FG Kommentierung: Anrechnung von Geschäfts- auf Verfahrensgebühr

Für die Vertretung im Rechtsbehelfsverfahren vor Verwaltungsbehörden erhält der Steuerberater eine Geschäftsgebühr von 5/10 bis 25/10 einer vollen Gebühr nach Tabelle E.

Eine Geschäftsgebühr von mehr als 13/10 einer vollen Gebühr kann für das Rechtsbehelfsverfahren allerdings nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (§ 40 Abs. 1 StBVV). Zudem ist die Geschäftsgebühr regelmäßig zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen (Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG).

Was diese gesetzlichen Vorgaben für die Praxis bedeuten, wird nachfolgend anhand eines kürzlich vom Hessischen FG entschiedenen Falls aufgezeigt.

Der Ausgangsfall

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers und Erinnerungsführers (Ef.) legte am 30.11.2010 gegen einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Erbschaftsteuerbescheid Einspruch ein und trug als Begründung (lediglich) vor, dass der Änderung des Bescheids der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegen stehe und zudem keine neuen Tatsachen vorlägen. Das Finanzamt hat den Einspruch mit Einspruchsentscheidung als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen erhob der Prozessbevollmächtigte Klage, die er ausführlich begründete. Das Finanzamt half dem Begehren des Ef. mit Bescheid vom 16.6.2011 ab. Daraufhin erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt. Die Kosten des Rechtsstreits wurden dem Finanzamt auferlegt und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt.

Mit Schriftsatz vom 4.7.2011 beantragte der Prozessbevollmächtigte u. a. die Erstattung einer Geschäftsgebühr von (zunächst) 20/10 für die Vertretung im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren sowie eine 1,6-fache Verfahrensgebühr. Der Kostenfestsetzungsbeamte setzte die Geschäftsgebühr mit 11/10 an (13/10 abzgl. 2/10, weil der Prozessbevollmächtigte für die Prüfung des Erbschaftsteuerbescheids die Zeitgebühr verdient habe, §§ 40 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 i. V. m. § 28 StBGebV a. F.). Die so ermittelte Geschäftsgebühr rechnete er zudem zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr an.

Mit seiner Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss macht der Ef. nunmehr eine 25/10 Geschäftsgebühr für das Vorverfahren geltend und führt zur Begründung an, die Sache sei besonders umfangreich gewesen und habe einen erheblichen Schwierigkeitsgrad aufgewiesen. Daneben wendet er sich gegen die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr. 

FG bestätigt Kostenentscheidung 

Das Hessische FG (Beschluss v. 31.1.2013, 1 Ko 2202/11, EFG 2013, S. 644) entscheidet, dass die Erinnerung unbegründet ist, weil die Sache keine überdurchschnittlichen Schwierigkeiten aufgewiesen hat und die Kürzung der Verfahrensgebühr zu Recht erfolgt ist.

Vorliegend war im Hauptsacheverfahren streitig, ob die Festsetzungsfrist abgelaufen bzw. die Voraussetzungen einer Korrekturnorm erfüllt waren. Dies war Gegenstand der Einspruchsbegründung im einzigen vom Prozessbevollmächtigten zur Sache verfassten Schriftsatz im Einspruchsverfahren. Es handelt sich insoweit nicht um auf Spezialgebieten liegende Fragen, sondern um Rechtsfragen, deren Bearbeitung im Grundsatz das übliche Maß nicht übersteigt. Von daher ist keine höhere als eine 13/10 Geschäftsgebühr, geschweige denn die im Erinnerungsverfahren geltend gemacht 25/10 Geschäftsgebühr gerechtfertigt.

Auch die Kürzung dieser Gebühr um die Gebühr für die Prüfung des Steuerbescheids ist nicht zu beanstanden. Das FG hat zwar die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig erklärt, jedoch ist die Prüfung eines Steuerbescheids nicht Gegenstand des Vorverfahrens. Dieses beginnt erst mit der Einlegung des Einspruchs, sodass die Gebühr für die Prüfung des Steuerbescheids nicht zu den als Teil der Verfahrenskosten erstattungsfähigen Gebühren und Auslagen zählt.

Der Kostenfestsetzungsbeschluss erweist sich auch insoweit als rechtmäßig, als darin die 1,6 Verfahrensgebühr um die Hälfte der Geschäftsgebühr für das Rechtsbehelfsverfahren gekürzt worden ist.

Praxishinweis

Die Geschäftsgebühr für die Tätigkeit im Rechtsbehelfsverfahren ist eine Rahmengebühr. Für diese bestimmt nach § 11 Satz 1 StBVV der Steuerberater die Höhe der Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der beruflichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Bei der Bemessung der Gebühr kann ein besonderes Haftungsrisiko des Steuerberaters herangezogen werden.

Dieses Bestimmungsrecht erfährt jedoch für die Geschäftsgebühr für das Rechtsbehelfsverfahren durch § 40 Abs. 1 Satz 2 StBVV eine Einschränkung dahingehend, dass eine Gebühr von mehr als 13/10 einer vollen Gebühr nach Tabelle E nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Nach den Vorstellungen des Verordnungsgebers soll der Schwellenwert von 13/10 den durchschnittlichen Zeit- und Sachaufwand und den durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad bei der Bearbeitung abdecken.

Eine höhere Gebühr kann daher nur verlangt werden, wenn die Bearbeitung der Sache einen über das übliche Maß hinausgehenden Zeit- und/oder Sachaufwand erfordert, oder wenn der Fall derartige rechtliche und/oder tatsächliche Schwierigkeiten aufwirft, dass er nach den üblichen Maßstäben nicht zügig erledigt werden kann. Dies kann der Fall sein, wenn umfangreiche Rechtsprechung und /oder Literatur durchgearbeitet und ausgewertet werden muss oder wenn häufige oder lang andauernde Verhandlungen mit der Finanzbehörde geführt werden müssen. Bei der Bemessung des Schwierigkeitsgrades kommt es auf vermeintliche oder tatsächliche Fehler der Finanzbehörde bei der Bearbeitung der Sache indes nicht an.

Für Rechtsanwälte findet sich eine § 11 StBVV vergleichbare Vorschrift in § 14 RVG. Außerdem ist in Nr. 2300 VV RVG festgelegt, dass der Anwalt für die Vertretung im Einspruchsverfahren für alle mit der außergerichtlichen Rechtsbesorgung in dieser Angelegenheit anfallenden Tätigkeiten ebenfalls eine Geschäftsgebühr in Form einer Rahmengebühr von 0,5 bis 2,5 erhält. Für die Bemessung der Geschäftsgebühr ist zusätzlich die Erläuterung zu Nr. 2300 VV RVG zu beachten, in der zur konkreten Bemessung der Geschäftsgebühr ergänzend ausgeführt wird, dass eine Gebühr von mehr als 1,3 nur verlangt werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.

Bemerkenswert ist, dass das FG Köln (Beschluss v. 25.6.2009, 10 Ko 610/09, EFG 2009, S. 1595) in diesem Zusammenhang die Auffassung vertritt, dass für die Schwierigkeit einer Angelegenheit grundsätzlich auf die Kenntnisse eines durchschnittlichen und nicht spezialisierten Rechtsanwalts abzustellen ist. Ferner sei zu berücksichtigen, dass es sich beim Steuerrecht um eine häufig schwierige Spezialmaterie handelt, sodass die Angelegenheit, auch wenn es sich um eine bloße Schätzung von Besteuerungsgrundlagen im Hinblick auf eine nicht ordnungsmäßige Buchführung handelt, vom Schwierigkeitsgrad her durchaus mit „überdurchschnittlich“ eingestuft werden könne. Das FG Köln hat dem bevollmächtigten Rechtsanwalt (daher) für das Betreiben des Vorverfahrens eine 2,0 Geschäftsgebühr zugestanden. Es ließ dabei ausdrücklich offen, ob aus der Tatsache, dass es sich beim Steuerrecht um eine häufig schwierige Spezialmaterie handelt, das generelle Gebot abzuleiten sei, die Geschäftsgebühr für das finanzamtliche Einspruchsverfahren mit einem Gebührensatz oberhalb 1,3 zu berücksichtigen, oder ob dies zu einer unzulässigen Privilegierung eines Rechtsanwalts gegenüber einem Steuerberater führen würde.

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