Sinne (vgl. Dehmel/Hommel/Kunkel, BB 2018, S. 1709).

 

Tz. 77a

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Eine Verpflichtung besteht immer gegenüber einer anderen Partei. Die andere Partei kann eine Person, ein Unternehmen oder die Öffentlichkeit als Ganzes sein. Es ist nicht notwendig, die Identität der Gegenpartei zu kennen (CF.4.29). Bei einer Schuld (liability) handelt es sich demnach immer um eine Außenverpflichtung. Innenverpflichtungen, wie sie zB im deutschen Handelsrecht in Form von Aufwandsrückstellungen (nach § 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB) existieren, erfüllen in den IFRS nicht die Tatbestandsvoraussetzungen einer Schuld.

 

Tz. 77b

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Bei einer Verpflichtung zur Übertragung einer ökonomischen Ressource kann es sich zB um eine der folgenden Verpflichtungen handeln (CF.4.39):

  • die Verpflichtung, Barzahlungen zu leisten;
  • die Verpflichtung, Güter zu liefern oder Dienstleistungen zu erbringen;
  • die Verpflichtung, ökonomische Ressourcen mit einer anderen Partei zu nachteiligen Bedingungen auszutauschen; oder
  • die Verpflichtung, eine ökonomische Ressource zu übertragen, wenn ein bestimmtes unsicheres Ereignis in der Zukunft eintritt.
 

Tz. 78

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Für das Vorliegen einer Schuld (liability) ist es lediglich notwendig, dass die Verpflichtung das Potential hat, dem Unternehmen die Übertragung einer ökonomischen Ressource abzuverlangen. Analog zur Vermögenswertdefinition hat die Wahrscheinlichkeit, mit der die Übertragung der ökonomischen Ressource notwendig wird, keinen Einfluss auf das Vorliegen einer Schuld. Es muss lediglich ein denkbares Szenario existieren, in dem die Verpflichtung zur Übertragung einer ökonomischen Ressource führt (CF.4.37). Die Wahrscheinlichkeit, mit der die Ressource übertragen werden muss, ist stattdessen erst bei den Entscheidungen über den Ansatz (vgl. Tz. 96–101) und die Bewertung (vgl. Tz. 174–177) der Schuld zu berücksichtigen (CF.4.38).

 

Tz. 79

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Die Verpflichtung muss eine gegenwärtige Verpflichtung sein, die aufgrund eines Ereignisses der Vergangenheit besteht (CF.4.42). Dieses Kriterium ist erfüllt, wenn das Unternehmen bereits einen ökonomischen Nutzen erhalten oder Handlungen ausgeführt hat, aufgrund derer es eine ökonomische Ressource übertragen muss, die ansonsten im Unternehmen verbleiben würde. Den Nutzen kann das Unternehmen zB in Form von Gütern oder Dienstleistungen erhalten haben. Wie auch bei Vermögenswerten (assets) ist somit zwischen gegenwärtigen und künftigen Verpflichtungen zu unterscheiden. Die bloße Absichtserklärung zur Aufnahme einer Verpflichtung ist nicht hinreichend, um die Definitionskriterien einer Schuld (liability) zu erfüllen.

 

Tz. 80

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Der Umstand, dass der Um...

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