ESG-Strategie und -Reporting: Defizite im Mittelstand

Durch die CSRD werden die Reportingpflichten zu Nachhaltigkeitsthemen erweitert und sukzessive auf einen größeren Adressatenkreis ausgeweitet. Die Festlegung von Kennzahlen und die dafür notwendige Datenbeschaffung sind für viele Firmen noch mit Schwierigkeiten verbunden. Das zeigt die Studie " ESG-Strategie und Berichterstattung – Status und Umsetzung im deutschen Mittelstand" . Mit der Untersuchung wollte die Beratungsgesellschaft PwC herausfinden, wie gut mittelständische und inhabergeführte Unternehmen in Deutschland auf das verpflichtende Nachhaltigkeitsreporting vorbereitet sind und welche Ziele sie mit einer nachhaltigen Ausrichtung verbinden.
Unternehmen fehlt ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie
Ein Kernergebnis der Studie ist: Unternehmen haben erkannt, dass sie die nachhaltige Transformation angehen müssen. 60 Prozent der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer bestätigen dies. Zugleich verfolgen Unternehmen noch keine ganzheitliche Strategie: Lediglich ein Drittel verfolgt ESG-Kriterien, weil sie dem eigenen Selbstverständnis entsprechen. Die übrigen reagieren auf regulatorischen Druck von außen.
Uwe Rittmann, Leiter „Familienunternehmen und Mittelstand“ bei PwC Deutschland, sagt dazu:
„Nachhaltigkeit ist das Fundament für unternehmerischen Erfolg im Mittelstand. Nur Unternehmen, die ökologische und soziale Verantwortung übernehmen, werden künftig noch am Markt bestehen. Deshalb ist es entscheidend, das Thema ESG ganzheitlich und kennzahlenbasiert zu verfolgen.“
Die größten Herausforderungen für Unternehmen
Aktuell bewerten Unternehmen gestiegene Energiekosten (70 Prozent), den Fachkräftemangel (66 Prozent) und Rohstoffknappheit bzw. hohe Rohstoffpreise (63 Prozent) noch als größere Herausforderungen als die Transformation zu einem nachhaltigen Unternehmen. Diese landet mit 60 Prozent auf dem fünften Platz.
In Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte bereitet bei 68 Prozent der Befragten das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) große Probleme. Knapp die Hälfte kämpft mit Herausforderungen zu den Angaben der EU-Taxonomie (45 Prozent).
Indikatoren zur Erfassung des ökologischen und sozialen Fußabdrucks
63 Prozent der Befragten gaben an, ihr Unternehmen habe bereits erste Analysen der CSRD-Anforderungen durchgeführt. Bei den bislang erhobenen umweltbezogenen Kennzahlen sehen die Studienautoren vor allem jene Zahlen vorne, die es ermöglichen mittels Effizienzmaßnahmen Kosten zu sparen:
- Treibhausgas-Emissionen bzw. dem Energieverbrauch (Strom) (84 Prozent)
- Wasserverbrauch (80 Prozent)
- Nutzung erneuerbarer Energie (70 Prozent)
- Materialverbrauch (67 Prozent)
- Recycling/Kreislaufwirtschaft/Abfallaufkommen (64 Prozent)
- gefährliche Einsatzstoffe (49 Prozent)
- umweltfreundliche Mobilität (38 Prozent)
- Emissionen in Wasser und Böden (29 Prozent)
- Schutz von Biodiversität (13 Prozent)
Insbesondere die Problematik der Biodiversität scheint in kleineren Unternehmen kaum bewusst – oder schwer messbar – zu sein: Nur 9 Prozent der Unternehmen mit weniger als 200 Mio. Euro Jahresumsatz erheben Kennzahlen dazu, im Vergleich zu 16 Prozent der Unternehmen mit über 200 Mio. Euro Jahresumsatz.
Im Bereich der sozialen Einflussfaktoren sammelt der Großteil der Unternehmen Kennzahlen zu Gesundheits- und Arbeitsschutz (91 Prozent), gefolgt von innerbetrieblichen Faktoren (Aus- und Weiterbildung: 77 Prozent, Beschäftigtenzufriedenheit: 56 Prozent). Informationen zur Einhaltung sozialer Standards in der Lieferkette erheben dahingegen lediglich 35 Prozent der Unternehmen. Nur zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist die Datenlage mit 32 Prozent noch dürftiger.
Verarbeitung von ESG-Daten: Excel für viele das Tool der Wahl
Auch technologisch sind viele Mittelständler noch nicht ausreichend aufgestellt: 73 Prozent der Befragten gaben an, Probleme bei der Erfassung, Qualität, Verarbeitung und Analyse ihrer für die Nachhaltigkeitsberichterstattung relevanten Daten zu haben. Die Studienautoren führen das auf einen Mangel an geeigneten Tools zurück:
- 78 Prozent der Unternehmen, die überhaupt ein Tool zur Datenerfassung nutzen, setzen auf Excel.
- 35 Prozent verfügen bereits über spezialisierte Software von externen Anbietern.
- 24 Prozent nutzen Business Intelligence- oder Business Analytics-Lösungen.
- 13 Prozent entwickeln selbst eine spezialisierte Software.
Die Methodik der Studie
Für die nicht-repräsentative Studie befragte PwC Deutschland gemeinsam mit dem Institut für Management und Innovation (IMI) der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen knapp 160 mittelständische Unternehmen. Der Schwerpunkt lag auf Firmen aus dem verarbeitenden Gewerbe. Befragt wurden vor allem Vertreter aus dem Unternehmensbereich Nachhaltigkeit (48 Prozent), der Geschäftsleitung (23 Prozent) und dem Finanzwesen/Controlling (13 Prozent).
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