Refurbishment als Beispiel für zirkuläre Geschäftsmodelle

Das 9R-Framework ist die Basis für zirkuläres Wirtschaften. Eines der „9R“ ist das Prinzip des Refurbishment. Verkürzt gesagt geht es dabei um das Generalüberholen von Produkten, um deren Lebenszeit zu verlängern. Felix Ambros erklärt das Prinzip anhand des Praxisbeispiels „Refurbed“.

Ökologisch nachhaltig und wirtschaftlich erfolgreich. Das ist das Versprechen der Kreislaufwirtschaft. Das 9R-Framework gibt praktische Anweisungen, mit welchen Instrumenten Unternehmen zirkulär wirtschaften können. Rethink, Reduce, Reuse, Repair, Refurbish, Remanufacture, Repurpose, Recycle, Recover. Das ist die Grundlage einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft, aber was bedeuten diese Instrumente konkret? Dieser Artikel gibt einen Einblick in die Funktionsweise von Refurbishment am Beispiel des österreichischen Unternehmens Refurbed.

Was bedeutet Refurbishment?

Unter Refurbishment versteht man in der Kreislaufwirtschaft das professionelle Generalüberholen von Produkten zum Zwecke der Wiederverwendung. Im Stufenbau des 9R-Frameworks befindet es sich zwischen Repair und Remanufacture. Während eine einfache Reparatur sich also nur damit beschäftigt, kaputte Komponenten eines Produktes wieder in Stand zu setzen, geht es beim Refurbishment um mehr. Produkte werden in ihre Einzelteile zerlegt und geputzt. Verschleißteile werden ausgetauscht und am Ende des Prozesses kann ein neuwertiges Produkt erneut vermarktet werden.

Praxisbeispiel Refurbed

Ein europäisches Best Practice im Bereich des Refurbishment ist das Österreichische Scale-Up Refurbed. Refurbed ist ein Online-Marktplatz für aufbereitete Produkte. Das Unternehmen positioniert sich damit als Enabler für Zirkularität und ermöglicht mit einem Plattform-Modell das signifikante Verlängern von Materialkreisläufen auf europäischer Ebene.

Unique Selling Proposition

Wer kennt es nicht: Nachhaltigkeit wird meist mit teureren und weniger attraktiven Produkten und Dienstleistungen verbunden. Allerdings: Anbieter von qualitativ hochwertigen refurbished Produkten sorgen seit einigen Jahren in der Konsumentenschaft für einen Paradigmenwechsel. Durch die Zusammenarbeit mit hochprofessionellen Refurbishment-Unternehmen werden gebrauchte Elektrogeräte in einem 40-stufigen Prozess von Grund auf erneuert. Das Resultat: Geräte, die wie neu sind, können um bis zu 40 Prozent günstiger im Vergleich zu Neugeräten angeboten werden, bei gleichzeitig signifikant geringerem Umwelteinfluss (mehr dazu erfahren Sie im OMR-Podcast).

Erfolgsfaktor Kreislaufwirtschaft

Dass das Modell Refurbishment auch wirtschaftlich erfolgreich ist, zeigt der Gesamtverkaufswert der über die Online-Plattform verkauften Waren. Dieser liegt im mittleren dreistelligen Millionenbereich. In vier Finanzierungsrunden konnte das Unternehmen über 70 Millionen USD von Investoren einsammeln.

Der ökonomische Erfolg des Kreislaufwirtschafts-Scale-Up ist keine Einzelheit. Andere Erfolgsgeschichten, wie die des Startups Grover, zeigen das große wirtschaftliche Potential, das in zirkulären Geschäftsmodellen steckt. Per Abo-Modell für gebrauchte und reparierte Elektrogeräte soll das zirkuläre Geschäftsmodell „product as a service“ in Europa populär gemacht werden. Mit etwa 250.000 Kunden und Kundinnen und Expansionsplänen für die USA hat Grover dieses Jahr als erstes deutsches Kreislaufwirtschafts-Startup den Unicorn Status geknackt.

Wie zirkulär ist Refurbishment wirklich?

Betrachtet man die Materialströme von Refurbed genauer, so erkennt man, dass das Geschäftsmodell eine signifikante Verlängerung der Produktnutzungsdauer ermöglicht. Gebrauchte Artikel werden meist von Unternehmen angekauft und somit dem linearen System entzogen. Die gebrauchten Artikel werden an professionelle Refurbishment-Partner weitergegeben, die sie aufbereiten und in weiterer Folge auf der Plattform wieder anbieten. Endkonsumenten erwerben ein Produkt und nutzen dieses weiter.

Nun kommt es zu einer nicht trivialen Weggabelung: Kann das Produkt noch ein weiteres Mal aufbereitet und weiterverwendet werden, so wird es ein zweites Mal im Refurbishment-Kreislauf geführt. Das Unternehmen kauft mit ihrem Buy-back Programm das Produkt zurück, der Prozess beginnt von Neuem. Ist dies aus technologischen Gründen nicht möglich, so gibt es für das Produkt keinen Weg zurück ins Refurbishment-System. Die Lebensspanne kommt zu einem Ende.

Um das cradle-to-cradle-Prinzip dennoch erfüllen zu können, müssen über die Instrumente Recycling und Recovering die noch vorhandenen, wertvollen Ressourcen weiter im Kreislauf geführt werden.

Refurbishment Schaubild

Kann Refurbishment die Klimabilanz verbessern?

Beim Refurbishment werden in etwa 70 Prozent der Treibhausgasemissionen im Vergleich zur Neuproduktion eingespart. Ein wichtiger Diskussionspunkt im Bereich des zirkulären Wirtschaftens ist es jedoch, nicht nur von Treibhausgasemissionen zu sprechen, sondern auch Ressourcennutzung, Anfall von Elektroschrott und weitere Kennzahlen zu erheben. Die ökologische Krise, in der wir uns befinden, ist multidimensional. Treibhausgase stellen dabei nur einen von vielen relevanten Faktoren dar.

Zusammengefasst lässt sich also sagen: Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft kann die Klimabilanz senken. Sie kann aber auch noch mehr. Sie schafft es, mit den begrenzten auf der Erde zur Verfügung stehenden Ressourcen effizient zu wirtschaften und dabei ökologisch und ökonomisch erfolgreich zu sein. Unternehmen wie Refurbed oder Grover zeigen hier auf, was für ein Potential in zirkulären Geschäftsmodellen steckt. Sie zeigen aber auch auf, dass noch nicht alle Lösungen, die wir für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft brauchen, vorhanden sind. Es braucht noch mehr vernetztes Denken, mehr Informationsaustausch und bessere Systeme, um Produkte an ihrem Lebensende wieder in den Materialkreislauf einzugliedern.