Doppelte Haushaltsführung bei Bewohnen einer eigenen Etage im Elternhaus

Die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG sind allerdings nicht erfüllt, wenn unter Gesamtwürdigung aller tatsächlichen Verhältnisse nicht davon auszugehen ist, dass ein eigener Hausstand am Lebensmittelpunkt unterhalten wird, sondern der junge Arbeitnehmer weiterhin in den für ihn "fremden" Haushalt seiner Eltern eingegliedert ist. Möglich ist aber auch, dass sich der Haushalt der Eltern zu einem wohngemeinschaftsähnlichen, gemeinsamen und mitbestimmten Mehrgenerationenhaushalt handelt.
Doppelte Haushaltsführung ab 2014
Eine doppelte Haushaltsführung liegt gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Orts seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt. Das Unterhalten eines eigenen Hausstands setzt wiederum das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung durch den Steuerpflichtigen voraus (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG).
Mit dieser gesetzlichen Normierung der Voraussetzungen zum Unterhalten eines eigenen Hausstands durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.2013 (BGBl 2013 I S. 285) sollte mit Wirkung ab dem VZ 2014 zusätzliche Rechtssicherheit geschaffen und Streitpotential vermieden werden.
Es genügt nicht, wenn der Arbeitnehmer z. B. im Haushalt der Eltern lediglich ein oder mehrere Zimmer unentgeltlich bewohnt oder wenn dem Arbeitnehmer eine Wohnung im Haus der Eltern unentgeltlich zur Nutzung überlassen wird. Die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung ist darzulegen und kann auch bei volljährigen Kindern, die bei ihren Eltern oder einem Elternteil wohnen, nicht generell unterstellt werden.
Betragen die Barleistungen des Arbeitnehmers mehr als 10 % der monatlich regelmäßig anfallenden laufenden Kosten der Lebensführung (z. B. Miete, Mietnebenkosten, Kosten für Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs) ist von einer finanziellen Beteiligung oberhalb der Bagatellgrenze auszugehen.
Fall des FG München: Eigene Etage im Elternhaus
Im Rahmen eines vom FG München entschiedenen Falls war der Stpfl. in den Streitjahren (2014 bis 2018) bereits 28-32 Jahre alt. Unstreitig war, dass der Student am Ort der ersten Tätigkeitsstätte gewohnt hat. Außerdem behielt der Kläger in den Streitjahren weiterhin seinen Wohnsitz an seinem unstreitigen Lebensmittelpunkt im Haus seiner Eltern.
Das Haus der Eltern besaß zwei Wohnetagen, wovon zunächst der Kläger und sein Bruder jeweils ein Zimmer im Obergeschoss bewohnten. Nach dem Auszug des Bruders in 2010 renovierte der Kläger die Räumlichkeiten im Obergeschoss und bewohnte sie vollständig alleine. In den Jahren 2014 bis 2018 erzielte der Kläger Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit aus gelegentlichen Werkstudententätigkeiten bzw. als studentische Hilfskraft sowie ab 2018 als wissenschaftlicher Mitarbeiter.
Von 2014 bis 2017 erhielt er auch noch BAföG. Streitig war sodann, ob eine doppelte Haushaltsführung vorliegt. Dies verneinte das Finanzamt, da der Kläger immer noch in den Haushalt der Eltern eingegliedert sei – unter besonderer Nutzungsmöglichkeit von abgegrenzten Räumen im Obergeschoss.
Der Kläger erwiderte, dass er nach einer von den Eltern unterzeichneten Bestätigung sich in den Jahren 2014 bis 2016 an den Nebenkosten für das Haus durch jeweilige Barzahlungen beteiligt und zusätzlich im landwirtschaftlichen Betrieb mitgeholfen sowie an Erhaltungsarbeiten an den Gebäuden mitgewirkt habe. Er habe in den Streitjahren im Haus eine abgeschlossene Wohnung mit eigener Küche und Bad bewohnt. Er habe sich auch im Haus in der Regel selbst versorgt und insgesamt auf seiner eigenen Etage einen eigenen Haushalt geführt, der nicht der Mitbestimmung von den Eltern unterlegen habe.
FG München lehnt doppelte Haushaltsführung ab
Dies Argumente haben das FG München aber nicht überzeugt (Urteil v. 1.3.2023, 1 K 2311/20). Der Kläger sei aufgrund der Gesamtumstände vielmehr – wie bereits in den Vorjahren – auch während seiner weiterhin ab dem Jahr 2014 erfolgten Nutzung der Räumlichkeiten im Obergeschoss lediglich in dem für ihn "fremden" Haushalt von den Eltern eingegliedert, welchen die Eltern weiterhin im gesamten Haus geführt haben, und zwar auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass ihm die Räumlichkeiten im Obergeschoss ersichtlich erheblich großzügigere Wohnverhältnisse geboten haben als seine Wohnungen an seiner jeweiligen ersten Tätigkeitsstätte sowie der von ihm vorgetragenen Beteiligung an den Kosten und der Führung dieses Haushalts durch Mitarbeit.
Daran ändere sich auch nichts durch das Vorbringen des Klägers, wonach der Kläger die Etage eigenständig renoviert habe, wobei im Übrigen unter Berücksichtigung der etwa in den Streitjahren ab 2014 durch den Kläger erzielten Einkünften nicht von seiner wesentlichen Kostentragung hinsichtlich dieser Renovierungsarbeiten ausgegangen werden könne. Daher hat das FG auch Zweifel an der vom Kläger vorgetragenen finanziellen Beteiligung an den Kosten der Lebensführung.
Beschwerde-/Revisionsverfahren
Zunächst wurde keine Revision zugelassen. Das Beschwerdeverfahren durch den Kläger war aber erfolgreich, sodass nun ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig ist. Spricht dies dafür, dass der BFH eine andere Auffassung vertritt? Folgende Rechtsfrage ist jedenfalls nun beim BFH unter dem Az. VI R 12/23 offen:
Erfordert das Innehaben einer Wohnung ein eigenes Recht im Sinne eines entgeltlichen Nutzungsrechts des Steuerpflichtigen, das ihm wie bei Eigentum oder einem Mietverhältnis ein zur Ausschließung berechtigendes Hausrecht gewährt, oder ist es ausreichend, dass dem Steuerpflichtigen ein (räumlich) abgrenzbarer Teil eines Wohnhauses unentgeltlich, unter Vereinbarung eines Ausschlusses der Nutzung der Überlassenden, zur Nutzung überlassen wird?
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