Grüner Handyvertrag: Nachhaltigkeit in der Hosentasche
Diensthandys und Mobilfunk: ein blinder Fleck in der Nachhaltigkeitsstrategie
Damit mobile Verbindungen rund um die Uhr aufrechterhalten werden, sind Basisstationen, Antennen und Sendetechnik nötig, welche einen signifikanten Energieverbrauch verursachen. Mobile Daten werden von und an Datenzentren auf der ganzen Welt versandt, diese benötigen Energie für Klimaanlagen, Server und weitere Infrastruktur. Eine Studie des Bundesamtes für Umwelt prognostiziert eine Steigerung des elektrischen Energiebedarfes der Mobilfunknetze von jährlich 2,3 TWh auf bis zu 7,5 TWh im Jahre 2030.
Smartphones: Hoher Ressourcenbedarf schon vor der Nutzung
Ein Großteil der CO ₂-Emissionen eines Handys entstehen noch vor seiner eigentlichen Nutzung durch die Gewinnung, Verarbeitung und Montage der Rohstoffe. Dazu zählen Lithium, Kobalt, Tantal, Silber oder Gold. Diese wiederum müssen in großem Stil abgebaut werden, was in den Förderregionen zu hohen ökologischen Belastungen, Menschenrechtsverletzungen und Konflikten über die Landnutzung führt.
Ein nicht unrelevanter ökologischer Fußabdruck also, den Unternehmen mit vielen Mitarbeitenden und dementsprechend vielen Diensthandys und Mobilfunkverträgen mit gezielten Maßnahmen verringern können. Für Nachhaltigkeitsverantwortliche einer von vielen Hebeln, die direkten Einfluss auf die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens haben. Vier Anbieter in Deutschland bieten nachhaltige Mobilfunkvertrage an, wir haben uns ihre unterschiedlichen Modelle und Ansätze angeschaut.
Amiva: Mobilfunk mit sozial-ökologischem Ansatz
Fast so viel CO ₂-Emissionen wie die Inlandsfüge in Deutschland – dass die Handynutzung aufs Klimakonto schlägt, weiß auch das Düsseldorfer Unternehmen Amiva. Seit 2024 will Amiva deshalb „frischen Wind“ in das digitale Leben bringen: „Dank unseres Investments in den Windpark im Nordpfälzer Bergland erzeugen wir nicht nur genug erneuerbare Energie für unseren eigenen Bedarf, sondern gleich doppelt so viel, wie unsere Kundinnen und Kunden mit einem Handytarif verbrauchen“, berichtet das Unternehmen. Die beiden Windkraftanlagen erzeugen jährlich genug saubere Energie, um 9.000 Haushalte zu versorgen und über 14.000 Tonnen CO ₂ einzusparen.
Natalie Antoni, Senior Communications Manager bei Amiva erklärt das Investment: “Bei dem Windpark handelt es sich um ein Repowering-Projekt. Bestehende Windräder werden durch moderne, leistungsstärkere Anlagen ersetzt. So wird auf derselben Fläche deutlich mehr Windstrom erzeugt, ganz ohne neue Flächen zu versiegeln. Das ist besonders ressourcenschonend, umweltfreundlich und nachhaltig.”
Einfacher Wechsel und kein Verzicht
Um zu wissen, wie hoch der firmeninterne CO ₂-Fußabdruck ist, ließ Amiva diesen von ClimatePartner analysieren. Über 80 Tonnen direkte und indirekte CO ₂-Emissionen konnten ermittelt werden. Neben internen Maßnahmen wie Verwendung von Grünstrom, nachhaltigem Arbeitsweg, Online-Rechnungen oder energieeffizienter IT wurde auch das Klimaschutzprojekt „Empowering“ in der Zertifizierung beachtet.
Einfacher Wechsel und kein Verzicht – damit wirbt Amiva für ihren nachhaltigen Tarifvertrag.
“Im Vergleich zu anderen Nachhaltigkeitsbemühungen ist der Wechsel des Mobilfunkanbieters mit sehr wenig Aufwand und wenig Mehrkosten verbunden”, so Natalie Antoni.
Zudem werden durch die Nutzung eines Amiva-Tarifs die Mitarbeitenden ebenfalls Teil der Nachhaltigkeitsbemühungen. Die Tarife laufen über ein 5G-Netz und Amiva bietet einen persönlichen Kundenservice – ganz ohne KI-Chats – an. Für die Unternehmen entsteht somit kein Nachteil.
Amiva im Überblick:• Windkraft-Engagement: Investitionen in Windenergie, um mehr erneuerbare Energie zu erzeugen als verbraucht wird. |
WeTell: Regenerativer Mobilfunk für Unternehmen
Gerade erst wurde das Freiburger Unternehmen WeTell mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet, im nachhaltigen Mobilfunk-Business ist WeTell bereits seit 2019. Stand März 2025 nutzen bereits 27000 Privat- und Geschäftskundinnen und -kunden das nachhaltige Mobilfunkangebot. Oberstes Ziel der Freiburger: regenerativ zu wirtschaften. „Das bedeutet, nicht nur verbrauchte Ressourcen auszugleichen, sondern darüber hinaus einen Mehrwert für den Klimaschutz und die Gesellschaft zu schaffen“, erläutert WeTell seinen Ansatz.
Um beispielsweise die Emissionen, welche beim Betrieb des Mobilfunknetzes entstehen, zu kompensieren, ging WeTell eine Kooperation mit Carbonfuture ein. Aus Forst-Reststoffen und weiteren pflanzlichen Abfällen wird Kohle hergestellt, welche als Düngezusatz genutzt wird. Die Kohle speichert CO ₂ und verhindert, dass dieses in die Atmosphäre gelangt und sorgt zusätzlich für eine bessere Bodenqualität. Weiters investiert WeTell in Solar- und Windkraftanlagen und verloste bereits 60 Balkonkraftwerke an die Community.
Wer kann, zahlt mehr und unterstützt Menschen mit finanziellem Engpass
Nachhaltig und solidarisch ist der „Fairstärker“-Tarif: Wer es sich leisten kann, zahlt freiwillig ein paar Euro mehr im Monat in einen Solitopf. Wer gerade knapp bei Kasse ist, erhält seinen nachhaltigen Tarif ein paar Euro günstiger.
Auch bei Endgeräten setzt WeTell nicht auf klassische Rabattmodelle oder den schnellen Gerätewechsel. Stattdessen fördert das Unternehmen die Wiederverwendung, die Miete von Smartphones sowie den Einsatz von wiederaufbereiteten Geräten, um Ressourcenverbrauch und Elektroschrott zu reduzieren.
WeTell im Überblick:• Mengenrabatte für Unternehmen. Ab 250 Tarifen beispielsweise zehn Prozent Preisnachlass |
Sauber Waldfunk: Mobilfunk finanziert Schutz von Regenwald und Orang-Utans
Wer sich für einen grünen Mobilfunkvertrag bei dem Kölner Anbieter Sauber Waldfunk entscheidet, hilft direkt, die bedrohten Orang-Utans auf der südostasiatischen Insel Borneo zu schützen. „Für das Projekt Rimba Raya haben wir uns entschieden, da wir so genau wissen, wohin die Gelder für die Zertifikate fließen“, so das Unternehmen auf seiner Webseite. Außerdem werde der gesamte Kompensationsprozess unabhängig durch den TÜV Nord überprüft. Aber warum ein Projekt am anderen Ende der Welt unterstützen? Seit 1990 hat Indonesien fast ein Viertel seiner Waldfläche verloren, die Palmölproduktion und der Bergbau setzen die verbliebenen Regenwälder massiv unter Druck. Jede Minute verschwindet Wald in der Größe eines Fußballfeldes, so Sauber Waldfunk. Das unterstützte Projekt schützt somit eines der am stärksten gefährdeten Ökosysteme der Welt – und seine orangefarbenen Bewohner.
Sauber Waldfunk im Überblick:• Keine Tarife mit Endgerät |
Goood: Mobilfunkverträge mit Spendenmodell
Einen etwas anderen Ansatz fährt das Unternehmen Goood, dessen Mobilfunkfunkverträge für Deutschland über WeTell laufen. Allerdings kann zusätzlich zu dem grünen Mobilfunk ein Projekt nach Wahl unterstützt werden und ein Spendenabo eingerichtet werden. Wer einer Frau einen sicheren Schlafplatz spenden möchte kann das genauso tun wie Bienenretter:in werden. Die Kosten reichen von fünf Euro für eine warme Mahlzeit bis zu 50 Euro für einen Zahnarztbesuch für einen obdachlosen Menschen.
„Unser Painless-giving-Ansatz gibt jedem die Macht, aktiv mit einer Kaufentscheidung auf die Profitverteilung im Mobilfunkmarkt Einfluss zu nehmen“, erklärt Goood den Ansatz. Seit der Gründung 2017 konnten bisher 25.0´000 Euro für gemeinnützige Zwecke gesammelt werden.
Goood im Überblick:• Mobilfunktarife laufen über die Partnerschaft mit WeTell |
Kosten im marktüblichen Rahmen plus Businessmodelle
Nachhaltiger Mobilfunk kann sich für Unternehmen lohnen. Und das nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus wirtschaftlicher Perspektive. Diensthandys und Mobilfunkverträge sind in vielen Organisationen ein fester Bestandteil des Arbeitsalltags und damit ein konkreter Punkt für Nachhaltigkeitsverantwortliche, um Ressourcenverbrauch und Emissionen zu reduzieren, ohne tief in bestehende Prozesse eingreifen zu müssen.
Die vorgestellten Anbieter zeigen, dass nachhaltiger Mobilfunk nicht zwangsläufig mit höheren Kosten verbunden ist. Beispielhafte Tarife mit 20 Gigabyte Datenvolumen für 20 Euro im Monat bewegen sich im marktüblichen Rahmen. Dazu kommen für Unternehmen Businessrabatte und Mengenmodelle hinzu, die nachhaltige Mobilfunklösungen auch bei größeren Mitarbeiterzahlen wirtschaftlich attraktiv machen.
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