Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerblicher Grundstückshandel bei Veräußerung von Teilflächen unbebauten Grundbesitzes
Leitsatz (NV)
Bei der Anschaffung eines unbebauten Grundstücks und der anschließenden Veräußerung von Teilflächen kann ein gewerblicher Grundstückshandel bei Vorliegen besonderer Umstände auch dann anzunehmen sein, wenn weniger als vier Objekte veräußert werden. Da der BFH für den Verkauf unbebauten Grundbesitzes keine feste "Drei-Objekt-Grenze" aufgestellt hat, divergiert die Annahme gewerblichen Grundstückshandels in einem solchen Fall nicht mit der Rechtsprechung des BFH.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2; FGO § 115 Abs. 2
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig.
1. Gemäß Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) richten sich die Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften, wenn die Entscheidung ―wie im Streitfall― vor dem 1. Januar 2001 zugestellt worden ist.
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) macht als Zulassungsgrund Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung i.d.F. vor In-Kraft-Treten des 2.FGOÄndG (FGO a.F.) geltend. Er rügt ordnungsgemäß, das Finanzgericht (FG) habe seiner Entscheidung Rechtssätze zugrunde gelegt, die mit ebenfalls tragenden Rechtssätzen der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 3. Juli 1995 GrS 1/93 (BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617) und vom 18. Mai 1999 I R 118/97 (BFHE 188, 561, BStBl II 2000, 28) nicht übereinstimmten.
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Es kann dahinstehen, ob bei Beschwerden, deren Zulässigkeit sich ―wie im Streitfall― nach altem Recht richtet, im Rahmen der Begründetheit des Rechtsmittels über die gerügte Divergenz (Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F.) zu entscheiden ist oder ob es auf den neuen Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO i.d.F. des 2.FGOÄndG (Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung) ankommt. Denn es liegen im Streitfall weder die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F. noch des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO i.d.F. des 2.FGOÄndG vor.
a) Der Kläger führt aus, das FG habe den Rechtssatz aufgestellt, durch die Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Erwerb des (unbebauten) Grundstücks seien unabhängig von der Zahl der veräußerten Teilflächen die Grenzen privater Vermögensverwaltung überschritten, weil bereits die Größe des erworbenen Areals von ca. 7 ha dafür spreche, dass der Kauf zumindest auch darauf ausgerichtet gewesen sei, das Grundstück durch Umschichtung gewinnbringend zu vermarkten. Nach den BFH-Entscheidungen in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, und in BFHE 188, 561, BStBl II 2000, 28 komme es dagegen weder auf die Größe noch auf den Wert des einzelnen Objekts noch auf dessen Nutzungsart an. Vielmehr sei die Zahl der Objekte und der zeitliche Abstand der maßgebenden Tätigkeiten von indizieller Bedeutung.
Das finanzgerichtliche Urteil weicht nicht von diesen Rechtssätzen ab. Der Große Senat des BFH hat im Beschluss in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617 (unter C. II.) die Grundsätze der Rechtsprechung für die Annahme gewerblichen Grundstückshandels bei der Veräußerung von Ein-, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen (Wohneinheiten) im Wesentlichen bestätigt. Nach Auffassung des Großen Senats haben die Zahl der Objekte und der zeitliche Abstand der maßgebenden Tätigkeiten (Anschaffung, Bebauung, Verkauf) indizielle Bedeutung für die Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung vom gewerblichen Grundstückshandel. Eine nicht steuerbare Vermögensverwaltung sei im Regelfall anzunehmen, wenn nicht mehr als drei Wohneinheiten (Ein-, Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen) angeschafft und veräußert würden.
Der Streitfall betrifft aber nicht die Veräußerung von Wohneinheiten, sondern von Teilflächen eines unbebauten Grundstücks. Der Große Senat hat im Beschluss in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617 (unter C. II. 1.) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der BFH für den Verkauf unbebauten Grundbesitzes keine feste "Drei-Objekt-Grenze" aufgestellt hat. In Übereinstimmung mit der BFH-Rechtsprechung ist das FG davon ausgegangen, dass bei der Veräußerung unbebauten Grundbesitzes ein gewerblicher Grundstückshandel im Einzelfall auch dann anzunehmen sein kann, wenn weniger als vier Grundstücke veräußert werden.
Dem BFH-Urteil in BFHE 188, 561, BStBl II 2000, 28 widerspricht das finanzgerichtliche Urteil ebenfalls nicht. In jenem Fall war darüber zu entscheiden, ob die Drei-Objekt-Grenze nur für "Wohneinheiten" (Ein-, Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen) oder auch für Mehrfamilienhäuser gilt. Die BFH-Rechtsprechung zur Veräußerung unbebauter Grundstücke wird durch dieses Urteil ebenso wenig berührt.
b) Die Revision ist auch nicht deshalb zuzulassen, weil die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 115 Abs. 2 Satz 2 FGO i.d.F. des 2.FGOÄndG). Da die Rechtsgrundsätze, auf die das FG sein Urteil gestützt hat, mit der Rechtsprechung des BFH übereinstimmen, kommt eine Revisionszulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht in Betracht. Zur Fortbildung des Rechts ist die Revision nur zuzulassen, wenn eine Entscheidung des BFH von allgemeinem Interesse ist. Ob bei der Veräußerung von weniger als vier unbebauten Grundstücken ein gewerblicher Grundstückshandel anzunehmen ist, hängt von der Würdigung der Umstände des einzelnen Falles ab. Eine Entscheidung des BFH im Streitfall hätte daher keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung.
Fundstellen
Haufe-Index 665063 |
BFH/NV 2002, 192 |