Was ist ein Transitionsplan?
Der Begriff „Transition“ kommt vom lateinischen Verb „transire“ (=hinübergehen) und kann im Deutschen mit dem Wort „Übergang“ oder der Umschreibung „Veränderung von einem Zustand in einen anderen“ übersetzt werden. Üblich im Deutschen sind deshalb auch die Alternativbezeichnungen „Transformationsplan“ und „Übergangsplan“. Ein Transitionsplan in dem Bereich der Klimaberichterstattung ist ein Dokument, das darlegt, wie das Unternehmen von seinem aktuellen Status Quo seiner Treibhausgasemissionen auf ein festgelegtes CO2-Reduktionsziel kommt. Es zeigt den von der Organisation selbst entwickelten Weg der Dekarbonisierung, der sich an dem übergreifenden Ziel des Pariser Klimaabkommens zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C orientiert.
Es ist wichtig, an dieser Stelle zu betonen, dass es in diesem Artikel ausschließlich um den Transitionsplan im Bereich Klimamanagement mit dem Schwerpunkt auf Dekarbonisierungsmaßnahmen geht. Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels (Klimawandelanpassung) können grundsätzlich ebenfalls Teil eines Transitionsplans sein und folgen häufig einem ähnlichen Vorgehen bei der Entwicklung. Auch in anderen Nachhaltigkeitsthemen wie der Biodiversität, der Kreislaufwirtschaft oder auch im Bereich Wasser ist der Begriff Transitionsplan für entsprechende Zielstellungen in diesen Bereichen üblich.
Ein Transitionsplan ist ein Strategiedokument. Als wichtiges Planungs- und Steuerungsinstrument zeigt es auf, mit welchen Zielen und Maßnahmen die Emissionsreduktion des eigenen Unternehmens vonstattengehen soll und wie dieser Weg finanziert werden soll. Er dient als Teil der Nachhaltigkeitsberichterstattung auch als Informationsquelle der eigenen Klimastrategie nach außen. In der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wird der Transitionsplan in der Angabepflicht E1-1 Übergangsplan für den Klimaschutz gefordert. Unternehmen können die Erstellung des Transformationsplans durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) fördern lassen.
Fünf Bestandteile eines Transitionsplans
Ein Transitionsplan sollte folgende fünf Bestandteile enthalten: Grundlagen und Ambition, Quantifizierung der Zielsetzung, Dekarbonisierungsmaßnahmen, Investitions- und Finanzierungsplan und klare Verantwortlichkeiten und Rollen. Im ersten Abschnitt sollte die Geschäftsstrategie hinsichtlich der geplanten CO2-Emissionsreduktion beschrieben und grob eingeordnet werden. Welche Prioritäten verfolgen Sie in den Bereichen Scope 1,2 und 3? Wo haben Sie wichtige Hebel identifiziert? An welchem übergeordneten Ziel orientieren Sie sich, zum Beispiel an dem Netto-Null-Ziel 2045 der Bundesregierung aus dem deutschen Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG), einem branchenspezifischen Transitionspfad, oder an der 1,5°-Zielsetzung der Initiative Science Based Targets? Eine Absichtserklärung zur Verfolgung eines bestimmten Frameworks hilft, die Authentizität der Ambition zu untermauern.
Im Bereich der Zielsetzung sollten Sie genauer auf Ihre kurz-, mittel- und langfristigen Ziele bezüglich der Einsparungen Ihrer absoluten Emissionen in der Einheit der CO2-Äquivaente (CO2e) eingehen. Der anvisierte Fortschritt sollte transparent und nachvollziehbar beschrieben werden. Eine CO2e-Bilanz der verschiedenen Scope-Kategorien aus dem Basisjahr sowie aus dem letzten Bilanzjahr sollte beigefügt werden, sodass ein Vergleich der schrittweisen bereits erfolgen Anpassungen möglich ist und eine Nachvollziehbarkeit des zukünftigen Planes offengelegt wird.
Die Zusammenstellung der Dekarbonisierungsmaßnahmen zeigt konkret auf, mit welchen Maßnahmen das gesetzte Ziel der Emissionsreduzierung erreicht werden soll. Diese werden in einem weiteren Schritt wirtschaftlich und technologisch bewertet und in eine Maßnahmenroadmap gebracht.
Um wirtschaftlich tragfähig zu sein, sollte eine Transitionsplanung in die bestehende Investitions- und Finanzierungsplanung eines Unternehmens integriert werden. Der Investitions- und Finanzierungsplan zeigt den Investitionsbedarf für laufende und geplante Dekarbonisierungsmaßnahmen sowie den Einfluss auf die Vermögens- und Finanzlage auf. Risiken sollten hierbei genauso betrachtet werden wie potentielle Chancen.
Die Beschreibung von klaren Verantwortlichkeiten und Rollen beinhaltet die klare Zuordnung einer Abteilung hinsichtlich der Überprüfung und Aktualisierung des Transitionsplanes. Hier sollte auch eine Beschreibung erfolgen, wie der Prozess des Transitionsplanes in die Strukturen des Unternehmens eingebettet ist und wie dieser strategisch und operativ in der Nachhaltigkeitsverantwortung des Unternehmens verankert wird.
Beispiele für Transitionspläne für die Sektoren Metallverarbeitung, Logistik und Transport sowie Baugewerbe finden sich im Anhang zum Leitfaden Vom Transitions- zum Finanzierungsplan.
Wie erstelle ich einen Transitionsplan?
Für die Erstellung eines Klimatransitionsplanes lassen sich folgende fünf Schritte empfehlen:
- Ermittlung des Status Quo
- Definition der Reduktionsziele
- Festlegung der Dekarbonisierungsmaßnahmen
- Aufstellung der Finanzierungsplanung
- Umsetzung der Maßnahmen
Ein Transitionsplan ist ein Strategiepapier, das regelmäßig aktualisiert werden sollte, da sich sowohl regulatorische Rahmenbedingungen als auch Chancen und Risiken, die sich durch Marktveränderungen ergeben, jederzeit ändern können. Eine regelmäßige Überprüfung der einzelnen Schritte zur Erstellung eines Transitionsplanes kann eine flexible Anpassungsfähigkeit des Unternehmens begünstigen.
Ermittlung des Status Quo
Um die Treibhausgasemissionen reduzieren zu können, müssen diese zunächst ermittelt und quantifiziert werden. Die sogenannte Treibhausgasbilanz (THG-Bilanz) dient der Erfassung des Status Quo aller CO2e-Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette in den vom GHG-Protocol definierten drei Kategorien Scope 1, Scope 2 und Scope 3. Wie die Treibhausgasbilanz genau erstellt wird, haben wir in dem zweiten Artikel dieser Serie Die Treibhausgasbilanz – das Herzstück der Klimaberichterstattung bereits erläutert. Output der THG-Bilanz sind die Gesamtemissionen in CO2-Äquivalenten sowie die Aufschlüsselung nach bestimmten Aktivitäten bzw. Quellen. Anhand dieser Berechnung können die Hauptemissionstreiber identifiziert werden, die als Basis für die Entwicklung einer Reduktionsstrategie dienen.
Nach der Erstellung der THG-Bilanz sollten die wesentlichen Rahmenbedingungen für die Erstellung des Transitionsplans erarbeitet werden, da sie die Grundlage für die Festlegung realistischer Reduktionsziele bilden. Rahmenbedingungen sind in der Regel nicht oder kaum beeinflussbare Faktoren, die den Planungsprozess strukturieren, begrenzen oder inspirieren. Folgende Rahmenbedingungen sollten berücksichtigt werden:
Diese Rahmenbedingungen können gesetzlicher Natur sein, wie zum Beispiel diverse EU-Vorgaben wie die CSRD, die EU-Taxonomie oder das CBAM, oder nationale Vorgaben wie das deutsche Klimaschutzgesetz, Förderprogramme oder Anreizsysteme im Bereich Klima oder auch branchenspezifische Standards.
Berücksichtigt werden sollten aber auch technologische Rahmenbedingungen wie zum Beispiel die Verfügbarkeit von speziellen Dekarbonisierungstechnologien wie Wärmepumpen, die Energiespeicherung mit Wasserstoff oder Carbon Capture and Storage-Systeme, aber auch Digitalisierungsmöglichkeiten wie Smart Grids, Demand Side Response Systeme oder Echtzeit-Routenoptimierungsanwendungen.
Darüber hinaus sollten wirtschaftliche und finanzielle Rahmenbedingungen betrachtet werden wie verfügbare Investitionsmittel, erwartbare Veränderungen im Bereich Energiekosten und CO2-Preise sowie Möglichkeiten im Bereich des Kapitalmarktzugangs und den Finanzierungskosten.
Weitere Rahmenbedingungen betreffen das politische und gesellschaftliche Umfeld sowie die strukturellen und organisatorischen Rahmenbedingungen. Es sollte analysiert werden, welche internen und externen Stakeholder Interesse an den Inhalten des Transitionsplanes haben, wie es sich aktuell mit der Verfügbarkeit von Technologien und Fachkräften im Klimamanagement verhält, welche Ressourcen und Kompetenzen es dazu im Unternehmen gibt und wie sowohl die Betriebsstruktur als auch die IT-Infrastruktur die Prozesse des Klimaübergangsplans unterstützen.
Zuletzt sollten auch die zeitlichen Rahmenbedingungen untersucht werden und es sollte sich ein zeitlicher Rahmen gesetzt werden, der sich sowohl an den politischen Zieljahren als auch an den bereits bestehenden eigenen Strategiezyklen orientiert.
Die Rahmenbedingungen stellen wichtige Einflussgrößen für die Durchführbarkeit, Wirksamkeit und Glaubwürdigkeit von Transitionsplänen dar und helfen bei der Schärfung der Zieldefinition.
Definition der Reduktionsziele
Für die Zieldefinition betrachtet man die Analyse der Rahmenbedingungen und versteht, welche Faktoren und Hebel die strategische Ausrichtung hinsichtlich der Klimaziele begünstigen oder erschweren können. Es sollten relevante Handlungsfelder auf Grund der CO2e-Hotspots entlang der gesamten Wertschöpfungskette identifiziert werden, sodass man pro Handlungsfeld Ziele und im späteren Verlauf auch Maßnahmen formulieren kann. Handlungsfelder können zum Beispiel „Energie und Emissionen“, „Mobilität und Logistik“ oder auch „Gebäude & Infrastruktur“ sein. Die Ableitung der Klimaziele sollte sich immer aus normativen Vorgaben speisen wie zum Beispiel das Netto-Null-Ziel bis zum Jahr 2045, das im Bundes-Klimaschutzgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankert ist. Es ist dabei wichtig, eine realistische Zielgröße für das Unternehmen oder die Organisation zu finden. Auch Zwischenziele für verschiedene Zeithorizonte, zum Beispiel kurzfristig (1-5 Jahre), mittelfristig (5-10 Jahre) und langfristig (ab 11 Jahren), sind sinnvoll. Die Planungsmethode des sogenannten „Backcasting“ kann hier helfen, sich vom idealen Zukunftsszenario rückwärts für die Zwischenziele orientieren. Die Ziele sollten die Reduktion der absoluten Emissionen, angegeben in Menge der CO2-Äquivalente (CO2e/t) umfassen. Daneben ist es auch möglich, Ziele in Emissionsintensitäten festzulegen. Hierzu sollte eine sinnvolle Metrik wie zum Beispiel kg CO2e/kWh im Rahmen der Stromproduktion oder kg CO2e/tkm im Rahmen des Gütertransports gefunden werden. Bevor es an die genaue Zielformulierung geht, sollte noch eine Kontextualisierung durch eine Reifegradbewertung erfolgen. Pro Handlungsfeld sollte geschaut werden, ob es schon konkrete Maßnahmen und Zielformulierungen gibt, die in der Unternehmensstrategie verankert sind und ob bereits relevante Daten und Messsysteme dazu existieren. Dies ist ein wichtiger Schritt, um eine realitätsnahe Zieldefinition im Abgleich zwischen Ambition und Machbarkeit zu formulieren. Bei der Formulierung der Klimaziele sollte auf eine Formulierung nach dem bekannten SMART-Prinzip erfolgen, das dafür sorgt, dass die Ziele sowohl konkret als auch überprüfbar sind. Je nach Quelle stehen die die Buchstaben des Akronyms SMART für spezifisch (S), messbar (M), ambitioniert, attraktiv oder akzeptiert (A), realisitisch oder relevant (R) und terminiert (T). Diese Ziele sollten sowohl in der Nachhaltigkeitsstrategie verankert werden als auch in bestehende Governance-Strukturen.
Sammeln und Bewerten der Dekarbonisierungsmaßnahmen
Das Herzstück des Transitionsplans ist das Set an Maßnahmen, das nun entwickelt wird, um die festgelegten Ziele zu erreichen. Um relevante Maßnahmen zu identifizieren, kann man sich an den entwickelten Handlungsfeldern seiner CO2-Hotspots orientieren. Maßnahmen können zum Beispiel mit Hilfe des eigenen Teams, mithilfe externer Stakeholder, anhand von Mitbewerbermaßnahmen, durch die Empfehlung von eigenen Branchenverbänden oder durch eine Marktrecherche gesammelt werden. Dabei können beispielsweise im Rahmen der Mobilität Maßnahmen wie eine Erneuerung des Fuhrparks mit E-Fahrzeugen herauskommen oder eine neue Mobility Policy, die die Mitarbeitenden dazu anhält, die Bahn anstelle eines Flugzeuges für innerdeutsche Reisen zu verwenden. Für den Energiebereich kann es beispielsweise die Installation einer Wärmepumpe oder der Austausch von Fenstern gegen eine Wärmeschutzverglasung sein. Im Bereich nachhaltige Beschaffung kann es sich um Maßnahmen handeln wie die Bevorzugung emissionsarmer Zulieferer oder der Einsatz von Rezyklaten anstelle von Primärrohstoffen.
Diese Maßnahmen werden zunächst systematisch anhand der identifizierten Handlungsfelder gesammelt und im zweiten Schritt nach Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit, Umsetzbarkeit, Risiken und Auswirkungen auf andere Nachhaltigkeitsziele bewertet.
Das Kriterium der Wirksamkeit umfasst das Reduktionspotenzial der Emissionen bezüglich des eigenen Unternehmens oder einer definierten Systemgrenze. Hier sollten Aspekte wie die Menge der vermeidbaren Emissionen, die betroffenen Emissionskategorien, der zeitliche Horizont der Wirksamkeit, die jeweilige Systemgrenze und die Skalierbarkeit, die Einordnung in eine direkte bzw. indirekte Emissionsvermeidung, die Messbarkeit und die Verifizierbarkeit sowie die Relevanz im Gesamtzielkontext berücksichtigt werden.
Das Kriterium der Wirtschaftlichkeit hilft, zu identifizieren, welche Maßnahmen wirtschaftlich tragfähig, förderfähig und langfristig lohnenswert sind. Hier sollten Investionskosten (CAPEX), Betriebs- und Folgekosten (OPEX), die Amortisationszeit (Payback Period), der Return on Investment (ROI) sowie der Kapitalwert (NPV), die CO2-Vermeidungskosten (€/t CO2e), Energieeinsparungen und Kostenvorteile sowie Risiken und Unsicherheiten im Bereich der Kosten berücksichtigt werden. Das wirtschaftliche Kriterium umfasst dementsprechend nicht nur reine Kosten-/Nutzen-Aspekte, sondern eben auch eine langfristige finanzielle Robustheit, die Förderwürdigkeit der jeweiligen Maßnahmen, eine Risikoabsicherung und den kontextbezogenen Wertbeitrag der Maßnahme zur Gesamtstrategie. Wichtig ist, dass hier die Kosten über den gesamten Lebenszyklus der Maßnahme betrachtet werden.
Das Kriterium der Umsetzbarkeit bewertet, wie realistisch, praktikabel und effektiv eine Dekarbonisierungsmaßnahme ist. Hierbei sollte die technische Machbarkeit, die organisatorische Umsetzbarkeit, die Akzeptanz bei den Stakeholdern, der Zeitaufwand und die Realisierungsdauer, der jeweilige Genehmigungs- und Rechtsrahmen, die Komplexität der Umsetzung sowie Synergien bzw. Zielkonflikte mit anderen Maßnahmen berücksichtigt werden.
Das Kriterium der Risiken von Dekarbonisierungsmaßnahmen umfasst die Aspekte Herausforderungen, Unsicherheiten und Nebenwirkungen. Hier sollten neben technologischen Risiken, Wirkungsunsicherheiten, finanzielle Risiken, regulatorische Risiken, Reputationsrisiken, soziale Risiken wie Akzeptanzrisiken, und Abhängigkeiten von externen Akteur:innen berücksichtigt werden.
Beim Kriterium der Auswirkungen auf andere Nachhaltigkeitsziele sollten alle positiven und negativen tatsächlichen und potenziellen Effekte auf weitere ESG-Ziele des Unternehmens untersucht werden. Neben umweltbezogenen Wechselwirkungen und sozialen Auswirkungen, gibt es mit Sicherheit Effekte auf die Governance-Strukturen. Weitere systemische Synergien mit anderen Frameworks wie den SDGs sind außerdem sinnvoll zu betrachten. Insgesamt sollten durch dieses Kriterium Trade-offs erkannt werden und Begleitmaßnahmen entwickelt werden, um mögliche Zielkonflikte frühzeitig abzumildern.
Für die technische Bewertung und anschließende Priorisierung der Dekarbonisierungsmaßnahmen gibt es verschiedene Tools und Hilfestellungen. So kann man seine Maßnahmen beispielsweise anhand einer Marginalen Vermeidungskostenkurve (engl. Marginal Abatement Cost Curve, kurz: MACC). Eine MACC ist ein Balkendiagramm, bei der auf der x-Achse die Menge der vermiedenen Treibhausgase in Tonnen CO2e pro Jahr und auf der y-Achse die Kosten oder Einsparungen pro vermiedener Tonne CO2e dargestellt wird. Der bereits oben verlinkte Leitfaden Vom Transitions- zum Finanzierungsplan des Unternehmensnetzwerks Klimaschutz enthält außerdem eine downloadbare Tabelle zur Bewertung und Priorisierung von Dekarbonisierungsmaßnahmen nach den Kriterien Wirksamkeit, Machbarkeit, Risken, Wirtschaftlichkeit und Finanzierung.
Aufstellung der Finanzierungsplanung
Für die Aufstellung einer tragfähigen Investitions- und Finanzierungsplanung, müssen alle erwarteten Kosten, Finanzierungsquellen und Zahlungsflüsse für klimabezogene Investitionen systematisch erfasst und geplant werden. Das Ziel sollte sein, eine Transparenz über die Wirtschaftlichkeit, Machbarkeit und über die Liquiditätswirkung der Maßnahmen zu gewinnen. Die vorher erarbeitete Maßnahmenpriorisierung inklusive Zeithorizonten bildet hierfür die Grundlage. Neben der Erfassung der Investitionskosten (CAPEX) wie zum Beispiel Anschaffungs- und Baukosten, Genehmigungs- und Planungskosten, Lizenzkosten usw., müssen auch die Betriebs- und Folgekosten (OPEX) kalkuliert werden. Hierbei handelt es sich beispielsweise um Kosten für eingesetztes Personal, Abgaben, Versicherungen und Gebühren oder Wartung- und Instandhaltungskosten. Dem gegenüber können die erwartbaren Einsparungen durch die Maßnahme berechnet werden, wie zum Beispiel die Vermeidung von CO2-Kosten, die eingesparten Stromkosten durch den Einsatz einer PV-Anlage oder beispielsweise Rückflüsse durch Rückerstattungen wie es bei Steuerrückzahlungen der Fall ist. Es ist sinnvoll die notwendig zu tätigenden Investitionen nach ihrer Art abzugrenzen, wie zum Beispiel Ersatzinvestitionen, Innovationsinvestitionen, Erweiterungsinvestitionen usw.
Da voraussichtlich nicht alle Dekarbonierungsmaßnahmen über das Eigenkapital finanziert werden können, muss man auch die Finanzierung durch Fremdkapital und Förderungen mit einberechnen. Dieser Finanzierungsbedarf kann mit Hilfe eine langfristigen Investitionsplans ermittelt werden und in einem Finanzierungsplan für die Transition bis zu dem festgelegten Zieljahr zusammengefasst werden. Öffentliche Förderprogramme wie zum Beispiel über das BAFA, oder Landesförderungen, wie den bayerischen Transformationsfonds, sowie externe Finanzierungszuschüsse wie CO2-Zertifikate oder THG-Prämien, Bankkredite oder Green Bonds sollten vorab abgeklärt und mit eingeplant werden.
Ein liquiditätswirksamer Zahlungsfluss (Cashflow) sollte bis zum Zieljahr des Emissionsreduktionsziels, zum Beispiel das Jahr 2045, wenn man sich an dem deutschen Klimaschutzgesetz orientiert, entwickelt werden und die entsprechenden Finanzkennzahlen für die Quantifizierung der wirtschaftlichen Wirkung entwickelt werden. Zu solchen Kennzahlen zählen beispielsweise der Kapitalwert (Net Present Value) über die Projektlaufzeit, der Return on Investment (ROI) oder die CO2-Vermeidungskosten.
Auch der Finanzierungsplan sollte anhand von einer regelmäßigen Risikobetrachtung in festgelegten Zeitabständen auf Aktualität hin überprüft werden. Diverse Änderungen wie beispielsweise ein Förderausfall oder Umsetzungsverzögerungen können die Finanzierungsplanbeeinträchtigen und eine Anpassung erfordern.
Umsetzung der Maßnahmen
Für die Umsetzung der Maßnahmen sollte nach der Finanzierungsplanung eine Maßnahmenroadmap erstellt werden. Eine Maßnahmenroadmap zeigt die zeitliche Abfolge sowie die Dauer der jeweiligen Maßnahme, angepasst an die Zielstellungen aus den strategischen Vorüberlegungen und in Abstimmung mit den eingeplanten Zeiten im Finanzierungsplan. Dafür sollte eine Kategorisierung der Maßnahmen nach kurzfristig (1-5 Jahre), mittelfristig (5-10 Jahre) und langfristig (bis zum Emissionsreduktionsziel) erfolgt sein. Die zeitliche Maßnahmenplanung sollte an die Abschreibungszyklen angepasst werden und bestenfalls in ein im Unternehmen genutztes Projekt-Setup integriert werden.
Warum benötigt es einen Transitionsplan?
Die Gründe für die Notwendigkeit eines Transitionsplanes liegen auf der Hand. Erstens fordern regulatorische Rahmenwerke wie die EU-Taxonomie-Verordnung, die CSRD, der VSME, die CSDDD sowie verschiedene andere Initiativen wie SBTi, die TCFD und das ISSB explizit oder implizit einen Transitionsplan. Dieser ist nun mal ein zentraler Bestandteil des klimbezogenen Berichtswesens. Ohne ihn können Reputationsrisiken, Einschränkungen beim Kapitalzugang und rechtliche Verstöße gegen die Berichtspflicht erfolgen. Zweitens werden die eigenen Tätigkeiten im Bereich Klimaschutz durch einen Transitionsplan gesteuert. Er erlaubt neben der Festlegung von Klimazielen und operativ umsetzbaren Schritten die Aufstellung eines Reduktionspfades mit Maßnahmen, Meilensteinen, Budgets und Verantwortlichkeiten und ermöglicht ein Monitoring und Controlling des Fortschritts. Ohne einen Transitionsplan bleibt die Steuerbarkeit und die Überprüfbarkeit der eigenen Klimastrategie wirkungslos. Drittens erhöht ein Transitionsplan die Chance für den Kapitalzugang und die Finanzierbarkeit von Maßnahmen. Investoren, Banken und Fördermittelgeber setzen teilweise bereits einen Transitionsplan voraus. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) schreibt beispielsweise in seinem Merkblatt KfW-Energieeffizienzprogramm Produktionsanlagen/-prozesse unter den Fördervoraussetzungen: „Darüber hinaus muss ein Transformationsplan vorliegen, der eine der nachfolgend genannten Fördervoraussetzungen erfüllt: 1. Das Unternehmen hat einen bereits geförderten Transformationsplan nach Modul 5 des Programms „Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft“ (Programm 295) 2. Das Unternehmen hat einen Transformationsplan aufgestellt, der ein Ziel von mind. 40 Prozent Treibhausgas-Reduktion innerhalb von 10 Jahren vorsieht. […] Die beantragten Investitionen müssen Teil des Maßnahmenplans sein, mit dem das 10-Jahres-Ziel des Transformationsplans realisiert werden soll.“ Viertens trägt ein Transitionsplan, der Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel berücksichtigt, wesentlich zum Risikomanagement und zur Resilienz des Geschäftsmodells bei. Die Identifikation physischer und transitorischer Risiken, die Entwicklung von Klimawandelanpassungsmaßnahmen und die Stärkung der Anpassungsfähigkeit von Lieferketten, Standorten und Geschäftsmodellen können ebenfalls durch einen Transitionsplan ermöglicht werden. So können zukünftige Störungen frühzeitig erkannt und rechtzeitig abgefedert werden. Fünftens ist es nicht neu, dass Klimaschutz als Innovationstreiber für Produkte, Prozesse und Geschäftsmodelle gilt. Ein Transitionsplan hilft, sich einen strategischen Vorteil gegenüber langsamer agierenden Wettbewerbern zu sichern und eine positive Positionierung am Markt als Geschäftspartner oder zukunftsfähiger Arbeitnehmer einzunehmen. Und sechstens hilft ein Transitionsplan Transparenz und Rechenschaft gegenüber wichtigen Stakeholdern zu zeigen. Ein Transitionsplan schafft Vertrauen, Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit.
Ergo ist ein Transitionsplan kein „Nice to have“, sondern ein strategisches „Muss“ und zwar für all die Unternehmen, die sich resilient gegenüber der Zukunft aufstellen wollen.