Telediagnostik und Fernbehandlung durch den Betriebsarzt optimieren
Oft haben virtuell Beschäftigte, wie Beschäftigte im Homeoffice- oder Außendienstmitarbeitende, Schwierigkeiten, einen Termin mit dem Betriebsarzt zu vereinbaren. Auch andere arbeitsmedizinische Beratungen oder Behandlungen sind für sie häufig schwer wahrzunehmen. Eine Antwort auf diese Herausforderung kann in der Weiterentwicklung der digitalen Vernetzung zwischen diesen Beschäftigten und dem Betriebsarzt liegen.
Gesundheitsdaten als Gesprächsgrundlage
Die telemedizinische Beratung (Videosprechstunde) ist dabei der wichtigste Baustein. Weiter ist die Vorbereitung dieses Gesprächs von großer Bedeutung. Aus der Entfernung sind die gesundheitlichen Daten und Informationen zur Arbeitsumgebung für den Betriebsarzt nur schwer einzuschätzen. Der Betriebsarzt sollte demnach möglichst viele Daten zum Gesundheitszustand des Beschäftigten und von dessen Arbeitsumfeld im Homeoffice bzw. virtuellen Arbeitsplatz erhalten können. Aus diesen kann er dann Schlüsse für die Diagnose und das weitere Vorgehen ziehen. Der Beschäftigte ist durch die bessere Kenntnis der gesundheitsbeeinflussenden Faktoren an seinem Arbeitsplatz ebenfalls besser auf das Gespräch vorbereitet. Hierfür müssen die entsprechenden KI-Tools zur Erhebung der relevanten Daten am Arbeitsplatz und vom Gesundheitszustand des Beschäftigten aber erst noch entwickelt werden.
Projekt BAKI
Dieser Aufgabe widmet sich das Forschungsteam BAKI (Betriebsärztliches Handeln: zukunftsorientiert, interdisziplinär und evidenzbasiert mit KI). Die Arbeit wird von der BAuA im Rahmen des FoGA-Programms (Förderung der Forschung und Lehre zur Gesundheit in der Arbeitswelt) gefördert. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit sollen arbeitsmedizinische Forschung sowie KI-Forschung noch enger zusammengebracht werden, um neue technologische Entwicklungen voranzutreiben.
Zwei digitale Tools
Im Zuge des BAKI-Projekts werden dabei zwei digitale Tools entwickelt: BAKI-AI und BAKI-social. Bei BAKI-AI ist ein lernender Algorithmus, der Beschäftigten personalisierte Daten und Informationen zu ihrer individuellen Arbeitsumgebung bereitstellt. Dabei informiert er über gesundheitliche Gefährdungspotenziale sowie über Maßnahmen zur Gesundheitsförderung, welche direkt vor Ort von den Beschäftigten umgesetzt werden können.
BAKI-social
Im Anschluss an die Fertigstellung dieses Tools soll auf dessen Grundlage BAKI-social entstehen. Dies soll eine virtuelle Umgebung, in der die Kommunikation zwischen Betriebsärzten im Unternehmen und dem virtuell Beschäftigten stattfinden wird, darstellen. Durch die von BAKI-AI zur Verfügung gestellten Daten können Beschäftigte ihre gesundheitliche Situation sowie spezifischen Arbeitsbedingungen vor Ort präzise schildern. Der Betriebsarzt kann auf diese Weise besser und effektiver beraten und sogar erste therapeutische Maßnahmen empfehlen.
Datenerhebung für Algorithmus
Um den BAKI-AI-Algorithmus zu trainieren, werden Daten von zahlreichen virtuell Beschäftigten in Deutschland erhoben. Zur Generierung ihrer Gesundheitsdaten werden neben Fragebögen diverse Sensoren wie Smartwatches, Raumsensoren und eine Gesundheitsapplikation verwendet. Dabei werden neben vielen weiteren Faktoren z. B. die Herzratenvariabilität, Luftqualität und Frequenz der Mausklicks erfasst. Die Datenerhebungen durch Sensoren erfolgt ausschließlich an den Tagen, an denen die Beschäftigten nicht im Unternehmen oder an der Universität tätig sind, sondern tatsächlich im Homeoffice oder an anderen virtuellen Arbeitsplätzen arbeiten.
Interaktion mit Virtual Reality
Während BAKI-Al ein sogenanntes lernendes System ist, wird BAKI-social auf Grundlage des XR-Hubs der Universität Würzburg arbeiten. Dieser bietet neben 3D-Trackingsystemen zur Ansteuerung unterschiedlichster Avatare eine sichere Infrastruktur für die soziale Interaktion für Virtual Reality-Umgebungen. Die detaillierte Konzeptualisierung von BAKI-social wurde bewusst offengelassen. Im Zuge des Projekts sollen diverse Prototypen entwickelt und gemeinsam mit Betriebsärzten sowie Patienten miteinander verglichen werden. Dadurch soll schließlich eine möglichst benutzerfreundliche und praxisnahe Version entstehen, die Betriebsarzt und virtuell Beschäftigten so nahe bringt wie nie zuvor.
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