OECD-Entwurf zum Country-by-Country-Reporting nach Kritik überarbeitet
Unternehmen befürchteten erhebliche Mehrkosten für Compliance-Aufwand
Nachdem die OECD den Diskussionsentwurf zur Verrechnungspreis(VP)-Dokumentation im Januar 2014 veröffentlicht hatte, hagelte es kritische Kommentare. Insbesondere wurde bemängelt, dass der vorgelegte Entwurf einen hohen zusätzlichen Dokumentationsaufwand für Unternehmen zur Folge hätte. Ein wesentlicher Faktor hierfür wird das sogenannte Country-by-Country-Reporting (CbCR) sein. Es zielt auf die Offenlegung einer Vielzahl von zusätzlichen, weitergehenden Daten und Unterlagen pro nahestehender Landesgesellschaft ab.
Zielsetzung des OECD-Aktionsplans zu „Base Erosion and Profit Shifting“ (BEPS) und des Unterpunktes 13 zur VP-Dokumentation war zunächst die Schaffung einer größeren Transparenz in Bezug auf die grenzüberschreitende Gewinnsteuerung und –verteilung bei Großkonzernen, vor allem zu Risikoidentifikationszwecken. Das in diesem Zusammenhang initial vorgestellte Konzept des CbCR war allerdings mit umfangreichen Dokumentationsanforderungen derart weit gefasst, dass insbesondere Unternehmensvertreter erhebliche Mehrkosten aufgrund des zusätzlichen Compliance-Aufwandes befürchteten. Die zahlreichen kritischen Anmerkungen und Anregungen wurden nun von der OECD teilweise aufgegriffen. Im Rahmen einer öffentlichen Konsultation am 19. Mai 2014 in Paris wurde ein überarbeiteter Entwurf vorgestellt, der allerdings vorerst nur Konferenzteilnehmern zur Verfügung gestellt wurde. Gegenstand der Konsultation waren insbesondere Themen wie der Umfang des CbCR, Einreichungs- und Datenaustauschprozesse sowie die Inhalte des Masterfile und der lokalen VP-Dokumentationsberichte. Des Weiteren lieferte die OECD während eines Webcasts am 26. Mai 2014 einen offiziellen Zwischenstandsbericht ab, welcher ebenfalls eine Abschwächung der ursprünglich angedachten CbCR Anfordernisse indiziert.
CbCR als ergänzendes Dokument: 3-tier statt 2-tier-VP-Dokumentationsstruktur
Anders als zunächst vorgesehen soll das CbCR nun doch nicht integraler Bestandteil des Masterfile werden, sondern als eigenständiges Dokument separat geführt werden. Diese Änderung resultiert aus zahlreichen Kommentaren und Anmerkungen. Hierin kam die Befürchtung zum Ausdruck, dass das CbCR als Teil des Masterfile die lokalen Finanzbehörden dazu veranlassen könnte, eine sachgerechte, transaktionsbezogene Überprüfung der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes („arm’s length principle“) zu vernachlässigen und stattdessen den Fokus auf eine globale formelhafte Aufteilung des Totalgewinns zu legen.
Eine derartige Vorgehensweise stünde wiederum im klaren Widerspruch zur eigentlichen Zielsetzung des CbCR. Das Masterfile dient vor allem zur Illustration der Konzernstruktur und der qualitativen Darstellung der Konzernwertschöpfungskette. Ergänzend dazu soll das CbCR vorrangig quantitative Zusatzinformationen zur Wertschöpfungskette und insbesondere der transaktionsbezogenen Funktions- und Risikoanalyse geben. Insofern legt der derzeitige Diskussionsstand nahe, dass zukünftig mit einer dreigeteilten („3-tier“) Struktur der VP-Dokumentation bestehend aus Masterfile, lokaler VP-Dokumentation und CbCR zu rechnen ist.
Aggregationsniveau der CbCR-Länderdaten ist noch unklar
Nach der Veröffentlichung des Diskussionsentwurfs im Januar 2014 stand insbesondere der Umfang der neuen Vorschriften in der Kritik. Die OECD hatte relativ früh auf diese kritischen Anmerkungen und Anregungen reagiert. Ein ranghoher OECD-Vertreter deutete bereits Ende März eine Erleichterung in Bezug auf die Datenanforderungen des CbCR an.
So sollen wesentliche Finanzkennzahlen nunmehr nicht mehr auf Gesellschaftsebene (entity-by-entity), sondern nur noch aggregiert pro Land (per country) angegeben werden. Allerdings gibt es hierzu auch weitergehende Überlegungen, dass Aktivitätscodes/-beschreibungen pro Landeskonzerngesellschaft und Betriebsstätte aufzuführen sind, um trotz eines aggregierten Reportings noch Einblick in die lokalen Tätigkeitsfelder zu gewährleisten.
Folgende Daten sind nach aktuellem Diskussionstand weiterhin im Rahmen des CbCR von Unternehmen pro Land anzugeben:
- Umsatzerlöse
- Ergebnis vor Steuern
- Steuerzahlungen
- Steuerrückstellungen für das laufende Jahr
- Gezeichnetes Kapital und Gewinnrücklagen
- Mitarbeiterzahl
- materielle Vermögenswerte
Erleichterungen auch beim Masterfile geplant
Der Umfang der offenzulegenden Unterlagen in dem Masterfile wird nach derzeitigem Diskussionsstand begrenzt. Insbesondere sollen Angaben zu den 25 bestbezahlten Angestellten pro Geschäftssparte (Position und Standort) entfallen. Auch Angaben zu Advance Pricing Agreements (APA) sollen nur noch unilaterale APAs, nicht jedoch bi- oder multilaterale APAs umfassen.
Trotz der angedachten Erleichterungen dürfte sich für Konzerne zukünftig die Notwendigkeit ergeben, die Zusammenstellung der erforderlichen Unterlagen und Daten schrittweise zu automatisieren und zu standardisieren.
Zugriffsrechte umstritten: OECD bezieht bisher keine klare Stellung mit Verweis auf soft law-Charakter
Es bleibt abzuwarten, wie die erwarteten Änderungen als auch die noch offenen Fragestellungen zu VP-Dokumentation und CbCR in den kommenden Wochen und Monaten im Detail adressiert werden. Diskussionsbedarf besteht insbesondere im Hinblick auf die Vorlageerfordernisse von Masterfile/ CbCR (z.B. lediglich gegenüber Steuerbehörden der Konzernobergesellschaft versus gegenüber allen lokalen Steuerbehörden der Konzernuntergesellschaften). Vor allem Nicht-OECD-Mitglieder wie China bestehen auf das Recht zur Einsicht, sobald ein Konzern eine juristische Präsenz im jeweiligen Land aufweist. Demgegenüber bevorzugen Unternehmensverbände wie auch die US Finanzverwaltung den Austausch derartiger Informationen und Dokumente lediglich im Rahmen bestehender Doppelbesteuerungsabkommen. Auf diese Weise sollen sensible Unternehmensinformationen besser vor dem Zugriff Unbefugter geschützt werden können. Die OECD hat ihre Rolle zu dieser Frage bisher heruntergespielt und betont, dass die OECD-Richtlinien aufgrund ihres „soft-law-Charakters“ keine Bindungswirkung auf die nationalen Gesetzgebungen haben, welche selbst erhöhte Dokumentationspflichten verankern können. Dennoch wird erwartet, dass die finale OECD-Auffassung zu dieser Frage zumindest richtungsweisend werden dürfte.
Weitere wichtige Fragen betreffen die Sprachwahl von Masterfile und lokalen VP-Dokumentationsberichten sowie die von der OECD derzeit favorisierte Fokussierung auf lokale statt auf regionale Vergleichsdaten. Diesbezüglich hatte es in der Vergangenheit vor allem in der EU ein Entgegenkommen der Finanzbehörden gegeben, indem nicht nur lokale, rein länderbezogene, sondern auch regionale, pan-europäische Studien mit Vergleichsunternehmen aus anderen EU-Mitgliedsstaaten akzeptiert wurden. Dieser vom EU Verrechnungspreisforum bereits vor einigen Jahren forcierte Ansatz brachte eine erhebliche Reduktion der Compliance-Aufwendungen für Unternehmen mit sich.
Es ist davon auszugehen, dass es bis zur geplanten Veröffentlichung des überarbeiteten Entwurfs beim G-20-Gipfel im September 2014 in Australien noch zu einigen Änderungen kommen wird. In Anbetracht der Komplexität der Aufgabe und den kontroversen Diskussionen scheint man sich bei der OECD jedoch bereits heute auf eine mehrjährige Fertigstellungsphase der neuen Vorschriften einzustellen.
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