Muss der Controller zur „eierlegenden Wollmilchsau“ werden?

Die Anforderungen der Manager, der Rechnungslegung und der Technik steigern die Anforderungen an den Controller. Aber wie können diese Volatilität, IFRS und Big Data gleichzeitig in den Griff bekommen? Mit dieser Problematik setzen sich ein Praxisvortrag und eine hochkarätige Diskussionsrunde auseinander.

Wie sieht der Business Partner in der Praxis aus?
Die Rolle als Business Partner hat weiterhin eine große Bedeutung im Finance-Bereich, wie Kai Grönke festgestellt hatte. Doch wie sieht das in der Praxis aus? Diese Frage beantwortete Dr. Kai Scholl, CFO der EUCHNER GmbH & Co. KG, der die Veränderung der Controllerrolle in seinem Unternehmen beschrieb. Verschiedene Trends im Unternehmensumfeld von EUCHNER, wie zunehmende Marktunsicherheiten, eine fortschreitende Internationalisierung und die Verhinderung lokaler Betriebsoptima zulasten des Konzernoptimums, stellten die Angemessenheit des vorhandenen Controlling-Systems samt der zentralen Steuerungs- und Prognoseinstrumente infrage. Aus diesem Grund wurde die Controllingleistung von der bloßen Bewertung und Analyse von Daten hin zur aktiven Gestaltung von Unternehmensprozessen. Möglich wurde dies dank erfahrenen Mitarbeiters im Controllingbereich, der über sehr gute Prozess-, Daten- und IT-Kenntnisse verfügte.

Für diese Umstellung mussten die notwendigen Kapazitäten in der Controlling-Abteilung geschaffen werden. Dazu wurden vorhandene grundlegende Controlling-Funktionen effizienter gestaltet, u. a. durch die

  • „Vereinfachung des Berichtswesens,
  • Verlängerung des Berichtsrhythmus,
  • Automatisierung und
  • die Verschlankung des Planungsprozesses.“

Dabei galt die übergeordnete Devise, dass keine Informationen generiert werden sollten, die anschließend nicht von Interesse für das Management sind.

Heute beinhaltet das Controlling bei EUCHNER ein gesondertes Beteiligungs-Controlling, ein Risikomanagement und die klare Trennung zwischen Standard- und Ad hoc-Auswertungen. Darüber hinaus steht bei dem produzierenden Unternehmen der stetige Ausbau der operativen Exzellenz im Mittelpunkt des Controllings. Dazu nannte Dr. Scholl die folgenden Inhalte:

  • „Outsourcing von Tätigkeiten der mechanischen Vorfertigung,
  • Reduzierung der Durchlaufzeit der auftragsbezogenen Fertigung,
  • Einführung von und Steuerung der Kanban-Kreisläufe,
  • Automatisierung des Lagers,
  • Verzahnung von Lager- und Produktionslogistik,
  • Jour fixe Produktentwicklung und
  • Aufbau technischer Projekteinkauf.“

Durch die Neuausrichtung des Controllings und die zusätzlich wahrgenommenen Rollen der Controller ist die Controlling-Abteilung von EUCHNER nicht nur dazu in der Lage, die primären Wertschöpfungsprozesse kontinuierlich zu überwachen und somit zur Sicherstellung der operativen Exzellenz beizutragen, sondern auch Fragen im Hinblick auf die zukünftige Ausgestaltung der Marktstellung und Wettbewerbsvorteile zu beantworten.

Das Unternehmen
Die EUCHNER GmbH & Co. KG ist ein international aufgestelltes mittelständisches Familienunternehmen, das sich auf die Herstellung von Produkten für den Maschinen- und Anlagenbau spezialisiert hat.

Und wollen wirklich alle den Business Partner?
In der abschließenden Podiumsdiskussion mit Dr. Kai Scholl, Kai Grönke, Prof. Dr. Ronald Gleich (EBS Business School/Horváth AG) und Michael Heist (HOMAG AG) steht wieder der Business Partner im Fokus. Dr. Scholl nennt Charisma, Kommunikationsfähigkeit und Geschäftskenntnis als wichtige Eigenschaften. Eine weitere Erfolgsvoraussetzung ist die Unterstützung durch CEO und Topmanagement. Michael Heist sieht den Biltroller gefordert, der Experte für Controlling und externe Rechnungslegung ist. Dabei sind seiner Meinung nach viele Controller überfordert. Diese Gefahr sieht Kai Grönke auch beim neuen Thema Big Data, wenn die Controller zusätzlich als Data Scientists tätig werden sollen.

Um der Überforderung als „eierlegende Wollmilchsau“ zu entgehen, empfahl Ronald Gleich den Controllern eine Spezialisierung. Nicht jeder muss alles können. Und nicht jeder muss Business Partner werden. Viele Controller, die aus der Datenaufbereitung kommen, sind für diese Rolle nicht geeignet. Hinzu kommt, so Gleich, will nicht jeder Manager einen Controller als Business Partner.

Organisatorische Zuordnung
Moderator Prof. Christof Schimank stellte die Frage nach der organisatorischen Zuordnung der Controller. Einigkeit bestand bei der Anforderung, die Controller müssen „nah am Business sitzen“. Hierzu empfahl Prof. Gleich eine disziplinarische Zuordnung im Controllingbereich, um die Standards bei den Controllingprozessen zu sichern. Gleichzeitig sollten dezentrale Controller in Werken oder Vertriebsniederlassungen die dortigen Verantwortlichen als ihre „Kunden“ betrachten. Eine noch stärkere Managementorientierung, so Herr Heist, zeigt sich z. B. bei Rolls Royce Power Systems, wo die Controller nicht dem CFO, sondern dem CEO zugeordnet sind.

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