Die PPWR verfolgt unter anderem das Ziel, Verpackungsabfälle in der EU deutlich zu reduzieren, die Wiederverwendung zu fördern und sicherzustellen, dass bis 2030 alle Verpackungen recyclingfähig sind und Rezyklate enthalten. Ein zentrales Element ist dabei der verstärkte Einsatz von Materialien aus Post-Consumer-Recycling (PCR), also Kunststoffen, die aus dem Abfallstrom der Endverbraucher stammen. Um diese Materialien effizient und qualitätsgesichert wieder in den Kreislauf einzubringen, stehen verschiedene Recycling- und Verwertungsverfahren zur Verfügung.
Recycling- und Verwertungsverfahren
Die Verarbeitung von Abfällen hin zu Rezyklaten in verschiedenen Qualitäten kann über verschiedene Optionen erfolgen. Dabei unterscheidet man grundsätzlich zwischen der werkstofflichen und rohstofflichen Verwendung sowie der energetischen Verwertung:
Werkstoffliches Recycling
Das in Deutschland gängige duale System setzt beim Kunststoff-Recycling auf das sogenannte werkstoffliche oder auch mechanische Recycling. Von allen Recycling-Methoden schützt das werkstoffliche Recycling, das in den letzten Jahren viel wirkungsvoller geworden ist, Umwelt und Klima am besten. Sortiermaschinen können den Müll besser trennen und immer mehr Unternehmen entwickeln ihre Verpackungen nach dem „Design for Recycling Prinzip“, was die hochwertige Verwertung der Materialien immens erleichtert (vgl. Initiative Frosch 2022 und 2024).
Werkstoffliches Recycling zielt darauf ab, Kunststoffe möglichst sortenrein aufzubereiten und erneut als Rohstoff für neue Produkte zu verwenden. Es wird unterteilt in:
a) Mechanisches Recycling
Beim mechanischen Recycling werden Kunststoffabfälle sortiert, gereinigt, zerkleinert und zu Regranulat (Rezyklat) verarbeitet. Dieses kann dann zur Herstellung neuer Kunststoffprodukte eingesetzt werden. Dieses Verfahren ist besonders geeignet für sortenreine Abfälle, wie bspw. PET-Getränkeflaschen aus dem Rücknahmesystem der Leergutflaschen.
Vorteile des mechanischen Recyclings
- Geringer Energieeinsatz
Im Vergleich zur Herstellung von Kunststoffen aus fossilen Rohstoffen benötigt das mechanische Recycling deutlich weniger Energie. Die Prozesse wie Sortieren, Waschen und Schreddern sind energieeffizienter als die energieintensive Neuproduktion. - Hohe CO₂-Einsparung
Durch die Wiederverwertung von Kunststoffen wird der Ausstoß von Treibhausgasen erheblich reduziert. Dies trägt aktiv zum Klimaschutz bei, da weniger neue Kunststoffe produziert und somit weniger fossile Ressourcen verbrannt werden müssen. - Direkt einsetzbares Rezyklat
Das beim mechanischen Recycling entstehende Regranulat kann unmittelbar zur Herstellung neuer Kunststoffprodukte verwendet werden. Dies ermöglicht eine schnelle und kosteneffiziente Rückführung in den Produktionskreislauf.
Herausforderungen des mechanischen Recyclings
- Qualitätsverlust durch Materialalterung
Kunststoffe verlieren mit jeder Recyclingrunde an Qualität. Die mechanische Belastung und thermische Beanspruchung während des Prozesses führen zu einer Verschlechterung der Materialeigenschaften, was die Wiederverwendbarkeit einschränken kann. - Begrenzte Einsatzmöglichkeiten bei komplexen oder verschmutzten Verpackungen
Das Verfahren ist besonders effektiv bei sortenreinen Abfällen. Bei stark verschmutzten oder aus verschiedenen Kunststoffarten bestehenden Verpackungen stößt das mechanische Recycling an seine Grenzen, da die Trennung und Reinigung aufwendig oder technisch nicht möglich ist.
b) Physikalisches Recycling
Hierbei handelt es sich um ein lösungsmittelbasiertes Verfahren, bei dem Kunststoffe durch physikalische Prozesse (bspw. durch Auflösen und Filtern) gereinigt und anschließend wiederverwendet werden. Die Polymerstruktur bleibt dabei erhalten.
Vorteile des physikalischen Recyclings
- Höhere Qualität des Rezyklats im Vergleich zum mechanischen Recycling
Da bei diesem Verfahren die Polymerstruktur der Kunststoffe erhalten bleibt, führt es zu einem qualitativ hochwertigeren Rezyklat. Die physikalische Reinigung durch Lösungsmittel ermöglicht eine besonders schonende Aufbereitung, wodurch die Materialeigenschaften weitgehend bewahrt werden. - Eignung für stärker verunreinigte Kunststoffe
Im Gegensatz zum mechanischen Recycling kann das physikalische Verfahren auch bei Kunststoffen eingesetzt werden, die stark verschmutzt oder mit anderen Materialien vermischt sind. Die Lösungsmittel ermöglichen eine effektive Trennung und Reinigung, was die Recyclingquote insgesamt erhöhen kann.
Herausforderungen des physikalischen Recyclings
- Aufwändigeres Verfahren
Die Anwendung von Lösungsmitteln sowie die notwendigen Schritte zur Rückgewinnung und Reinigung der Kunststoffe machen das physikalische Recycling technisch komplexer. Es erfordert spezielle Anlagen und sorgfältige Prozesskontrolle, was den Aufwand im Vergleich zu anderen Verfahren erhöht. - Höhere Kosten
Aufgrund der aufwendigeren Technik und des Einsatzes von Lösungsmitteln ist das physikalische Recycling mit höheren Betriebskosten verbunden. Dies kann die Wirtschaftlichkeit einschränken, insbesondere wenn keine ausreichenden Mengen an geeignetem Material zur Verfügung stehen.
c) Chemisches Recycling
Beim chemischen Recycling werden Kunststoffabfälle durch chemische Prozesse wie Pyrolyse, Hydrolyse oder Depolymerisation in ihre molekularen oder chemischen Grundbausteine zerlegt – beispielsweise in Monomere, Öle oder Gase. Diese Ausgangsstoffe können anschließend als Rohmaterial für die Herstellung neuer Kunststoffe verwendet werden. Im Gegensatz zum mechanischen oder physikalischen Recycling wird das Material dabei vollständig in seine ursprünglichen chemischen Bestandteile zurückgeführt (vgl. ThinkTank IRS 2023):
Vorteile des chemischen Recyclings
- Verarbeitung stark verschmutzter oder gemischter Kunststoffabfälle
Einer der größten Vorteile des chemischen Recyclings ist seine Fähigkeit, auch solche Kunststoffabfälle zu verwerten, die für mechanische oder physikalische Verfahren ungeeignet sind. Dazu zählen stark verschmutzte, mehrschichtige oder aus verschiedenen Kunststoffarten bestehende Verpackungen, die bisher meist verbrannt oder deponiert wurden. - Herstellung von Rezyklaten in Neuwarequalität (virgin-like)
Da die Kunststoffe auf molekularer Ebene zerlegt und anschließend neu aufgebaut werden, ist das Endprodukt chemisch nahezu identisch mit neu hergestelltem Kunststoff aus fossilen Rohstoffen. Dadurch können auch anspruchsvolle Anwendungen – etwa in der Lebensmittelverpackung oder Medizintechnik – bedient werden, bei denen höchste Materialreinheit erforderlich ist.
Herausforderungen des chemischen Recyclings
- Hoher Energieaufwand
Die chemischen Prozesse, insbesondere die Pyrolyse, erfordern hohe Temperaturen und damit einen erheblichen Energieeinsatz. Dies kann die Umweltbilanz des Verfahrens verschlechtern, insbesondere wenn die Energie nicht aus erneuerbaren Quellen stammt. - Noch begrenzte industrielle Verfügbarkeit
Obwohl das chemische Recycling großes Potenzial bietet, befindet sich die Technologie vielerorts noch in der Pilot- oder Entwicklungsphase. Es fehlen bislang flächendeckende Anlagen und ausgereifte Infrastrukturen für eine breite industrielle Anwendung. - Regulatorische Unsicherheiten (zum Beispiel im Rahmen der PPWR)
Die rechtliche Anerkennung von chemisch recycelten Materialien als „Rezyklat“ ist in vielen Ländern – auch im Rahmen der geplanten EU-Verordnung zur Verpackung und Verpackungsabfällen (Packaging and Packaging Waste Regulation, PPWR) – noch nicht abschließend geklärt. Dies erschwert Investitionen und die Integration in bestehende Wertschöpfungsketten.
d) Energetische Verwertung
Energetisches „Recycling“ oder „thermische Verwertung“, bedeutet, dass der Abfall in Müllverbrennungsanlagen verbrannt wird. Dieses Verfahren sollte dann zum Einsatz kommen, wenn Recycling technisch oder wirtschaftlich nicht möglich ist. Sofern es sich also um nicht mehr verwertbare Materialien handelt ist das eine Möglichkeit Energie wie Wärme oder Strom zu erzeugen. Ansonsten führt die Verbrennung von nützlichem Altkunststoff dazu, dass mehr Primärrohstoffe für die Kunststoffproduktion verwendet werden. Aber für die Umwelt und das Klima ist gerade die Neuproduktion von Kunststoffen nicht zielführend, weshalb das Verbrennen von Kunststoffen auf ein Minimum reduziert werden sollte.
Vorteile der energetischen Verwertung
- Rückgewinnung von Energie aus nicht recycelbaren Abfällen
Wenn Kunststoffe aufgrund von starker Verschmutzung, Materialmischungen oder fehlender Recyclinginfrastruktur nicht mehr stofflich verwertet werden können, bietet die thermische Verwertung zumindest die Möglichkeit, ihre im Material gespeicherte Energie nutzbar zu machen. So kann Wärme für Fernwärmenetze oder Strom für das öffentliche Netz erzeugt werden, was zur Energieversorgung beiträgt.
Herausforderungen und Nachteile der energetischen Verwertung
- Keine Kreislaufführung der Materialien
Im Gegensatz zu Recyclingverfahren, bei denen Materialien im Wirtschaftskreislauf gehalten werden, gehen bei der Verbrennung die Rohstoffe unwiederbringlich verloren. Es findet keine Rückführung in die Kunststoffproduktion statt, was der Idee einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft widerspricht. - Emissionen und Ressourcenverlust
Die Verbrennung von Kunststoffen setzt CO₂ und andere Schadstoffe frei, was sich negativ auf Klima und Umwelt auswirkt. Zudem führt sie zu einem erhöhten Verbrauch von Primärrohstoffen, da verbrannte Kunststoffe durch neu produzierte ersetzt werden müssen. Dies steht im Widerspruch zu den Zielen der Ressourcenschonung und Klimaneutralität.
Bedeutung für die PPWR und PCR-Materialien
Die geplante EU-Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle (PPWR) sieht vor, dass Verpackungen künftig einen verpflichtenden Mindestanteil an Post-Consumer-Rezyklaten (PCR-Kunststoffen) enthalten müssen. Diese Vorgabe soll ab dem Jahr 2030 mit verbindlichen Quoten umgesetzt werden (siehe Teil 2 der Serie).
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, stehen Unternehmen vor der Herausforderung, geeignete Recyclingverfahren auszuwählen. Diese müssen nicht nur Rezyklate in hoher Qualität liefern, sondern auch ökologisch sinnvoll und wirtschaftlich tragfähig sein. Hier noch einmal die verschiedenen Verfahren im Überblick:
- Das mechanische Recycling bleibt dabei die bevorzugte Methode für sortenreine Kunststoffverpackungen. Es ist energieeffizient, kostengünstig und liefert direkt einsetzbares Rezyklat – vorausgesetzt, die Abfälle sind ausreichend sauber und homogen.
- Physikalische und chemische Recyclingverfahren gewinnen zunehmend an Bedeutung, insbesondere für komplexe oder stark verschmutzte Verpackungen, bei denen mechanisches Recycling an seine Grenzen stößt. Diese Technologien ermöglichen eine höhere Materialqualität und erweitern die Recyclingmöglichkeiten für bislang schwer verwertbare Kunststoffströme.
- Die energetische Verwertung, also die Verbrennung von Kunststoffabfällen zur Energiegewinnung. Sie führt nicht zur Rückführung der Materialien in den Kreislauf und verursacht zusätzliche Emissionen sowie den Verlust wertvoller Ressourcen.
Laut den aktuellen Daten des Umweltbundesamtes zur Verwertung von Kunststoffabfällen in Deutschland im Jahr 2023 ergibt sich folgende prozentuale Verteilung ( Umweltbundesamt 2025):
- Mechanisches Recycling (werkstofflich): ca. 38 Prozent
Das Physikalisches Recycling wird statistisch nicht separat ausgewiesen, sondern fällt unter werkstoffliches Recycling (mechanisch/physikalisch kombiniert)
- Chemisches Recycling (rohstofflich): ca. 0,5 Prozent
- Energetische Verwertung: ca. 61 Prozent
Diese Zahlen zeigen, dass das mechanische Recycling derzeit die wichtigste stoffliche Verwertungsmethode ist, während chemisches Recycling noch eine sehr geringe Rolle spielt. Die energetische Verwertung bleibt trotz politischer Bemühungen zur Kreislaufwirtschaft der dominierende Entsorgungsweg.
Verfügbarkeit von Rezyklaten
Rezyklate werden nicht nur in der Verpackungsbranche benötigt, sondern auch noch in vielen anderen Bereichen, wie beispielsweise dem Automotive-Sektor. Auch hier gibt es Rechtsvorschriften, welche eine Anforderung an den Einsatz von Rezyklaten fordern ( Europäische Union 2023).
Dementsprechend wird eine Vielzahl an Rezyklaten benötigt, welche Stand heute noch nicht im Markt verfügbar sind, was mehrere Gründe hat. Insbesondere im Bereich von kontaktsensitiven Verpackungen sind Rezyklate kaum vorhanden, ausgenommen der PET-Getränkeflaschen-Strom.
Aktuelle Studien zeigen, dass der zukünftige Bedarf an Post-Consumer-Rezyklaten (PCR) – sowohl durch gesetzlich vorgeschriebene Mindesteinsatzquoten als auch durch marktseitige Nachfrage – voraussichtlich nicht vollständig gedeckt werden kann. Daraus ergibt sich eine erhebliche Versorgungslücke, die insbesondere im Hinblick auf die PPWR problematisch ist. Ohne zusätzliche Investitionen wird für das Jahr 2030 in Deutschland eine Lücke von rund 30 Prozent (861.000 Tonnen) prognostiziert. Selbst bei erheblichen Ausbaumaßnahmen im mechanischen und chemischen Recycling soll eine Lücke von etwa 10 Prozent (310.000 Tonnen) verbleiben (vgl. BKV GmbH 2025).
Die Ursachen für diese Versorgungslücke lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Erhöhter Bedarf durch regulatorische Vorgaben
Die PPWR verpflichtet Unternehmen dazu, künftig deutlich höhere Anteile an PCR-Material in Verpackungen einzusetzen. Diese gesetzlichen Mindestquoten führen zu einem sprunghaften Anstieg der Nachfrage nach hochwertigem Rezyklat, der mit den derzeit verfügbaren Mengen nicht gedeckt werden kann. - Begrenzte Recyclingkapazitäten
Die bestehenden Anlagen für mechanisches und chemisches Recycling sind in ihrer Kapazität begrenzt. Der Ausbau dieser Infrastruktur erfordert erhebliche Investitionen, lange Planungszeiträume und technologische Weiterentwicklungen. Ohne diese Maßnahmen bleibt die Produktionsmenge an PCR-Material deutlich hinter dem Bedarf zurück. - Hohe Qualitätsanforderungen an Rezyklate
Besonders im Bereich von Lebensmittelverpackungen gelten strenge gesetzliche Anforderungen an die Materialreinheit und Produktsicherheit. Viele Rezyklate erfüllen diese Standards nicht, was die Verfügbarkeit von geeignetem PCR-Material zusätzlich einschränkt. Auch in anderen sensiblen Anwendungsbereichen ist die Nachfrage nach Rezyklaten in „Neuwarequalität“ hoch, während das Angebot begrenzt bleibt.
Zusammenfassung und Fazit
Die EU-Verpackungsverordnung (PPWR) fordert ab 2030 recyclingfähige Verpackungen mit verbindlichen Mindestanteilen an Post-Consumer-Rezyklaten (PCR) (Amtsblatt der Europäischen Union 2024). Um diese Anforderungen zu erfüllen, stehen verschiedene Recyclingverfahren zur Verfügung wie das Mechanische, Physikalische oder Chemische Recycling. Laut Umweltbundesamt (2025) liegt der Anteil des mechanischen Recyclings in Deutschland bei ca. 38 Prozent, chemisches Recycling bei 0,5 Prozent und energetische Verwertung bei 61 Prozent was zeigt, dass die Verfügbarkeit von PCR-Materialien begrenzt sind. Besonders in kontaktsensitiven Bereichen fehlen geeignete Rezyklate. Studien prognostizieren für 2030 insgesamt eine Versorgungslücke von bis zu 30 Prozent (861.000 Tonnen), selbst bei Investitionen verbleibt eine Lücke von rund 10 Prozent (310.000 Tonnen) (vgl. BKV GmbH 2025).
Die Umsetzung der PPWR-Ziele stellt Industrie und Politik vor erhebliche Herausforderungen. Um die Versorgung mit hochwertigem PCR-Material sicherzustellen, sind gezielte Investitionen in Recyclingtechnologien, der Ausbau von Sammel- und Sortiersystemen sowie klare regulatorische Rahmenbedingungen erforderlich. Nur durch ein Zusammenspiel aller Akteure kann die Transformation hin zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft gelingen. Im vierten Teil der PPWR-Serie informieren wir deshalb über die Handlungsempfehlungen für Verpackungshersteller.