Aktuelles Interview: Umgang mit krankheitsbedingten Fehlzeiten

Die Haufe-Redaktion sprach mit dem BGM-Experten und Dozenten Oliver Walle von der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement über die seit 2022 anhaltenden Rekordkrankenstände in Deutschland.

Haufe Online Redaktion: Herr Walle, das Thema Krankenstand ist in aller Munde, Sie hatten bereits in der Personalmagazin-Ausgabe 03/24 darüber berichtet. Welche Erfahrungen machen Sie in Ihrer Beratung bei Unternehmen zu diesem Thema?

Oliver Walle: Seit 22 Jahren kenne ich die Diskussion über Krankenstände, sie gehört in vielen Unternehmen und Organisationen quasi zum Alltag. Verständlich, denn Lohnfortzahlung tut weh und Führungskräfte müssen organisieren, wie die Arbeit von anderen übernommen werden kann, wenn Mitarbeitende ausfallen. Spannend wird es, wenn man die Höhe des Krankenstandes betrachtet. Ab wann ist er akzeptabel und ab wann zu hoch? Zudem interessieren sich Unternehmen für die Ursachen und hier wird es datenschutzrechtlich heikel.

Ursachen für Krankenstände

Haufe Online Redaktion: Welche Ursachen spielen bei Krankenständen insbesondere eine Rolle?

Oliver Walle: Die Ursachen sind vielfältig. Zum einen sehen wir in den Berichten der Krankenkassen in den letzten Jahren die Atemwegserkrankungen an der Spitze der Arbeitsunfähigkeitstage, davor waren es das Muskel-Skelett-System auf Platz 1 und die psychischen Störungen auf Platz 2. Eine weitere Ursache, die sich ebenfalls aus den Berichten der Krankenkassen ableiten lässt, ist der Zusammenhang zwischen Alter und Krankenstand. Demnach weisen Beschäftigte, die sich dem Rentenalter nähern, höhere AU-Tage auf, insbesondere in der Gruppe 50plus. Gerade Berufe mit hohen körperlichen und mentalen Anforderungen sowie Schichtarbeit inklusive Nachtschichten bergen ein erhöhtes Gesundheitsrisiko.

Motivationsbedingte Fehlzeiten

Haufe Online Redaktion: Wie hoch sehen Sie den Anteil eines motivational bedingten Fehlens bei den AU-Tagen?

Oliver Walle: Dies ist nur bedingt messbar, z. B. in anonymisierten und standardisierten Befragungen oder in Interviews, in denen die Teilnehmenden hoffentlich ehrlich antworten. Möglichkeiten, ein solches Verhalten zu erkennen, ergeben sich zum einen durch eine spezifische Analyse der Krankenstandsdaten der einzelnen Mitarbeitenden, zum anderen ist hier auch die Führungskraft gefordert. Sie sollte ihr Team gut kennen, sich regelmäßig austauschen, aber auch wahrnehmen, wenn ein solches Fehlzeitenverhalten gezeigt wird. Bei einem Verdacht ist ein Mitarbeitergespräch sinnvoll, das professionell, empathisch und zielorientiert geführt werden sollte.

Maßnahmen zur Fehlzeitensenkung

Haufe Online Redaktion: Wie sieht es mit Maßnahmen zur Fehlzeitensenkung aus? Gibt es hierzu wirksame Maßnahmen?

Oliver Walle: Sicherlich gibt es zahlreiche Maßnahmen, die auf die Gesundheit abzielen und somit einen Beitrag zur Reduzierung leisten können. Die Rahmenbedingungen der Arbeit sowie die Unternehmenskultur und das Führungsverhalten sollten nicht unterschätzt werden, da sie möglicherweise den größten Hebel darstellen.

Haufe Online Redaktion: Vielen Dank für die interessanten Informationen.

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Rekordkrankenstände: Wie wird 2025 und was kann BGM leisten?

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Schlagworte zum Thema:  Betriebliches Gesundheitsmanagement