Studie

Frauen bei KI-Weiterbildungen benachteiligt


Frauen bei KI-Weiterbildungen benachteiligt

Weibliche Beschäftigte erhalten von ihrem Arbeitgeber weniger Förderung für KI-Trainings, zeigt eine internationale Studie. Auch das Einkommen entscheidet über den Zugang zu Lernangeboten und KI-Tools.

Nicht alle Beschäftigten haben die gleichen Chancen, ihre Kompetenzen im Bereich künstliche Intelligenz (KI) auszubauen. The Adaptavist Group, ein global tätiger Anbieter für Technologie- und Transformationslösungen, wollte mit der Studie "Digital Etiquette: Unlocking the AI Gates" herausfinden, wer Zugang zu KI-Tools und KI-Trainings erhält, wie umfangreich dieses Training ist und wie sich das auf Wahrnehmung, Zufriedenheit und berufliche Entwicklung auswirkt. Dabei zeigte sich: Vor allem Frauen und Beschäftigte, die weniger verdienen, sind bei KI-Weiterbildungen deutlich benachteiligt.

Für die Studie befragte The Adaptavist Group 4.000 Beschäftigte in Großbritannien, den USA, Deutschland und Kanada aus verschiedenen Branchen, Altersgruppen, Hierarchieebenen und Einkommensklassen. Alle Teilnehmenden hatten Berufe inne, die als sogenannte Wissensarbeit gelten, darunter IT-Fachkräfte, Softwareentwicklerinnen, Ärzte, Apothekerinnen, Architekten, Ingenieurinnen, Buchhalter, Juristinnen, Redakteure und Wissenschaftlerinnen.

Geschlechterunterschiede auf allen Hierarchieebenen

Vor allem die Geschlechterunterschiede sind signifikant: Nur 45 Prozent der befragten Frauen gaben an, in den letzten zwölf Monaten mehr als fünf Stunden KI-Training vom Arbeitgeber erhalten zu haben, während dies auf 53 Prozent der Männer zutraf. 6 Prozent der Frauen hatten weniger als eine Stunde oder gar kein KI-Training bekommen, bei den Männern waren es nur 3 Prozent. Mit 61 Prozent hatten die männlichen Befragten sogar um zehn Prozentpunkte häufiger eine formale KI-Training-Zertifizierung abgeschlossen als die weiblichen Befragten (51 Prozent). Je niedriger die Hierarchieebene, desto größer die Ungleichheit bei externen Weiterbildungen, die vom Arbeitgeber gefördert werden: Von den Frauen in Director-Positionen hatten 58 Prozent Trainings von externen Anbietern absolviert, bei den Männern der gleichen Hierarchieebene waren es 73 Prozent. In administrativen Tätigkeiten ist der Unterschied mit 35 Prozent (Frauen) zu 52 Prozent (Männer) etwas größer, am deutlichsten ist das Gefälle allerdings bei denjenigen, die ein Praktikum machen: So haben nur 23 Prozent der Praktikantinnen externe KI-Trainings erhalten, während es bei den männlichen Praktikanten mit 47 Prozent mehr als doppelt so viele waren.

Auch auf dem C-Level bleiben die Unterschiede bestehen: 87 Prozent der Männer auf dieser Hierarchieebene gaben an, genug Unterstützung in der Verwendung von KI bei der Arbeit zu erhalten, was nur auf 77 Prozent der Frauen in der gleichen Rolle zutrifft. Zudem glauben 72 Prozent der Männer, dass ihre Kompetenzen sich durch KI weiterentwickeln, was nur 63 Prozent der Frauen denken. Dafür haben Männer allerdings häufiger Sorge, dass ihre Kompetenzen nicht mehr gebraucht werden: 34 Prozent der Männer glauben, dass ihre Fähigkeiten durch KI entwertet werden – gegenüber 31 Prozent der Frauen.

Ungleichverteilung verstärkt Ungleichheit

Auch das Einkommen entscheidet über den Zugang zu KI-Weiterbildung und -Tools. Befragte mit einem Jahreseinkommen von mehr als 100.000 britischen Pfund hatten in den vergangenen zwölf Monaten mehr als fünfmal so häufig mehr als 20 Stunden KI-Training absolviert wie Personen mit einem Einkommen von 25.000 bis 29.000 Pfund. Die Personen, die sechsstellig verdienen, gaben mit 84 Prozent auch deutlich häufiger an, genug Unterstützung bei der richtigen Verwendung von KI-Tools zu erhalten als der Durchschnitt der Befragten (68 Prozent). Zudem stimmten die Spitzenverdienerinnen und -verdiener deutlich häufiger der Aussage zu, dass sie regelmäßig Zugang zu neuen KI-Tools bekämen.

Die Studie warnt angesichts der Ergebnisse vor einer sich verschärfenden sozialen Ungleichheit, die durch den mangelnden Zugang zu KI entsteht. Denn wer früh und ausreichend KI-Training erhält, profitiert –zumindest der eigenen Einschätzung nach – deutlich: Fast die Hälfte (46 Prozent) derjenigen, die in den letzten zwölf Monaten über 20 Stunden KI-Training erhalten hatte, glaubt, sich dadurch mindestens elf Stunden Arbeit pro Woche zu sparen. 14 Prozent von ihnen berichten sogar, 30 Stunden pro Woche zu sparen. Ganz anders bei denjenigen, die weniger als eine Stunde KI-Weiterbildung bekommen hatten: 38 Prozent gaben an, sich durch KI nur eine Wochenstunde oder weniger zu sparen. Damit wird Weiterbildung nicht nur zu einer Frage der Kompetenz, sondern auch der Effizienz und damit beruflichen Wettbewerbsfähigkeit – oder zumindest der wahrgenommenen Selbstwirksamkeit. Die genannten Werte basieren auf subjektiven Selbsteinschätzungen der Befragten.

Wie Unternehmen mehr Fairness schaffen

Dass es bei der Nutzung von Weiterbildungen geschlechterspezifische Unterschiede gibt, ist bereits in anderen Studien deutlich geworden. Eine Auswertung der Tomas Bata University Zlin  hat ergeben, dass Männer häufiger an berufsbezogener und vom Arbeitgeber geförderter Weiterbildung teilnehmen, während Frauen eher selbstfinanzierte Schulungen zu allgemeinen Kompetenzen absolvieren. Der aktuelle OECD-Bericht  hat außerdem festgestellt, dass Frauen bei sich selbst zwar mehr Weiterbildungsbedarf sehen als Männer, aber auch häufiger aus familiären Gründen keine Zeit dafür finden. Auch die Motive unterscheiden sich: Während es Frauen laut einem Bericht des World Economic Forum  vor allem darum geht, sich persönlich weiterzuentwickeln, ist vielen männlichen Befragten wichtig, mehr zu verdienen. 

Die Studie von The Adaptavist Group empfiehlt Unternehmen vor allem, auf unbewusste Vorurteile aufmerksam zu machen, sie gezielt abzubauen und auf einen gleichberechtigen Zugang zu KI zu achten. Eine inklusive, offene Unternehmenskultur und Kommunikation könne Mitarbeitende außerdem ermutigen, selbst nach Training zu fragen – 35 Prozent der Befragten sagten nämlich, dass sie eigentlich gerne mehr Weiterbildungen machen würden, sich aber nicht trauen, den Arbeitgeber danach zu fragen. So könnte auch psychologische Sicherheit dazu beitragen, dass alle Beschäftigten gleichermaßen von den Chancen profitieren, die KI im Arbeitsalltag eröffnet.


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