Nudging: Positive Verhaltensänderungen ohne Verbote und Regeln

Nudging kann dabei helfen, Gewohnheiten von Menschen ohne Vorschriften oder Strafen zum Positiven zu verändern. Die Einsatzmöglichkeiten der diskreten Verhaltensbeeinflussung sind vielfältig und auch der Einsatz im Arbeits- und Gesundheitsschutz in Betrieben verspricht positive Effekte.

Dr. Fritzi Wiessmann ist als Arbeits- und Organisationspsychologin seit 25 Jahren in der Personal- und Organisationsentwicklung tätig. Insbesondere beschäftigt sie sich mit der Gestaltung von Arbeits-, Ablauf- und Führungsprozessen, psychischen Belastungen, Stress am Arbeitsplatz, Arbeits- und Managementtechniken sowie der Arbeitssicherheit. Als Expertin beantwortet Sie die wichtigsten Fragen zum Einsatz von Nudging.

Verhaltensänderung durch Nudging

Was kann man unter Nudging verstehen?

Nudging ist die Bezeichnung für eine gezielte Gestaltung von Entscheidungsmöglichkeiten. Der Begriff ist aus dem englischen Verb „to nudge“ abgeleitet“, was übersetzt so viel wie Anstoßen oder Anstupsen bedeutet. Menschliches Verhalten soll durch behutsames Anstupsen in eine bestimmte Richtung gelenkt werden. Angestupst wird mit den sogenannten Nudges: Das sind die Maßnahmen, mit denen eine Verhaltensänderung bewirkt werden soll.

Worin liegt aus Ihrer Sicht die Relevanz dieser kleinen „Stupser“?

Der Charme von Nudging liegt darin, dass Menschen zu nichts gezwungen werden. Es wird keinerlei Druck auf den Entscheider ausgeübt, dieser hat immer die Entscheidungshoheit. Wichtig ist auch, dass die getroffene Entscheidung nicht mit finanziellen Anreizen, Sanktionen oder gar Strafen verknüpft ist.

Nudging baut auf unbewusste Entscheidungen

Von welchen Mechanismen wird das menschliche Verhalten gesteuert?

Menschen denken in unterschiedlichen kognitiven Systemen: Das automatische System erlaubt schnelles und intuitives Denken, welches durch Instinkte und Gewohnheiten aktiviert wird. Mit dem reflektierten System werden Entscheidungen durchdacht und bewusst gefällt. Nudging setzt auf die unbewussten, nicht reflektierten Entscheidungen.

Welche Nudges kennen und nutzen die meisten Menschen bereits in ihrem Alltag?

Da gibt es eine ganze Menge. Oftmals ist man sich dieser subtilen Verhaltensbeeinflussung – wohlgemerkt immer auf freiwilliger Basis – gar nicht bewusst. Bekannte Beispiele sind Smileys (oder das Gegenteil: Frowneys) auf Tempolimit-Anzeigen im Straßenverkehr; Lebensmittelampeln, die den Gesundheitswert von Nahrungsmitteln angeben oder Angebote von Vorsorgeuntersuchungen mit entsprechenden Hinweisen für Risikogruppen. Auch ein Schreiben der Deutschen Rentenversicherung mit Hinweisen zur erwartbaren Rente bieten Entscheidungsmöglichkeiten, die man nutzen kann oder auch nicht. Es werden auch zahlreiche Apps (Ernährungsapps, Fitnesstracker) angeboten, die Menschen für Verhaltensentscheidungen heranziehen können.

Gibt es Grenzen für Nudging?

Ja, es gibt Grenzen für Nudging. Gerade im Bereich Arbeitsschutz können sicherheitsrelevante Themen nicht allein auf der Basis der Nudging-Kriterien diskutiert werden. Bedienvorschriften für Maschinen, Geräte und Anlagen oder der Umgang mit Gefahrstoffen unterliegen nicht einer selbstbestimmten Entscheidung ohne Konsequenzen. Hier gibt es keine freiwillige Entscheidung über Verhaltensoptionen.

Nudging im Arbeitsschutz

Wie lässt sich Nudging im Arbeitsschutz sinnvoll einsetzen?

Nudging kann eine interessante Alternative sein, Menschen zu sicherheitskonformen Verhalten zu bewegen. Insbesondere dann, wenn bisherige Maßnahmen nicht gefruchtet haben. Im Online-Seminar erhalten Sie dazu Anregungen, Aspekte einer „Psychologie der Arbeitssicherheit“ für die praktische Sicherheitsarbeit zu nutzen.

Online-Seminar-Tipp:

Das Online-Seminar „Kleine Stupser, große Wirkung: Wie Nudging im Arbeitsschutz Verhaltensänderungen herbeiführt“ mit Dr. Fritzi Wiessmann findet am Donnerstag, den 30.11.2023 um 14 Uhr statt.

Melden Sie sich hier zum Online-Seminar an!

Schlagworte zum Thema:  Arbeitssicherheit, Prävention