Veräußerung von Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen

Der ein Jahr nach der Anschaffung erzielte Gewinn aus der Veräußerung einer börsegehandelten Inhaberschuldverschreibung, die einen Anspruch auf Lieferung physischen Goldes verbrieft, ist nicht steuerbar. 

Hintergrund

Zu entscheiden war, ob die Veräußerung einer an der Börse gehandelten Lieferschuldverschreibung auf Gold der Besteuerung als Kapitaleinkünfte unterliegt.

X erwarb im September 2008 Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen, die er im März 2010 mit einem Gewinn von rund 620.000 EUR veräußerte. Jede Teilschuldverschreibung gewährte dem Inhaber das Recht auf Auslieferung eines Gramms Gold, das jederzeit (unter Einhaltung einer Lieferzeit von 10 Tagen) gegenüber der Bank geltend gemacht werden konnte. Daneben bestand die Möglichkeit, die Wertpapiere an der Börse zu veräußern. Eine Kapitalrückzahlung war ausgeschlossen. 

Das FA erfasste den Gewinn als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Es ging davon aus, die Lieferschuldverschreibungen verbrieften Kapitalforderungen i.S. von § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG. Dem widersprach das FG. Es gab der Klage mit der Begründung statt, der Anspruch auf die Lieferung von Gold werde durch die Möglichkeit, die Wertpapiere am Sekundärmarkt zu veräußern, nicht zu einem Anspruch auf Geld. 

Entscheidung

Unter den Begriff der Kapitalforderung fallen alle auf eine Geldleistung gerichteten Forderungen. Nicht davon erfasst werden jedoch Ansprüche auf die Lieferung anderer Wirtschaftsgüter, insbesondere auf eine Sachleistung gerichtete Forderungen. Dementsprechend sind die von X veräußerten Xetra-Gold keine sonstigen Kapitalforderungen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Denn sie verkörpern nicht einen Anspruch auf Geld, sondern auf eine Sachleistung. X hatte gegen die Emittentin ausschließlich einen Anspruch auf die Lieferung von Gold. Die Zahlung von Geld war ausgeschlossen. Zudem war die Emittentin nicht berechtigt, über das eingesammelte Kapital frei zu verfügen, da sie verpflichtet war, dieses zur Besicherung der Auslieferungsansprüche zu mindestens 95 % in physisches Gold zu investieren. Sie hatte kein eigenständiges Kapitalnutzungsrecht.

Der Anspruch des X auf die Lieferung von Gold wird auch nicht dadurch zu einem Anspruch auf Geld, dass er die Möglichkeit hatte, Xetra-Gold am Sekundärmarkt zu veräußern. Denn die Veräußerung begründet lediglich ein weiteres Rechtsverhältnis, das sich unabhängig vom Lieferungsanspruch beurteilt. Im Ergebnis sind der Erwerb und die Einlösung oder der Verkauf von Xetra-Gold wie ein unmittelbarer Erwerb und unmittelbarer Verkauf physischen Goldes zu beurteilen. Dass X nicht Eigentümer des Goldes war, sondern nur einen schuldrechtlichen Lieferanspruch besaß, ändert daran nichts. Somit handelt es sich um ein privates Veräußerungsgeschäft, das nach Überschreitung der Jahresfrist (Spekulationsfrist) zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht der Besteuerung unterliegt.

Hinweis

Derartige Goldgeschäfte wurden vom BFH im Geltungsbereich der Vorgängerregelung stets als private Veräußerungsgeschäfte angesehen. Aus der Gesetzesbegründung zur Neuregelung des § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG durch das Unternehmensteuergesetz 2008 wird deutlich, dass Gewinne aus der Veräußerung von Sachleistungsansprüchen - um solche handelt es sich hier - von der Vorschrift nicht erfasst werden sollten. Dem steht nicht entgegen, dass die Auslieferung des Goldes regelmäßig mit so hohen Kosten belastet ist, dass die Inhaber im Allgemeinen auf eine Auslieferung verzichten und lediglich die am Markt erzielbaren Kurssteigerungen realisieren wollen.   

Der BFH widerspricht damit dem BMF-Schreiben v. 9.10.2012, BStBl 2012 I, 953, Rz. 57. Danach liegen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu erfassende Kapitalforderungen bei verbrieften Ansprüchen, die börsenfähige Wertpapiere darstellen, auch dann vor, wenn der Lieferanspruch in physischer Form gedeckt ist und die Emissionsbedingungen eine Kapitalrückzahlung gerade ausschließen. 

BFH, Urteil v. 12.5.2015, VIII R 35/14, veröffentlicht am 2.9.2015

Dr. Ulrich Dürr