Kreislaufwirtschaft – die „7 R“

Zirkuläres Design lässt sich sowohl auf neue als auch auf bestehende Produkte und Geschäftsmodelle anwenden. Dabei können sich Unternehmen an den „7 R“ der Kreislaufwirtschaft orientieren. Alfred Münger beschreibt in diesem Artikel die einzelnen Teile dieses Konzepts.

Neue Produktentwicklungen sind bereits weit fortgeschritten, einige Produkte wurden neu lanciert, andere als Cashcows bringen viel Umsatz etc. Der Design-Circular-Gedanke schließt diese Produkte nicht aus, ganz im Gegenteil. Hinsichtlich der bestehenden Produkte ist der Fokus anders auszurichten, insofern hier neue Geschäftsmodelle zu konzipieren sind, die das Unternehmen neu definieren kann. Unternehmen entwickeln neue Produkte, die den Kriterien der Kreislaufwirtschaft entsprechen und bestehende Produkte in neue Geschäftsmodelle überführen. Daher wurden die vielfach in der einschlägigen Literatur verwendeten „drei R“ auf sieben erweitert:

  1. Reduce = reduzieren
  2. Re-use = wieder nutzen
  3. Repair = reparieren
  4. Re-fit = überholen
  5. Re-build = erneuern
  6. Re-furbish = aufbereiten, Upcycling
  7. Re-cycle = rezyklieren

7R Kreislaufwirtschaft

Reduce = Reduzieren

Wie in einem Wertanalyse-Projekt wird versucht, möglichst Rohstoffe einzusparen. Wo es sinnvoll ist, werden sie durch alternative Materialien ersetzt.

Beispiele:

  • Stanzabfälle, die in einem geschlossenen Kreislauf mit dem Herstellerwerk zirkulieren,
  • Angüsse aus der Kunststoffproduktion, die innerhalb der Fertigung wieder gemahlen und unmittelbar mit Neumaterial vermischt werden,
  • Konstruktionsmethoden wie die Wabenkonstruktion,
  • Substitution von Materialien; Kunststoffe werden ersetzt durch nachwachsende Rohstoffe.

Re-use = wieder oder anders nutzen

Die Unternehmen erarbeiten Ideen, wie hergestellte Produkte oder zumindest eine große Anzahl Komponenten wieder oder anders verwendet werden können.

Beispiele:

  • Die Matratzenherstellerin »Elite« hat ein ausgeklügeltes System auf einer »Pay-per-Use«-Basis installiert und konnte damit Arbeitsplätze in der Schweiz halten. »Elite« vermietet Matratzen ähnlich wie Autos und arbeitet sie nach einer gewissen Zeit wieder auf. Dass damit Ressourcen geschont werden, liegt auf der Hand.
  • PET wird entweder in gleicher oder anderer Form wiederverwendet. Als Beispiel sei hier die Kleidermarke Patagonia genannt.

Re-fit = überholen

Viele Produkte sind aufgrund des hohen Anschaffungswertes unbedingt dazu prädestiniert, einen sogenannten »Refit« zu durchlaufen, aber auch günstigen Produkten (mit Betonung auf günstig oder preiswert) könnte solches Refitting nützen. Es ist daher sinnvoll, dass Unternehmen Refit-Programme aufbauen. Dieses Postulat sollten sowohl Konsumenten und Investoren als auch Gesetzgeber fordern und fördern.

Beispiele:

  • Schiffe, die ein gewisses Alter besitzen, werden einem Refit unterzogen.
  • Schuhe, die einem ans Herz gewachsen sind, können gut ausgebildete Schuhmacher fast in ihren Ursprungszustand versetzen

Re-build = Bestehendes neu aufbauen, technologisch aufrüsten

Bestehende Produkte können weiterverwendet werden. Eine Geschäftsmodelländerung bringt dem Unternehmen eine längerfristige Kundenbindung.

Beispiele:

  • Viele Lastwagen fahren heute lange Strecken. Der gesamte Aufbau, das Chassis ist meist noch in einem so guten Zustand, dass der Lastwagen ohne größere Probleme einen weiteren Lebenszyklus überstehen würde. Einzig der Motor müsste aufgrund der sich ändernden Gesetzgebung ausgetauscht werden. Dies würde dazu führen, dass Motoren überholt und mit neuster Technologie versehen würden. Damit würde der Ressourcenbedarf massiv sinken.

Caterpillar bietet diesen Service für Kunden der firmeneigenen Produkte an und kann ebendiese Kunden langfristig an sich binden.

Re-furbish = aufbereiten, Upcycling

Produkte, die im weitesten Sinne, im Produktlebenszyklus am Ende angelangt sind, werden neu aufgebaut resp. einer anderen Nutzung (Upcycling) zugeführt. Die Produkte, die ein Unternehmen herstellt, können unter Umständen ohne größeren Aufwand redesignt respektive einer neuen Nutzung zugeführt werden.

Beispiele:

  • Ein Sofa mit entsprechender Geschichte, das viel bedeutet, dessen Überzug in den letzten Jahren freilich stark unter der Nutzung gelitten hat. Sie lassen es von einer spezialisierten Fachkraft erneuern und mit einem neuen Deckmaterial beziehen.
  • Typischem Upcycling entspringen Taschen der Firmen Format12 oder Freitag. Das Unternehmen Freitag stellt Taschen aus ausgedienten Lastwagenplanen her.
  • Aus alten Transportpaletten stellt die Firma Rewood neue Möbel her.

Repair = Reparieren

Eine große Anzahl an Produkten kann heute nur unter (zu) großem Aufwand repariert werden. Daher ist es vernünftig, in der Designphase eines Produktes neben »End-of-Life«-Szenarien gleichermaßen Reparaturmöglichkeiten einzuplanen. Ein Kreislauf ist gewiss möglich. Überdies vermögen Unternehmen Kunden langfristig an sich zu binden. Ein schneller und kompetenter Service ist zweifelsfrei eine zusätzliche Bedingung, damit die Strategie funktioniert.

Ein potenziell erfolgreiches Geschäftsmodell, das bereits vorgeschlagen wurde, ist hier ebenfalls »Pay per Use«. Einige Automarken offerieren schon Zehn-Jahres-Garantien. Bei der Reparatur kann je nach Produkt zudem ein Update in Betracht gezogen werden.

Recycle = Rezyklieren

Allen Bemühungen zum Trotz bleibt oftmals allein Recycling. Produkte zu rezyklieren ist immer noch besser, als sie definitiv zu entsorgen. Im Rahmen des Produktdesigns kann entlang des Lebenszyklus vieles eingeplant werden. Bei bestehenden Produkten besteht eine größere Herausforderung, wie Unternehmen den Lebenszyklus der hergestellten Produkte verlängern oder verändern können.

Das Geschäft der Wiederaufbereitung verspricht sowohl kurzfristige als auch langfristige Erfolge. Anbieter stehen in direktem Kontakt mit ihren Kunden. Die Rücknahme eines wartungs- oder reparaturbedürftigen Produkts bietet den Unternehmen auf kurze Sicht die Möglichkeit, die Kundenbedürfnisse besser zu verstehen, die Produkte zu optimieren und zudem den Kundinnen und Kunden mit neuen, zusätzlichen Dienstleistungen zu helfen. Auf lange Sicht sinken aufgrund der Kundennähe finanzielle Risiken, da jeder Rückkoppelungskreis vor dem Recycling resp. vor der definitiven Entsorgung erleichtert, die Ressourcenbestände zu kontrollieren. Dank der höheren Kundenbindung und der besseren Kontrolle über die vorhandenen Ressourcen kann die Resilienz des Unternehmens gestärkt werden.


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Dieser Artikel ist ein Ausschnitt aus dem Buch Kreislaufwirtschaft als Strategie der Zukunft, das 2021 bei Haufe erschienen ist. Hier geht es zum Buch.

Schlagworte zum Thema:  Kreislaufwirtschaft, Cradle to Cradle, Green Tech