Zusammenfassung

 
Überblick

Nach dem Ende der Corona-Pandemie, die auch das Arbeitsleben erheblich beeinflusst hat, kehren alle Beteiligten zur "Normalität" zurück. Wirklich alle? Keinesfalls, denn das, was in vielen Unternehmen vor Corona noch undenkbar war, ist heute vielerorts zum Standard geworden – die mobile Arbeit, v. a. die Arbeit im Homeoffice. Statistiken sprechen von mittlerweile über 25 % der Beschäftigten, die im Homeoffice ständig oder überwiegend arbeiten. Ein Faktor von Arbeit 4.0, die u. a. für eine zunehmende Flexibilisierung der Arbeitswelt steht, ist damit Realität geworden. Diese Umstände stellen den Arbeitgeber nicht nur vor organisatorische, sondern in verschiedenen Bereichen auch vor rechtliche Herausforderungen. Vor allem muss an diesen Arbeitsplätzen auch der Arbeitsschutz gewährleistet sein. Was sich praktisch wenig problematisch anhört, ist in seinen rechtlichen Dimensionen ein nicht zu unterschätzendes Problem.

1 Was ist eigentlich ein Homeoffice-Arbeitsplatz?

Mit der Neuordnung der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) vom November 2016 (Art. 1 der VO zur Änderung von Arbeitsschutzverordnungen, BGBl. I 2016, S. 2681) wurde eine gesetzliche Definition von Telearbeitsplätzen in die ArbStättV eingeführt (§ 2 Abs. 7 ArbStättV). Telearbeitsplätze sind danach "vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat".

Die Mehrzahl der Homeoffice-Arbeitsplätze könnte im Zeitalter der Digitalisierung damit als Telearbeitsplatz bezeichnet werden. Die Realität sieht jedoch noch anders aus, da wohl eine Vielzahl der derzeitigen Homeoffice-Arbeitsplätze nicht vollumfänglich den Kriterien des § 2 Abs. 7 ArbStättV entspricht (nur zeitweise Arbeit im heimatlichen "Büro", keine Einrichtung des Arbeitsplatzes durch den Arbeitgeber usw.).

Die Arbeit im Homeoffice ist nach den Herausforderungen der Corona-Pandemie zum Standard geworden. Für viele Arbeitnehmer ist Homeoffice die perfekte Möglichkeit, eine sog. optimale "Work-Life-Balance" zu finden. Für moderne Unternehmen, in denen die gute alte Stechuhr von einer zielorientierten Vertrauenskultur abgelöst wurde, handelt es sich bei Tele- und mobiler Arbeit um eine sinnvolle Verlagerung von teurer Büroraumvorhaltung hin zu flexibler Nutzung dieser teuren Flächen. Allerdings ist diese Form der Arbeit nicht unumstritten. Misstrauische Vorgesetzte fürchten den Kontrollverlust und Arbeitnehmervertreter u. a. die soziale Vereinsamung.

So ist es fast schon folgerichtig, dass mobile Arbeit dort gesetzlich definiert wurde, wo der Arbeitsschutz ansetzt. Dem Gesetzgeber war schon immer bewusst, dass diese Arbeit nicht weniger gesundheitliche Risiken birgt als die "klassischen Arbeitsplätze", es allein schon deswegen einer speziellen gesetzlichen Regulierung bedarf.

Mit dem sog. "Betriebsrätemodernisierungsgesetz" vom 17.6.2021 hat der Gesetzgeber die "mobile Arbeit" (die über klassische Telearbeitsplätze hinausgeht) gesetzlich anerkannt und den Betriebsräten ein Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung dieser Arbeitsplätze zugestanden (§ 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG). Daraus ergibt sich wohlgemerkt kein individueller Anspruch eines Arbeitnehmers auf die Möglichkeit, mobile Arbeit durchzuführen und keine Möglichkeit der Betriebsräte, diese kollektiv zu erzwingen!

2 Arbeitsschutz an Homeoffice-Arbeitsplätzen

2.1 Arbeitsschutz an jedem Telearbeitsplatz?

Arbeitsschutz nach den §§ 1 ff. ArbSchG hat an allen Arbeitsplätzen des Unternehmens stattzufinden, damit selbstverständlich auch an Tele- und mobilen Arbeitsplätzen. Über die o. g. Definition hinaus schreibt § 2 Abs. 7 ArbStättV vor, dass ein Telearbeitsplatz vom Arbeitgeber erst dann eingerichtet ist, "wenn Arbeitgeber und Beschäftigte die Bedingungen der Telearbeit arbeitsvertraglich oder im Rahmen einer Vereinbarung festgelegt haben und die benötigte Ausstattung des Telearbeitsplatzes mit Mobiliar, Arbeitsmitteln einschließlich der Kommunikationseinrichtungen durch den Arbeitgeber oder eine von ihm beauftragte Person im Privatbereich des Beschäftigten bereitgestellt und installiert ist". Damit würden z. B. Homeoffice-Arbeitsplätze nicht dem Arbeitsschutz unterliegen, an denen Mitarbeiter mit einem – möglicherweise auch durch den Arbeitgeber gestellten PC – am eigenen Schreib- oder Küchentisch arbeiten. Gerade diese "Arbeitsplätze" werden jedoch die Mehrzahl der Homeoffice-Arbeitsplätze sein. An diesen würden dann die Vorgaben der ArbStättV nach der gesetzlichen Definition gar nicht gelten.

Das jedoch wird der Gesetzgeber nicht gewollt haben, ohne das Problem konkret benannt zu haben. Man behilft sich in der juristischen Praxis damit, auch an diesen Arbeitsplätzen eine Verpflichtung zum Arbeitsschutz zu bejahen, entweder dadurch,

  • dass man diese aus § 618 Abs. 1 BGB ("Der Dienstberechtigte hat Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, s...

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