Desk-Sharing im Büro: Wie sehen es die betroffenen Beschäftigten?

In rund 25 % der deutschen Unternehmen und Verwaltungseinrichtungen haben die meisten Bürobeschäftigten keinen festen Arbeitsplatz mehr und in weiteren 40 % soll das Desk-Sharing, das Teilen eines Büroschreibtisches mit anderen Mitarbeitern, in naher Zukunft eingeführt werden.
Desk-Sharing: Forschungsbedarf
Zum Phänomen des Desk-Sharing gab es bereits eine Reihe von Studien, die auch die Belastungen und Beeinträchtigungen für die Beschäftigten in den Blick nahmen. Ein Team des Instituts für Arbeit und Gesundheit der DGUV (IAG) erkannte aber dennoch noch weitreichenden Forschungsbedarf: In den bisherigen Untersuchungen wurde Desk-Sharing nämlich überwiegend nur im Kontext von Großraumbüros und Open-Space-Arbeitsbereichen sowie im Hinblick auf die physischen Auswirkungen auf die Beschäftigten untersucht. Die psychische Belastung und Beanspruchung sowie die Umsetzung von Desk-Sharing in kleineren Büros wurden hingegen bislang kaum bis gar nicht berücksichtigt.
Online-Befragung zum Desk-Sharing
Im Rahmen der Studie wurden rund 2.000 Beschäftigte und Führungskräfte, die an mindestens einem Tag pro Woche unter Desk-Sharing-Bedingungen arbeiten, im Zeitraum März bis Juli 2023 online befragt. Die Befragten stammen aus unterschiedlichen Branchen, wobei knapp die Hälfte in der Verwaltung oder im öffentlichen Dienst arbeitete.
Im Rahmen der Untersuchung sei nach den IAG-Forscherinnen erstmals ein Fragebogen zur Beurteilung von Desk-Sharing-Arbeitsplätzen unter Berücksichtigung des Belastungs-Beanspruchungs-Modells und der GDA-Empfehlungen erarbeitet worden. Dabei standen einerseits Aspekte der Arbeitsorganisation, Arbeitsumgebung sowie Arbeitsmittel und andererseits Fragen der psychischen Belastung, der sozialen Beziehungen im Unternehmen sowie Beanspruchungsfolgen wie Zufriedenheit, Gesundheit und Leistungsfähigkeit im Fokus.
Ergebnisse zur Arbeitsumgebung
Ein Ziel der Studie des IAG war es, konkrete Gestaltungsfaktoren bei der Umsetzung von Desk-Sharing (z. B. die Büroräume, in denen Desk-Sharing besonders oft angewandt wird) und ihre Zusammenhänge mit Zufriedenheit, Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten zu ermitteln.
Am häufigsten gab es Desk-Sharing (jeweils über 20 %) in Zweipersonenbüros, Open-Space-Bereichen sowie in Drei- bis Sechspersonenbüros. In der Mehrheit der Büros (über 80 %) gab es im Vorfeld festgesetzte Nutzungsregeln für das Desk-Sharing, vor allem das Aufräumen des Arbeitsplatzes vor dem Verlassen des Arbeitsplatzes und das Verbot des Aufstellens persönlicher Gegenstände auf dem Schreibtisch.
Störungen und Rückzugsmöglichkeiten
Ablenkung durch vorbeilaufende Personen zeigte sich als wichtiger Einflussfaktor auf die Produktivität, Gesundheit und Zufriedenheit mit dem Desk-Sharing. Rund 25 % der Befragten wurden in ihrer Wahrnehmung häufig gestört beziehungsweise unterbrochen oder durch vorbeilaufende Personen abgelenkt. Bei mehr als 40 % war das allerdings „eher nicht der Fall“.
Geeignete Rückzugsmöglichkeiten für ungestörtes Arbeiten waren bei knapp der Hälfte der Befragten in den Büroräumen vorhanden, signifikant häufiger in Einzelbüros, gefolgt von Open-Space-Landschaften. In Büros für mehr als 30 Personen gab es diese am wenigsten. Insgesamt wiesen Beschäftigte, die über Rückzugsmöglichkeiten verfügten, eine höhere Zufriedenheit mit Desk-Sharing-Arbeitsplätzen auf.
Psychische Beanspruchung bei Desk-Sharing
Je ein Drittel störte es, keinen eigenen, festen Arbeitsplatz zu haben beziehungsweise im Büro einen Arbeitsplatz suchen/reservieren zu müssen. Über die Hälfte empfand das „eher nicht als störend“. Knapp 30 % empfanden es als „eher störend“, den Arbeitsplatz täglich neu einzurichten beziehungsweise aufzuräumen. Für über die Hälfte was das „eher kein Problem“.
Fast 60 % waren mit dem Desk-Sharing in ihrem Unternehmen/Organisation „überwiegend zufrieden“. Knapp 20 % waren wenig oder gar nicht zufrieden. Etwa die Hälfte der Befragten würde einen festen, persönlichen Arbeitsplatz dem Desk-Sharing vorziehen. Die Hälfte der Befragten erlebte keine Beeinflussung der Produktivität durch Desk-Sharing, knapp 30 % nahm dagegen eine negative und 20 % eine positive Beeinflussung wahr. 60 % erkannten für sich keine Beeinflussung der (nicht nur psychischen) Gesundheit durch Desk-Sharing, etwa ein Viertel empfand eine negative und 15 % eine positive Beeinflussung.
Gestaltung von Desk-Sharing-Arbeitsplätzen
Das Forschungsteam gibt aufgrund der Ergebnisse der Onlinebefragung folgende Gestaltungsempfehlungen im Hinblick auf die Arbeitsorganisation und -umgebung bei der Einführung und Umsetzung von Desk-Sharing:
Organisation von Desk-Sharing:
- hauptverantwortliches Organisationsteam benennen
- gut durchdachtes Konzept erstellen, Sicherheit und Gesundheit berücksichtigen
- transparente und frühzeitige Kommunikation und Beteiligung der Beschäftigten vor und nach der Einführung von Desk-Sharing
- Regelung der Teilnahme an Desk-Sharing, Ausnahmen gut begründen
- ausreichende Anzahl an Arbeitsplätzen
- Reservierung von Arbeitsplätzen vorab ermöglichen
- Etablieren und Durchsetzen von Nutzungsregeln
- Finden von Kollegen erleichtern
Arbeitsumgebung:
- Vielfalt an Arbeitsbereichen für unterschiedliche Anforderungen mit ausreichender Anzahl an Arbeitsplätzen
- ausgereiftes Lärmschutzkonzept
- Ordnung, Sauberkeit und Hygiene
- anpassbare Temperatur, gutes Raumklima
- ausreichende, individuell anpassbare Beleuchtung und Tageslicht
- ansprechende Atmosphäre
Quelle: Franziska Grellert, Marlen Cosmar: Desk-Sharing-Studie zu psychischen Belastungsfaktoren und Ansätze für die Gestaltung, in: DGUV forum 9/2024
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