Der organisatorische Aufwand, z. B. für die zeitliche Abstimmung zwischen Trainer und Mitarbeitern, und die Kosten, z.B. für die Anmietung geeigneter Räumlichkeiten oder Reisekosten, lassen webbasierte Trainings im Intra- oder Internet (e-Trainings) immer beliebter werden. Ohne Frage bieten e-Trainings einige Vorteile: Zunächst lässt sich jeder Mitarbeiter in China, der einen Internet-Zugang besitzt, mit exakt der gleichen Botschaft und den gleichen Inhalten unabhängig vom jeweiligen Arbeitsort erreichen. Mitarbeiter sind flexibel, wann und wo sie das e-Training absolvieren möchten. Meistens besteht die Möglichkeit, das e-Training auch in mehreren Etappen abzuarbeiten, sodass Terminabstimmungen und Unterbrechung von Arbeitsabläufen entfallen. Zugangsbeschränkungen (username und password) helfen, die Teilnahme aller Mitarbeiter elektronisch zu erfassen und zu dokumentieren. Damit können auch Mitarbeiter identifiziert werden, die Trainings nicht oder nicht in dem dafür vorgesehenen Zeitrahmen absolvieren. Beinhalten e-Trainings abschließende Tests, sollte das erfolgreiche Bestehen des Tests ebenfalls dokumentiert oder andernfalls der Mitarbeiter erneut zum e-Training eingeladen werden. Eine statistische Auswertung der Daten aller Teilnehmer gibt zusätzlich Aufschluss über Problembereiche des Compliance-Programms und Verbesserungsmöglichkeiten.

Inhalte von e-Trainings sollten zusammen mit der Kommunikations- und Personalabteilung didaktisch professionell ausgearbeitet werden. Dabei kann der Tone from the Top wirkungsvoll mit einer Videobotschaft des Managements am Anfang des e-Trainings verbreitet werden. Neben dem Management der chinesischen Organisation sollte auch das Konzernmanagement am globalen Sitz zu Wort kommen. Typische Risikosituationen können als Fallbeispiele in kurzen Filmen präsentiert und dann anhand der Compliance-Regeln des Unternehmens einer adäquaten Lösung zugeführt werden. Idealerweise werden Mitarbeiter in die Lösung des konkreten Falls durch Quiz- bzw. Testfragen selbst mit eingebunden. Am Ende des e-Trainings helfen Abschlusstests, das erlangte Wissen zu überprüfen. Selbstverständlich sollten e-Trainings neben Englisch auch in chinesischer Sprache angeboten werden.

Neben hausgemachten Compliance-e-Trainings gibt es spezialisierte Agenturen, die diese professionell anbieten. Zwei Aspekte gilt es in diesem Zusammenhang besonders zu beachten: Erstens wird ein globales oder auch regionales Trainingsmodul regelmäßig erhebliche Lücken bei der Aufarbeitung und Vermittlung spezifischer Risikosituationen in China aufweisen. Dies gilt unabhängig davon, ob das e-Training vom Unternehmen selbst erstellt oder von einer Agentur erworben wird. Praktisch höchst relevante Fragen, beispielsweise wie ein Mitarbeiter mit "Hongbaos" umgehen soll oder wie das Unternehmen dem Missbrauch von "Fapiaos" begegnet, bleiben bei globalen Standardlösungen ungeklärt.[1] Stattdessen stehen mit dem Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) oder dem UK Bribery Act (UKBA) häufig Gesetze im Vordergrund, deren Relevanz für Mitarbeiter in China nicht unmittelbar verständlich ist. E-Trainings, die anstelle von Präsenzschulungen angeboten werden, sollten daher unbedingt speziell für Mitarbeiter in China erarbeitet werden. Etwas anderes mag gelten, wenn e-Trainings zusätzlich zu Präsenzschulungen angeboten und daher global oder regional ausgerollt werden. Zweitens lässt sich mit einer Standardlösung einer Agentur eine unternehmensspezifische Compliance-Kultur nicht transportieren. Eine Agenturlösung sollte daher in jedem Fall angepasst oder besser noch maßgeschneidert sein. Es empfiehlt sich, auch hier eine Videobotschaft des Managements einzubauen und das Compliance-Programm des Unternehmens vorzustellen. Im Idealfall werden auch Falllösungen nicht nur anhand der Gesetze, sondern konkret auf der Basis des Code of Conduct und der Compliance-Richtlinien des Unternehmens erarbeitet.

E-Trainings können Mitarbeiter ohne Internet-Zugang nicht erfassen. Das betrifft meistens Arbeiter in der Produktion und andere niedrigere Positionen, in denen Mitarbeiter regelmäßig keinen direkten Kontakt mit Kunden, Geschäftspartnern und Behörden haben. Dieser Mitarbeiterkreis liegt häufig nicht im Fokus von Compliance Trainings und wird daher vernachlässigt. Das ist allerdings bedenklich. Um eine unternehmensweite, identitätsstiftende Compliance-Kultur zu etablieren, sollten grundsätzlich alle Mitarbeiter geschult werden. Das geht nur durch Präsenzschulungen. Sie bieten weitere wichtige Vorteile: Es ist möglich, während der Schulungen Fragen zu stellen und Erfahrungen mit Kollegen auszutauschen. Auch im Nachgang der Schulung können Mitarbeiter das Erlernte mit Kollegen weiter reflektieren. Der Kontakt zum Trainer erleichtert den Schritt, künftige Problemsituationen und Fragen direkt mit dem Trainer oder dem Compliance Officer und seiner Organisation aufzugreifen. Das Training schafft hierfür das nötige Vertrauen. Außerdem lässt sich in der Diskussion kon...

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