Zusammenfassung

 
Überblick

Compliance-Schulungen sind fester Bestandteil jedes Compliance Management Systems beziehungsweise des daraus abgeleiteten Compliance-Programms eines Unternehmens. Sie sollen Mitarbeiter mit den einschlägigen gesetzlichen Rahmenbedingungen, internationalen Standards und internen Richtlinien des Unternehmens vertraut machen. Damit dienen sie in erster Linie der Prävention. Ziel ist es, den Mitarbeitern konkrete, regelkonforme Verhaltensstandards für alle Situationen des täglichen Geschäfts beizubringen.

Voraussetzung für eine sinnvolle Compliance-Schulung ist es, dass das Unternehmen ein Compliance-Programm mit konkreten (Arbeits-)Richtlinien definiert hat. Einfache Compliance-Programme sind regelbasiert, integrierte Compliance-Programme wertebasiert. Ein primär regelbasierter Ansatz bezweckt, durch konkrete Richtlinien Geschäftsrisiken im Bereich Compliance zu begegnen. Risikominimierung ist an sich kein schlechtes Argument, um Mitarbeiter von der Einhaltung des Compliance-Programms zu überzeugen. Das gilt insbesondere, wenn das Compliance-Programm Geschäftsrisiken und persönliche Risiken der Mitarbeiter gleichermaßen adressiert. Ob sich eine echte Compliance-Kultur allein mit einem regel- und risikobasierten Ansatz etablieren lässt, ist jedoch zweifelhaft. Regeln treten allzu leicht in den Hintergrund oder werden umgangen, wenn Geschäftschancen im Vergleich zu Compliance-Risiken aus Sicht der Handelnden überwiegen. Mitarbeiter in China befinden sich häufig im Zielkonflikt zwischen kurzfristigen Geschäftserwartungen, ihrem davon abhängigen Gehalt (Bonus) und Compliance. Da Mitarbeiter in China viel häufiger das Unternehmen wechseln als in Deutschland, können sie mittelfristigen und langfristigen Compliance-Risiken leichter entgehen als Mitarbeiter hierzulande. Richtigerweise kann es keine Toleranz für Compliance-Verstöße geben. Das folgt nicht nur aus den mittlerweile erheblich gestiegenen Ermittlungs- und Verfolgungsrisiken in China. Es ist auch das Gebot einer nachhaltigen und langfristigen Geschäftspolitik. Materiellen Schutz vor Compliance-Risiken über eine bloße "Compliance auf dem Papier" hinaus bietet nur ein wertebasierter Ansatz. Klar kommunizierte Werte schaffen eine Compliance-Kultur. Sie geben Richtung, insbesondere in Situationen im Graubereich. Wer Werte als für sich verbindlich anerkennt und übernimmt, wird aus Überzeugung richtig handeln und nicht nur, um Sanktionen zu entgehen.

Welches sind die Werte, die einer Compliance-Kultur in China zugrunde gelegt werden können? Kann ein deutsches Unternehmen oder ein multinationaler Konzern angesichts unterschiedlicher Wertesysteme im Westen und in China eine unternehmensweite, einheitliche Compliance-Kultur etablieren? Das sind Leitfragen für Punkt 1 "Compliance-Kultur". Punkt 2 "Compliance-Schulungen" enthält Vorschläge aus der Praxis für ein sinnvolles Trainingskonzept in China. Rechtlich gesehen sind Werte und eine Compliance-Kultur allein natürlich keine hinreichende Basis, um ein Compliance-Programm auch arbeitsrechtlich durchsetzbar zu machen. Punkt 3 "Arbeitsrechtliche Aspekte und Sanktionen" skizziert daher relevante arbeitsrechtliche Aspekte in China.[1]

[1] Entnommen aus: Stucken/Senff (Hrsg.), Compliance Management in China, 1. Aufl. 2015.

1 Compliance-Kultur

1.1 Werte und kulturelle Rahmenbedingungen

"Eine anständige Art der Geschäftsführung ist auf die Dauer das Einträglichste, und die Geschäftswelt schätzt eine solche viel höher ein, als man glauben sollte." Mit diesem Zitat kann Robert Bosch[1] als einer der Vordenker für Compliance in Deutschland gelten. Die hieraus ableitbaren Werte Integrität und Nachhaltigkeit bestimmen auch heute die Compliance-Kultur westlicher Unternehmen.[2] Im Rahmen der Unternehmenskultur kommen Werte wie Verantwortung, Vertrauen, Respekt und Mut hinzu.[3] Inhaltlich sind die Werte Integrität und Verantwortung jedenfalls in Deutschland also keine Modeerscheinung. Aber handelt es sich um spezifisch westliche Werte? Im Rahmen eines Besuchs der Rechtsabteilung des chinesischen Staatskonzerns Sinopec habe ich einen Glasstein mit den "Sinopec Compliance Kultur Prinzipien" erhalten. Darauf steht sinngemäß: "Im Einklang mit dem Gesetz, Compliance, Gerechtigkeit und Integrität".[4] BASFs jüngster Joint-Venture-Partner in China, das privat geführte Unternehmen Markor, mit dem BASF im Jahr 2014 zwei Gemeinschaftsunternehmen gegründet hat, zählt "Verantwortung" zu seinen vier Unternehmenswerten.[5] Auf den Wert "verantwortungsvoll" gründet auch BASF ihr globales Compliance-Programm.[6] Sinopec und Markor sind nur zwei Beispiele von vielen aus China. Sie zeigen, dass Grundwerte auch mit Blick auf China sehr wohl unternehmensweit einheitlich definiert werden können.

Globale Grundwerte müssen allerdings sorgfältig vor dem Hintergrund der verschiedenen Kultursysteme und Denkweisen ausgesucht werden. Sie sollten zugleich hinreichend allgemein, um lokal mit Leben gefüllt werden zu können, und hinreichend konkret sein, um eine einheitliche, identitätsstiftende Unternehmenskultur scha...

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