Compliance und Führung im Mittelstand

Multifunktionalität – insbesondere im Mittelstand und in kleineren Konzerngesellschaften werden oft Personen zum Compliance-Verantwortliche bestimmt, die daneben eine andere Rolle im Unternehmen wahrnehmen, wie z.B. Justiziar, Finanzleiter oder Personalleiter.

Wie können diese unterschiedlichen Rollen unter einen Hut gebracht werden? Geht das überhaupt und was gilt es zu beachten?

Viele Hüte auf einem Kopf – Multifunktionalität ist eine Herausforderung im Compliance-Management

In der Praxis trifft man immer wieder auf Compliance-Verantwortliche, die neben Compliance noch ganz andere Rollen im Unternehmen wahrnehmen. Oft ist dies z.B. in mittelständischen Unternehmen der Fall, wenn z.B. das Compliance Management System (CMS) zunächst von einer mit den Arbeitsabläufen vertrauten Person aufgebaut werden soll und dann später an einen Fachmann übergeben werden. In Konzernunternehmen trifft man Compliance-Verantwortliche mit zusätzlichen Rollen ebenfalls an. Eine häufig anzutreffende Ausprägung von Compliance-Organisationen in Konzernen ist, dass eine zentrale Einheit mit Vollzeit-Compliance-Officern besetzt ist und durch Teilzeit-Compliance Manager in den Konzerngesellschaften unterstützt wird. Letztere sind dann in der Regen primär in anderer Funktion tätig wie z.B. als Justiziar, Finanzleiter oder Personalleiter.  Aus dieser Häufung und Konkurrenz von Funktionen ergeben sich verschiedene Herausforderungen für das CMS, das Unternehmen und die Führung insgesamt. Diese sind beispielsweise:

  1. Fachwissen: Wie wird sichergestellt, dass für die Ausübung der Funktion das nötig Fachwissen vorhanden ist? Es kann nicht erwartet werden, dass jemand in allen Fachbereichen, die er abdecken soll, ein Experte ist. Dennoch muss das notwendige Fachwissen erworben werden. Wie kann das bewerkstelligt werden?
  2. Prioritäten: Nicht ohne Grund spricht der Volksmund abschätzig vom „Diener zweier Herren“. Wer mehrere Aufgaben erfüllen soll, wird an verschiedenen Stellen Zielkonflikte vorfinden und entscheiden müssen, welcher Aufgabe Vorrang einzuräumen ist.
  3. Unterstützung: Unvermeidbar werden die unterschiedlichen Rollen an verschiedenen Stellen zueinander in Konkurrenz treten. Was passiert beispielsweise, wenn ein Compliance-Fall kurz vor der Frist für den Jahresabschluss auftritt und der Finanzdirektor gleichzeitig Compliance-Verantwortlicher ist? Das kann dann in der Regel nicht allein abgearbeitet werden. Wer kann dann unterstützen?

Neben anderen Herausforderungen durch die Mutifunktionalität von Compliance-Verantwortlichen, müssen mindestens die angesprochenen Herausforderungen Fachwissen, Priorität und Unterstützung gemeistert werden. Was kann hierfür getan werden?

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Compliance Management durch Multifunktionalität meistern

Grundsätzlich gibt es keinen Königsweg, um die beschriebenen Herausforderungen zu meistern. Angemessene Lösungen hängen ab von Faktoren wie den beteiligten Personen, der Unternehmenskultur oder der Organisation. Folgende Maßnahmen haben sich aber regelmäßig als hilfreich erwiesen:

1. Aufbau von Compliance-Fachwissen: 

Um in kleineren Unternehmenseinheiten erfolgreich Compliance-Management zu betreiben, muss kein Compliance-Studiengang absolviert werden. Trotzdem muss ein angemessenes Training stattfinden.

  • Fachbücher, -zeitschriften und -blogs sind ein guter Einstieg. Verschiedene Einführungswerke zu Compliance-Management existieren und vermitteln einen guten Überblick. Lassen Sie sich eins empfehlen und lesen Sie es aufmerksam.
  • Zusätzlich gibt es zahlreiche kostenpflichtige aber auch kostenlose Online-Trainingsangebote von spezialisierten Dienstleistern. Nutzen Sie diese.
  • Verschiedene Dienstleister und Berater veranstalten regelmäßig Fachkonferenzen oder -vorträge. Diese sind für Sie meist kostenlos. Auch wenn nicht immer alle Vorträge auf höchstem Niveau sind und Sie damit rechnen müssen als potentieller Kunde ins Visier genommen zu werden, vermitteln diese Veranstaltungen doch recht schnell einen guten Überblick. Außerdem können Sie hier ein Netzwerk zu Dienstleistern und anderen Compliance-Verantwortlichen aufbauen.
  • Denken Sie immer daran: Sie sind nicht der erste, der sich mit Compliance beschäftigt. Bauen Sie ein Netzwerk auf und nutzen Sie den Austausch, um Ihre Wissenslücken zu schließen. Auf Fachkonferenzen oder auch in Compliance-Verbänden treffen Sie Gleichgesinnte.
  • Zahlreiche Dienstleister bieten auch Newsletter an. Abonnieren Sie passende und bleiben Sie auf dem Laufenden.

2. Bilden Sie Prioritäten vorab: 

Haben Sie keine Angst davor Prioritäten zu bilden. Tun Sie dies in Abhängigkeit vom Risiko und vor allen Dingen, tun Sie es vorab und nicht erst in der Situation.

  • Besprechen Sie mit Ihrem Vorgesetzten die Kriterien für Prioritäten, z.B. Compliance-Vorfälle haben immer Priorität. Aber Freigaben von Geschenken könne warten. Kommunizieren Sie die Kriterien und sichern Sie sich das Einverständnis Ihrer Stakeholder.
  • Schaffen Sie frühzeitig Räume für Compliance-Management indem Sie z.B. einen Jahresplan erstellen. So können Sie z.B. von vornherein Compliance-Trainings oder Risiko-Workshops für den Spätsommer/Herbst anvisieren, während der Jahresabschluss zu Jahresbeginn geplant wird.
  • Setzen Sie sich in ihrem Kalender feste Zeiten für Compliance. Beispielsweise ein Serientermin mit 30min jeden Nachmittag für die Beantwortung von Compliance-Anfragen. Wenn Sie einmal keine Anfragen erhalten, finden Sie sicherlich auch etwas anders zu tun oder machen früher Feierabend. Wenn Sie aber den ganzen Tag verplant haben, finden Sie wahrscheinlich spontan keine Zeit mehr für Compliance-Anfragen.

3. Fordern Sie Unterstützung ein: 

Trotz sorgfältigster Planung werden Sie immer wieder einmal nicht alleine zurechtkommen. Das ist normal. Akzeptieren Sie das. Das hat sogar einen Vorteil: So ist das ganze Unternehmen und insbesondere die Führung gezwungen, Compliance als Gemeinschaftsaufgabe wahrzunehmen und die Verantwortung nicht beim Compliance-Verantwortlichen abzuladen. Dies sollte für jeden Compliance-Verantwortlichen ohnehin das angestrebte Ziel sein. Multifunktionalität ruft es ins Gedächtnis und sollte genutzt werden, um Compliance in die bestehenden Unternehmensprozesse weitestgehend zu integrieren. Das kann z.B. dadurch geschehen, dass Führungskräfte verpflichtet werden Compliance-Trainings sicherzustellen und mache Aufgaben an andere Abteilungen ausgelagert werden (z.B. Untersuchungen von Verdachtsfällen an die Revision).

Zusammenfassung

Compliance ist eine Gemeinschaftsaufgabe für das ganze Unternehmen! Multifunktionalität kann dies betonen helfen. Das ist aber nur möglich in Unternehmen, in denen die Führungskräfte hinter Compliance stehen. Fordern Sie das Commitment aller Stakeholder und planen Sie rechtzeitig. Dann ist sichergestellt, dass Compliance neben anderen Unternehmensfunktionen nicht verblasst und Sie Ihre Aufgaben auch tatsächlich nachkommen können.

Schlagworte zum Thema:  Compliance-Management