Kein ermäßigter Steuersatz für Klauenpflege

Die Pflege der Klauen von Rindern ist keine Leistung, die unmittelbar der Förderung der Tierzucht dient

Hintergrund

Der selbständige Klauenpfleger pflegt die Klauen von Rindern. Seine Umsätze versteuerte er nach dem ermäßigten Steuersatz. Das FA und das FG gingen dagegen vom Regelsteuersatz aus.

Entscheidung

Auch der BFH entschied, dass die Klauenpflege nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Die Revision des A wurde zurückgewiesen.

Zunächst lehnt der BFH die Anwendung von § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG ab. Danach wird u.a. "die Aufzucht und das Halten von Vieh … und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere" ermäßigt besteuert. Diese Regelung betrifft das das Aufziehen fremder Tiere und Entgelte, die ein Unternehmer für die Teilnahme an Leistungsprüfungen erhält. Die Klauenpflege gehört zur allgemeinen Tierpflege und nicht zu diesen begünstigten Leistungen.

 Sodann begründet der BFH, dass es sich auch nicht um Leistungen handelt, die "unmittelbar der Förderung der Tierzucht dienen" (§ 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG). Die Unmittelbarkeit setzt voraus, dass der begünstigte Zweck durch die Leistung selbst gefördert oder begünstigt wird. Eine Leistung, die nicht selbst den begünstigten Zweck erreicht, sondern eine hierauf gerichtete Leistung erst vorbereitet oder lediglich begünstigt, reicht nicht aus. Denn der Förderzweck steht dann nicht im Vordergrund.

Hiervon ausgehend dient die Klauenpflege nicht unmittelbar der Tierzucht, sondern stellt eine allgemeine Gesundheitsmaßnahme dar, die - wie auch eine hinreichende Ernährung - der Nutztierhaltung dient. Die Tierhaltung stellt keine Leistung zur "Förderung der Tierzucht" dar. Die Tierhaltung ist nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG begünstigt, sondern nur nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG. Diese Regelung betrifft aber - wie erwähnt - nur den hier nicht vorliegenden Fall der Aufzucht fremder Tiere.

Im Streitfall greift auch nicht der Vorrang des Unionsrechts. Nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) steht es zwar dem nationalen Gesetzgeber frei, weitergehend als nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG einen ermäßigten Steuersatz für Dienstleistungen im landwirtschaftlichen Bereich, wozu auch die Klauenpflege gehört, anzuordnen. Für die Mitgliedstaaten besteht dazu aber keine Verpflichtung. Sie haben aber die Befugnis, die Ermächtigung zur Anordnung des ermäßigten Steuersatzes auf einzelne Aspekte der jeweiligen Kategorie von Dienstleistungen zu beschränken.

Hinweis

Anscheinend gilt in Österreich für dieselbe Leistung der ermäßigte Steuersatz. Darin liegt kein Verstoß gegen den Grundsatz der steuerrechtlichen Neutralität. Denn dieser Grundsatz richtet sich nur an den jeweiligen Mitgliedstaat. Unterschiedliche umsatzsteuerrechtliche Regelungen, die auf in der MwStSystRL vorgesehenen Ermächtigungen für die Mitgliedstaaten beruhen, können daher keinen Neutralitätsverstoß bewirken.

Bleibt als Fazit festzuhalten, dass vergleichbare Tätigkeiten an Vierbeinern und an Zweibeinern durchaus unterschiedlicher Besteuerung unterliegen können. Wie der BFH kürzlich festgestellt hat, ist die Leistung eines Podologen als Heilbehandlung völlig steuerfrei gestellt (§ 4 Nr. 14 a UStG, BFH v. 7.2.2013, V R 22/12, BStBl II 2014, 126). Den Klauenpfleger trifft dagegen die volle Härte des Regelsteuersatzes.

Urteil v. 16.1.2014, V R 26/13, veröffentlicht am 26.2.2014


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