Schadensersatz wegen überhöhter ESt-Festsetzung kein Arbeitslohn

Die Erfüllung eines Schadensersatzanspruchs eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber, der auf einer überhöhten ESt-Festsetzung gegenüber dem Arbeitnehmer beruht, führt nicht zu einem Lohnzufluss, wenn dem Arbeitnehmer tatsächlich ein Schaden entstanden ist.

Hintergrund: Der Arbeitgeber ersetzt dem Arbeitnehmer die Erhöhung seiner persönlichen ESt 

X war bis 2010 als Leiter einer Behörde in NRW angestellt. Seit 2002 stand ihm ein Dienstwagen nebst Fahrer – auch zur privaten Nutzung – zur Verfügung. Über die Fahrten führten X und sein Fahrer Aufzeichnungen in einer Loseblattsammlung, die später durch andere Personen in ein gebundenes Buch übertragen wurden. Das FA war der Auffassung, die für 2002 bis 2005 geführten Aufzeichnungen stellten kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch dar und erließ gegenüber X geänderte ESt-Bescheide (Erhöhung ausgehend von der 1%-Regelung). Die hiergegen gerichtete Klage hatte nur hinsichtlich ESt 2003 aus verfahrensrechtlichen Gründen (mangels neuer Tatsachen) Erfolg.

X meldete diesen Vorgang der Haftpflichtversicherung seiner Arbeitgeberin, da ihm durch die Steuererhöhung ein Schaden entstanden sei. Diesen habe seine Arbeitgeberin verschuldet, da sie ihrer Überwachungspflicht hinsichtlich der Führung der Fahrtenbücher nicht nachgekommen sei. Die Arbeitgeberin holte Stellungnahmen von zwei Rechtsanwaltskanzleien ein, die zu der Einschätzung gelangten, dass sie – trotz eines nicht auszuschließenden mitwirkenden Verschuldens des X – zum Schadensersatz verpflichtet sei. Die Versicherung zahlte darauf in 2008 an X im Vergleichswege pauschal 50.000 EUR. Diese Zahlung behandelte das FA als Arbeitslohn des X und erließ für 2008 einen geänderten ESt-Bescheid. Die dagegen gerichtete Klage hatte im Streitpunkt Erfolg. Das FG war der Auffassung, es könne dahinstehen, ob tatsächlich ein Schadenersatzanspruch des X gegeben sei. Denn aufgrund der Gutachten sei die Zahlung aus Sicht der Arbeitgeberin wegen eines Schadensersatzanspruchs erfolgt.

Entscheidung: Schadensersatzzahlung ist kein Arbeitslohn 

Bezüge und Vorteile gelten dann als "für" die Beschäftigung gewährt und damit als Arbeitslohn, wenn sie durch das Dienstverhältnis veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn die Einnahmen mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, d.h. sich als Gegenleistung für das Zurverfügungstellung der Arbeitskraft erweisen. Arbeitslohn liegt dagegen nicht vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Schaden ersetzt, den dieser infolge einer Pflichtverletzung des Arbeitgebers erlitten hat. Denn dann werden nicht die Dienste des Arbeitnehmers vergütet, sondern ein vom Arbeitgeber verursachter Schaden ausgeglichen. Eine Schadensersatzleistung des Arbeitgebers wegen einer von ihm verursachten höheren ESt-Festsetzung auf Seiten des Arbeitnehmers führt bei diesem daher nicht zu einem Lohnzufluss.

Die Nachweispflicht obliegt dem Arbeitnehmer

Bestehen Zweifel, ob eine Zahlung tatsächlich dem Zweck des Schadensausgleichs dient, hat der Arbeitnehmer die Pflichtverletzung des Arbeitgebers und die dadurch verursachte Erhöhung der ESt und zudem auch nachzuweisen, dass die Ersatzleistung dem Ausgleich des Schadens diente.

Ermittlungspflicht des FG zur Pflichtverletzung durch die Arbeitgeberin

Hiervon ausgehend hätte das FG nicht offen lassen dürfen, ob und in welcher Höhe dem X tatsächlich ein Schadenersatzanspruch zustand. Aus den eingeholten Rechtsgutachten und der vergleichsweisen Zahlung ergibt sich keine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen eines Schadensersatzanspruchs. Denn – so der BFH – die Rechtsgutachten und die Vergleichsvereinbarung könnten eine Folge der besonderen Stellung des X im Betrieb der Arbeitgeberin sein. Der BFH verwies den Fall an das FG zurück. Dieses muss insbesondere ermitteln, ob die Arbeitgeberin gegenüber dem X auch zur Prüfung des von diesem für seine private ESt zu führende Fahrtenbuch verpflichtet war, ob sie den X hätte entsprechend belehren müssen oder gar die Eintragungen auf Ordnungsmäßigkeit hätte überprüfen müssen. Möglicherweise bestand diese Aufgabe nur gegenüber dem Land NRW und nicht (auch) gegenüber X, sodass ein Schadensersatzanspruch ausgeschlossen wäre.

Hinweis: Strenge Auffassung des BFH zur Sachaufklärungspflicht

Das FG hat sich für die Annahme einer Schadensersatzzahlung (Pflichtverletzung der Arbeitgeberin) auf die von der Arbeitgeberin eingeholten Rechtsgutachten und auf die Vergleichsvereinbarung mit der Haftpflichtversicherung der Arbeitgeberin gestützt. Demgegenüber erscheint die Auffassung des BFH, das FG hätte detailliertere Feststellungen treffen müssen, verhältnismäßig streng, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass Versicherungen eigentlich nur zahlen, wenn sie tatsächlich zahlen müssen. Der Hinweis auf die "besondere Stellung" des X in der Behörde könnte in die Richtung gehen, dass bei den Rechtsgutachten und der Vergleichsvereinbarung Gefälligkeitsgesichtspunkte eine Rolle gespielt haben könnten. Insofern dürfte es sich wohl um einen speziellen Fall handeln, bei dem der BFH ein genaueres Nachschauen für angebracht hält.

BFH, Urteil v. 25.4.2018, VI R 34/16; veröffentlicht am 8.8.2018.

Schlagworte zum Thema:  Schadensersatz, Lohn, Zuflussprinzip