Tz. 9

Stand: EL 28 – ET: 03/2016

Ein Finanzinstrument (financial instrument) ist ein Vertrag (contract), der gleichzeitig bei einer Vertragspartei zur Entstehung eines finanziellen Vermögenswertes (financial asset; vgl. Tz. 16 ff.) und bei einer anderen zur Begründung einer finanziellen Verbindlichkeit (financial liability; vgl. Tz. 22 ff.) oder einem Eigenkapitalinstrument (equity instrument; vgl. Tz. 27 ff.) führt (IAS 32.11). Dem Grunde nach ist unter einem Finanzinstrument damit alles zu subsumieren, was nicht dinglicher (Sachanlagevermögen; Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe; Medaillen) oder immaterieller Art (Goodwill; Konzessionen, Patente, Lizenzen etc.) ist (IAS 32.AG10 sowie IAS 32.IG B1) und nicht explizit aus dem Anwendungsbereich von IAS 32 ausgeklammert ist.

 

Tz. 10

Stand: EL 28 – ET: 03/2016

Maßgeblich für das Zustandskommen eines Finanzinstruments ist das Vorliegen eines Vertrags. Verträge sind Vereinbarungen zwischen zwei oder mehr Vertragspartnern, die mit eindeutigen wirtschaftlichen Konsequenzen verbunden sind. Der Anspruch der berechtigten Vertragspartei muss dabei rechtlich durchsetzbar sein, dh. die Gegenpartei darf sich ihrer Leistungsverpflichtung nicht sanktionsfrei entziehen können. Die Verträge bedürfen nicht unbedingt der Schriftform, die Ansprüche und Verpflichtungen müssen aber auf rechtsgeschäftlicher Basis entstehen (IAS 32.13). Dabei ist unerheblich, ob ein einzelner Vertrag abgeschlossen wurde oder ob der Austausch finanzieller Vermögenswerte durch Kombination mehrerer Verträge vereinbart wurde; entscheidend ist vielmehr, dass es bei einer Kette vertraglicher Regelungen letztlich zum Erhalt resp. zur Abführung von liquiden Mitteln oder dem Erwerb bzw. der Emission eines Eigenkapitalinstruments kommt (IAS 32.AG7).

 

Tz. 11

Stand: EL 28 – ET: 03/2016

Demgegenüber liegen keine Finanzinstrumente vor, wenn sich die Ansprüche und Verpflichtungen nicht aus einem Vertrag, sondern von Gesetzes wegen oder aufgrund anderweitiger hoheitlicher Vorschriften ergeben (IAS 32.AG12). Dies ist beispielsweise bei Steueransprüchen bzw. -verbindlichkeiten der Fall, die aufgrund eines hoheitlichen Aktes entstehen. Auch wenn hier wirtschaftlich gesehen Ansprüche auf den Erhalt bzw. die Abführung von Zahlungsmitteln oder anderen Finanzinstrumenten und damit finanzielle Forderungen gegen den bzw. Verbindlichkeiten gegenüber dem Fiskus vorliegen, erfolgt die Bilanzierung – einschließlich des Ausweises – nicht entsprechend der Vorschriften für Finanzinstrumente, sondern gemäß IAS 12 Income Taxes (s. a. KPMG IFRG 2014/15, Tz. 7.1.25.100).

 

Tz. 12

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Die Ausübung eines vertraglichen Rechts bzw. das Erfordernis zur Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung kann unbedingt (absolute) sein oder vom Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängen (contingent). Der IASB nennt im Anhang zu IAS 32 beispielhaft eine Finanzgarantie, bei der der Garantienehmer ein vertragliches Recht auf Erhalt einer Ausgleichszahlung und der Garantiegeber eine vertragliche Verpflichtung zur Leistung derselben besitzt. Recht und Verpflichtung sind in diesem Fall bedingt: Sie hängen davon ab, dass der Schuldner in Zahlungsverzug gerät. Die Tatsache, dass das Recht auf Erhalt und die Verpflichtung zur Leistung einer Ausgleichszahlung vom Zahlungsverhalten eines Dritten abhänge, ändere nichts an der Tatsache, dass ein Finanzinstrument vorliege, da sie auf vertraglicher Grundlage beruhten und durch den Austausch von Zahlungsmitteln zu erfüllen seien, sobald die vereinbarte Bedingung eintrete. Aus dieser Argumentation leitet der IASB die grundsätzliche Ansatzpflicht für Finanzgarantien als Finanzinstrument ab, auch wenn er konzediert, dass die aus ihnen hervorgehenden Rechte und Pflichten nicht immer im Abschluss erfasst würden (weil sie bspw. als Versicherungsvertrag iSv. IFRS 4 klassifiziert werden, IAS 32.AG8; vgl. Tz. 6).

 

Tz. 13

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Ein möglicher Wertungswiderspruch zwischen bedingten, auf hoheitlichen Akten beruhenden Ansprüchen resp. Verpflichtungen (vgl. Tz. 11) und anderweitig bedingten Zahlungsverpflichtungen, die nach Tz. 12 grundsätzlich als Finanzinstrument zu klassifizieren sind (vgl. Tz. 12), löst sich dergestalt, dass der hoheitliche Akt die Beurteilung dominiert: Da Finanzinstrumente stets ein Vertragsverhältnis voraussetzen und Zahlungsverpflichtungen aufgrund hoheitlicher Anforderungen kein Vertragsverhältnis begründen, kann schon auf der ersten Prüfstufe kein Finanzinstrument vorliegen. Die Bilanzierung dieser Geschäftsvorfälle ergibt sich folglich aus anderen Normen (idR IAS 12, IAS 37 oder dem Rahmenkonzept).

 

Tz. 14

Stand: EL 28 – ET: 03/2016

Ansprüche und Verpflichtungen aus Leasingvereinbarungen fallen in den Anwendungsbereich von IAS 32, wenn der Vertrag als Finanzierungsleasingvereinbarung ausgestaltet ist. Der IASB erklärt dies damit, dass die sich aus einem derartigen Vertrag ergebende Zahlungsreihe einem Annuitätendarlehen vergleichbar sei und entsprechend bilanziert werden so...

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