Tz. 102

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Die Identifikation einer in diesem Sinne nicht gewöhnlichen Transaktion ist va. dann schwierig, wenn ein reduziertes Handelsvolumen oder eine eingeschränkte Handelsaktivität für die zu bewertende Position vorliegt. Unter diesen Bedingungen ist es jedoch nicht angebracht, alle Transaktionen als nicht gewöhnlich zu charakterisieren, wie dies bei erzwungenen Liquidationen oder Notverkäufen der Fall wäre. Es gibt indes einige, nicht abschließende Indikatoren, die für eine nicht gewöhnliche Transaktion sprechen (IFRS 13.B43; vgl. hierzu auch Wüstemann/Iselborn, WPg 2016, S. 510):

  • Die zu kurze Marktpräsenz des Unternehmens vor der Transaktion verhinderte normale und handelsübliche Marketingmaßnahmen zum Verkauf des Vermögenswertes bzw. zur Übertragung von Schulden und wirkte sich folglich auf die Preisgestaltung aus.
  • Der Verkäufer hatte ausreichend Zeit für die normalen und handelsüblichen Marketingmaßnahmen, diese beschränkten sich aber ausschließlich auf einen einzigen Marktteilnehmer.
  • Der Verkäufer befindet sich in einem Insolvenz-, Zwangsverwaltungs- oder Liquidationsverfahren (distressed seller).
  • Der Verkäufer musste die Position aufgrund gesetzlicher Bestimmungen oder regulatorischer Auflagen veräußern (forced seller).
  • Der Transaktionspreis ist im Vergleich zu anderen Beobachtungen ein Ausreißer, dh., dass der Wert deutlich außerhalb der Bandbreite anderer Transaktionspreise liegt.
 

Tz. 103

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Falls das Unternehmen zu dem Urteil gelangt, dass die Transaktion nicht gewöhnlich war, muss es dem Transaktionspreis im Rahmen der Fair-Value-Bewertung ein geringeres Gewicht verleihen oder diesen Transaktionspreis ggf. gar nicht beachten (IFRS 13.B44 (a); zu dem analogen Vorgehen bei einer signifikant reduzierten Marktaktivität, die zu einem Abweichen des Transaktionspreises vom beizulegenden Zeitwert führt vgl. Tz. 101a). Falls die Transaktion jedoch gewöhnlich war, soll das Unternehmen den Transaktionspreis trotz des verringerten Marktgeschehens berücksichtigen (zu etwaigen Anpassungen vgl. Tz. 106f.).

Die Gewichtung des Preises im Vergleich zu anderen beobachteten Transaktionspreisen hängt von den jeweiligen Bedingungen der Transaktionen ab. Folgende Faktoren können hierbei gemäß IFRS 13.B44 (b) von Bedeutung sein:

  • Volumen der Transaktion,
  • Vergleichbarkeit der (der Transaktion zugrunde liegenden) Position mit dem eigentlich zu bewertenden Vermögenswert (resp. Schuld),
  • zeitliche Nähe der Transaktion zum Bewertungsstichtag.
 

Tz. 104

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Falls das Unternehmen nicht über eine hinreichende Informationsgrundlage verfügt, die die Identifikation einer gewöhnlichen bzw. nicht gewöhnlichen Transaktion erlaubt, muss das Unternehmen den beobachteten Transaktionspreis in die Fair-Value-Ermittlung einbeziehen (IFRS 13.B44 (c)). Sofern eine derartige Einschätzung nicht möglich erscheint, sind die mit der jeweiligen Transaktion verbundenen Informationen zur Ermittlung des beizulegenden Zeitwertes jedoch schwächer zu gewichten (IFRS 13.B44 (c)). Der Transaktionspreis ist allerdings regelmäßig nicht der einzige oder primäre Faktor für die Fair-Value-Bewertung oder für die Schätzung von Risikoprämien. Falls ein Transaktionspreis den beizulegenden Zeitwert nachweislich nicht widerspiegelt, kann das Unternehmen diesen weniger stark gewichten und stärker auf andere Transaktionspreise abstellen.

 

Tz. 105

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Ein Unternehmen muss keine vollumfängliche Analyse hinsichtlich der Identifikation einer gewöhnlichen Transaktion unternehmen, wenngleich mit angemessenem Aufwand zugängliche Informationen berücksichtigt werden müssen (IFRS 13.B44). Falls das Unternehmen die Transaktion selbst eingegangen ist, wird vom IASB unterstellt, dass das Unternehmen über eine ausreichende Informationsbasis für die Beurteilung verfügt.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Baetge, Rechnungslegung nach IFRS (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge