Homeoffice: Arbeitsstättenverordnung für Telearbeit

Die zunehmende Flexibilisierung der Arbeitswelt bringt eine steigende Zahl von Homeoffice-Arbeitsplätzen mit sich. Diese stellen den Arbeitgeber auch vor rechtliche Herausforderungen, vor allem beim Arbeitsschutz.

Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) definiert in § 2 Abs. 7 Telearbeitsplätze als vom Arbeitgeber "fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat".

Homeoffice gleich Telearbeitsplatz?

Die Mehrzahl der Homeoffice-Arbeitsplätze müsste im Zeitalter der Digitalisierung sicher als Telearbeitsplatz bezeichnet werden. Die Realität sieht jedoch noch anders aus: Viele Homeoffice-Arbeitsplätze entsprechen den Kriterien der ArbStättV nicht, weil z. B. nur zeitweise Arbeit im heimatlichen "Büro" gearbeitet wird oder der Arbeitsplatz nicht vom Arbeitgeber eingerichtet wurde.

Arbeitsstättenverordnung und Homeoffice

Arbeitsschutz muss an allen Arbeitsplätzen des Unternehmens stattfinden, damit selbstverständlich auch an Telearbeitsplätzen. Nach § 2 Abs. 7 ArbStättV ist ein Telearbeitsplatz vom Arbeitgeber erst dann eingerichtet, "wenn Arbeitgeber und Beschäftigte die Bedingungen der Telearbeit arbeitsvertraglich oder im Rahmen einer Vereinbarung festgelegt haben und die benötigte Ausstattung des Telearbeitsplatzes ... durch den Arbeitgeber oder eine von ihm beauftragte Person im Privatbereich des Beschäftigten bereitgestellt und installiert ist".

Damit würden z. B. Homeoffice-Arbeitsplätze, an denen Mitarbeiter mit einem – möglicherweise durch den Arbeitgeber gestellten PC – am eigenen Schreib- oder Küchentisch arbeiten, nicht dem Arbeitsschutz unterliegen – und damit die Vorgaben der ArbStättV gar nicht gelten. Aus § 618 Abs. 1 BGB und der europarechtskonformen Auslegung von § 2 ArbStättV ergibt sich jedoch, dass Telearbeitsplätze auch dann vorliegen, wenn keine vollständige Einrichtung durch den Arbeitgeber erfolgt ist.

Eindeutig keine Telearbeitsplätze liegen dann vor, wenn Arbeitnehmer – auch häufiger – an alternierenden Plätzen, wie z. B. in Hotelzimmern, arbeiten. Auch die Arbeit am Laptop im Dienstwagen ist keine Telearbeit, weil der Dienstwagen ein klassischer, wenn auch beweglicher, Arbeitsplatz ist.

Wie Arbeitsschutz an Homeoffice-Arbeitsplätzen funktioniert

Arbeitsschutz-Maßnahmen sind erst dann sinnvoll durchzuführen, wenn an den Arbeitsplätzen eine Gefährdungsbeurteilung stattgefunden hat. Diese Erstbeurteilung soll dem Arbeitgeber eine Einschätzung gestatten, welche besonderen gesundheitlichen Risiken vorhanden sind, um auf diese dann mit entsprechenden Maßnahmen reagieren zu können. § 1 Abs. 3 ArbStättV beschränkt bei Telearbeitsplätzen die Gefährdungsbeurteilung allerdings auf eine reine Erstbeurteilung.

Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung sind die Umsetzung erforderlicher Schutzmaßnahmen und Unterweisungen, die selbstverständlich auch für Telearbeitnehmer in geeigneter Form durchzuführen bzw. zu wiederholen sind. Ergibt sich im Zuge der Erstbeurteilung, dass der Homeoffice-Arbeitsplatz aus Gründen des Gesundheitsschutzes nicht geeignet ist (z. B. ungeeignete Möbel, schlechte Beleuchtung), müssen entsprechende Maßnahmen ergriffen werden, die der Arbeitgeber vorschlagen und ggf. auch finanzieren muss.

Arbeitsschutzmaßnahmen an Telearbeitsplätzen durchsetzen

Telearbeitsplätze sind eine echte Herausforderung für den Arbeitsschutz, weil der Zugang, wie auch die regelmäßige Überwachung sich aus rechtlichen Gründen als ausgesprochen schwierig gestalten kann.

Um eine Erstbeurteilung überhaupt durchführen zu können, muss der Arbeitgeber bzw. eine von ihm benannte Person den Arbeitsplatz betreten und dem Arbeitnehmer Anweisungen geben können. Eine gesetzliche Verpflichtung des Telearbeitnehmers, dem Arbeitgeber einen Zutritt zu gewähren, besteht nicht, weil diese gegen Art. 13 Abs. 1 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung) verstoßen würde. Damit verbleiben noch kollektive oder individuelle Vereinbarungen.

Betriebsvereinbarung zum Homeoffice?

Arbeitsschutz ist oft im Wege der betrieblichen Mitbestimmung durch eine Betriebsvereinbarung geregelt. Auch das "Ob" und "Wie" von Telearbeit kann Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Konkrete Regelungen zum Zutrittsrecht des Arbeitgebers in einer Betriebsvereinbarung wären allerdings rechtswidrig und für den Arbeitnehmer unverbindlich, weil auch kollektive Vereinbarungen Grundrechte nicht einschränken können.

Die ArbStättV schlägt stattdessen eine individuelle Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch zu den "Bedingungen der Telearbeit" vor. Das kann der Arbeitsvertrag oder eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag sein. In dieser sollen die Umstände der Telearbeit geregelt werden, somit auch Details zum Arbeits- und Gesundheitsschutz an Telearbeitsplätzen. Damit geht ein Grundrechtsverzicht einher. Grundsätzlich kann ein Bürger – auch durch einen privatschriftlichen Vertrag – auf seinen Grundrechtsschutz verzichten. Das ist allerdings abhängig davon, wie stark das Grundrecht schützt und ob durch dieses Grundrecht auch Dritte geschützt werden.

Der Schutz der eigenen Wohnung ist eines der stärksten Schutzrechte im Grundgesetz, das vor allem auch drittschützend ist (Familie, andere Mitbewohner). Es ist davon auszugehen, dass eine solche Vereinbarung gegen § 134 BGB verstößt und damit rechtswidrig ist, d. h. für den Arbeitnehmer unverbindlich wäre. Aus dem privatrechtlichen Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme (§§ 241 Abs.2, 242 BGB) leitet sich jedoch eine Verpflichtung des Arbeitnehmers ab, an arbeits- und gesundheitsschützenden Maßnahmen mitzuwirken, also auch zumindest eine Erstbeurteilung zu dulden. Das muss in geeigneter Form schriftlich zwischen den Parteien vereinbart werden. Es ist dringend davon abzuraten, diesen Komplex gar nicht zu regeln.

Überwachung des Arbeitsschutzes und Meldung von Arbeitsunfällen bei der Telearbeit

Die Unterweisung des Telearbeitnehmers aufgrund der Erstbeurteilung kann schriftlich oder persönlich im Stammbetrieb erfolgen.

Die Unterweisung muss regelmäßig wiederholt werden, spätestens dann, wenn ein besonderes Erfordernis eintritt, wie z. B. eine Veränderung der Arbeitsbedingungen (z. B. ein Umzug oder eine Verlagerung des Homeoffice in einen anderen Raum). Auch hierzu empfiehlt sich eine vertragliche Regelung.

Verstöße gegen diese Auflagen sind – wie bei jedem anderen Arbeitnehmer – Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften, die arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können.

Auch am Telearbeitsplatz sind Arbeitsunfälle möglich. Wegen der Meldeverpflichtungen des Arbeitgebers gegenüber der Berufsgenossenschaft muss auch der Telearbeitnehmer verpflichtet werden, diese dem Arbeitgeber zu melden.