Risikomanagement und das „GehAMPEL um die AMPEL“!?
Risikomanagement betrifft insbesondere den Aufsichtsrat als auch den Vorstand bzw. die Geschäftsleitung. Wer möchte nicht gern alle Risiken im Vorfeld wissen und kennen, so dass gegebenenfalls bereits im Vorfeld alternative Wege eingeschlagen werden?
Risikomanagement Schritt 1: Risikoinventur
Doch ganz langsam: Wie werden Risiken aufgezeigt? Nach innen gerichtet identifiziert optimal jeder Mitarbeiter mögliche Risiken in seinem Aufgabengebiet. Nach außen gerichtet prüfen Fachabteilungen, welche externen Themen sich zu Risiken entwickeln könnten. Dann werden die Risiken im Rahmen einer Risikoinventur gesammelt und kategorisiert. Die Bewertung der Risiken erfolgt manchmal in Zehner-Skalen von „10“ für extremes Risiko bis hin zu „0“ für risikolos. Andere Unternehmen nutzen eine Siebener-Skala, weitere eine Fünfer- oder Dreier-Skala mit Ampelfarben von Rot über Gelb bis hin zu Grün.
Risikomanagement Schritt 2: Risikobewertung
Nun kommt der nächste Schritt. Wer setzt die Kriterien fest, ob eine Ampel auf Rot, Gelb oder Grün schaltet? Manchmal sind diese Kriterien festgesetzte Euro-Beträge, Zeiten oder auch Werte wie CO2. In Unternehmen wird schwer um diese Grenzen gefeilscht, denn wer mag schon gerne eine rote bzw. gelbe Ampel haben, die dann direkt einem Aufsichtsgremium gemeldet wird? In manchen Unternehmen gibt es daher auch die Zusatz-Ampelfarbe ‚rot/gelb gestreift‘ und ‚gelb/grün gestreift‘, also eine Fünfer-Skala. Die Autorin hat auch bereits die Farbe Lila für ein extremes Risiko entdeckt. Doch wird es einfacher, wenn wir einfach mehr Farb-Kategorien bilden? Wieso mögen wir denn keine roten Ampeln? Rot kann mit Risiko, Ungewissheit, Verlust, Angst gleichgesetzt werden. Oder ist Grün nicht heute bereits das neue Rot? Müssen wir uns nicht auch gerade in guten Zeiten fragen, ob unser Geschäftsmodell von anderen Unternehmen disruptiert werden kann? In dem Begriff ‚disrUPtiert‘ versteckt sich das Wort ‚UP‘, also Aufstehen, um einmal Vor-, Nach- und Querzudenken.
Nehmen Ampeln den Entscheidern die Entscheidung ab?
Nicolas Bissantz kritisierte mehrfach, dass Entscheider, die eine Entscheidungshilfe als Ampel erhalten, eigentlich nichts mehr zu entscheiden haben. Wir bekommen eine Ampelfarbe „serviert“ und mit „Zack! Ja, so ist es!“ nehmen wir ohne Weiterzudenken die Farbe einfach hin!? Versetzen wir uns in die Lage eines Aufsichtsrats, Vorstands bzw. der Geschäftsleitung: Sie bekommen eine Vielzahl an Risiken gemeldet und wollen diese miteinander vergleichen, um noch bessere Entscheidungen zu treffen. Meist liegt der Fokus auf den Daten oder den fett markierten, also den hervorgehobenen Werten. Doch wie findet man die richtigen Risiken?
- In manchen Unternehmen werden dann die Risiken nach dem Alphabet sortiert. Dies kann in einigen Bereichen sinnvoll sein. Relevant ist jedoch, dass den erst genannten Aspekten meist mehr Gewicht beigemessen wird, als den später genannten. Ist die Reihenfolge folglich wichtig? Es geht um Relevanz vor Firlefanz. Doch auch hier ist die Frage, welcher Sprache man sich bedient. Werden z. B. Länder sortiert, so steht ein Land an unterschiedlichen Plätzen im Alphabet: In deutscher Sprache ist Deutschland bei ‚D‘, in englischer Sprache bei ‚G‘ für Germany bzw. Österreich bei ‚Ö‘ oder ‚ A‘ für Austria. In der EU wird beispielsweise jedes Land nach Alphabet in seiner Heimatsprache sortiert. Das ist eine Möglichkeit, um eine Gleichrangigkeit zu erzielen. In manchen Bereichen mag dies eine perfekte Sortierung sein, doch es ist nicht immer eine hilfreiche Variante, wenn es z. B. um Euro-Beträge geht.
- Bei Euro-Beträgen wäre es wohl passend, wenn wir eine Ampel hätten. Die meisten Unternehmen nutzen hierzu die absolute Abweichung (Ist-Plan) als auch die relative Abweichung (Ist-Plan/Plan). Nutzen wir dazu eine Fallstudie mit drei Geschäftsfeldern (GF): GF1, GF2 und GF3 (siehe Abb. 1). Wenn wir beispielsweise im GF1 200 EUR eingeplant haben und 150 EUR erzielt haben, so ist die absolute Abweichung -50 ERU und die relative Abweichung beträgt -25 %.
Kleine prozentuale Abweichungen stellen einerseits bei Millionenbeträgen große Einbußen dar; andererseits merkt man diese bei kleineren Beträgen eher nicht. Daher empfiehlt auch Nicolas Bissantz, zusätzlich die gewichtete Abweichung hinzuzunehmen. Diese gute Idee ist recht einfach: Man gewichtet (bzw. multipliziert) den absoluten mit dem relativen Betrag (hier: -50 * -25 %= 13). Das Ergebnis dieser Betrachtung ist, dass sich kritische Geschäftsbereiche genau am Anfang dieser Liste (s. Abb. 1) befinden. Wenden wir den Fokus auf die absolute Abweichung, so ist bei den drei betrachteten Geschäftsfeldern das Geschäftsfeld 1 (GF1) mit -50 EUR das kritischste Geschäftsfeld. Betrachten wir die relative Abweichung, so ist es Geschäftsfeld 3 (GF3) mit – 40%. Werden beide Kriterien - also die absolute als auch die relative Abweichung – berücksichtigt, so ist Geschäftsfeld 3 (GF3) das kritischste Geschäftsfeld mit 16‘. Werden z. B. 20 bis 30 Geschäftsfelder miteinander verglichen, so werden über diese Betrachtung die kritischsten Felder aufgezeigt. Daher empfiehlt die Autorin, alle drei Abweichungen, also die absolute, relative als auch die gewichtete Abweichung parallel aufzuzeigen.
Abb. 1: Vergleich von drei Geschäftsfeldern (GF: GF1, GF2 und GF3) nach absoluten (abs.), relativen (rel.) und gewichteten (gew.) Abweichungen
To Go’s:
- Risikomanagement sieht gern Rot.
- Oder ist auch Grün das neue Rot?
- Und Ihr Controlling rockt mit einem GehAMPEL um die AMPEL!
Der Artikel erschien erstmals im Controller Magazin 5/2020
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