Donations für Streaming-Leistungen sind umsatzsteuerbar

Einnahmen als Streamer
Folgender Sachverhalt wurde verhandelt: Der Kläger ist im Rahmen einer Partnerschaft mit der Streaming-Plattform Z als Streamer im Internet aktiv. Über die verschiedenen Möglichkeiten, als Streamer in Zusammenarbeit mit Z Einnahmen zu erzielen, z. B. Partnerschaft mit Z, Werbeeinnahmen sowie Donations, und hierzu die Reichweite des eigenen Kanals/Streams zu vergrößern, wird auf der Internetseite von Z und in zahlreichen weiteren Internetportalen informiert.
In den Jahren 2015 und 2016 betrieb der Kläger seinen Streamingkanal auf Z von seinem damaligen inländischen Wohnsitz aus. Auf der Seite des Kanals hatte der Zuschauer durch das Anklicken von Panels die Möglichkeit, dem Kläger entweder Live oder als Video dabei zuzusehen, wie er an Computer-/Videospielen teilnahm und in unterschiedlichen Rollen das jeweilige Rollenspiel fortentwickelte. Zudem bestand die Möglichkeit, dem Kläger auch bei anderen Tätigkeiten (ebenfalls im Livestream oder als Video) zuzusehen.
Hierbei hatten die Zuschauer während des Livestreams die Möglichkeit, mit dem Kläger zu chatten. Zuschauer mit bestimmten Abonnements konnten auch eigene Emoticons des Klägers nutzen. Auf der Seite des Klägers befanden sich weitere Panels, bei denen man durch Anklicken auf die Bestellseiten der Werbepartner des Klägers und auf die Accounts des Klägers bei anderen Anbietern gelangte.
Donations von Zuschauern
Durch Anklicken des Panels "Subscriber" gelangten Zuschauer zu der Möglichkeit, ein Abonnement für die Z-Seite des Klägers abzuschließen. Durch Anklicken des Panels "Donation" konnte der Zuschauer, unabhängig von einem Abonnement, Geldbeträge an den Kläger zu übermitteln. Das Finanzamt ist der Meinung, dass es sich bei den Donations um steuerpflichtige Entgelte des Klägers für seine Tätigkeit als Streamer handele und erhöhte die steuerpflichtigen Umsätze dementsprechend.
Das Finanzgericht wies die dagegen erhobene Klage als unbegründet zurück. Es vertrat die Auffassung, dass der Kläger mit seiner Streaming-Aktivität auf seinem Kanal bei Z bestimmbare sonstige Leistungen im Sinne von § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG in Form von Unterhaltungsleistungen erbracht hat.
Die Zuschauer, die dem Kläger freiwillig Donations zuwendeten, stellten auch identifizierbare Leistungsempfänger seiner Streaming-Leistungen dar. Da die Zahlung der Donations für die Zuschauer kausal auf der Unterhaltungsleistung des Klägers auf Z beruhten, seien sie auch nicht mit den Zahlungen von Spenden eines Passanten an einen Straßenmusiker vergleichbar, die in der Vergangenheit als nicht steuerbar beurteilt wurden, vgl. EuGH, Urteil v. 3.3.1994, C-16/93 (Tolsma).
Anders als ein Passant auf einer Straße, der nicht zielgerichtet den Erhalt einer musikalischen Darbietungsleistung durch einen Straßen-Schausteller beabsichtigt, suchten die Zuschauer des Klägers gezielt den Kanal virtuell auf, um sich unterhalten zu lassen. Dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen Unterhaltungsleistung und Donation steht nicht entgegen, dass die Zahlung der jeweiligen Donation auf freiwilliger Basis erfolgt und auch die Höhe in das Ermessen des Zuschauers gestellt ist. Denn ein Leistungsaustausch werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Gegenleistung, in welcher Höhe auch immer, freiwillig erbracht wird, sofern zwischen ihr und der Leistung eine innere Verknüpfung besteht.
Im Übrigen kann dahinstehen, ob in der Reaktion des Klägers als Streamer auf eine Donation für den Zuschauer eine eigenständige Leistung in Form einer "Teilhabe" am laufenden Stream zu sehen ist.
Rechtsprechung und Literatur zu Streaming
Es verwundert nicht, dass bislang keine gefestigte Rechtsprechung zu diesen (und anderen) Problembereichen der digitalen Welt vorliegt, schließlich sind vergleichbare Sachverhalte in der analogen Welt schwer zu finden. Das Finanzgericht versucht sich an einer Abgrenzung zur "Straßenmusiker-Rechtsprechung" des EuGH und tut sich dabei sichtlich schwer. Umso mehr verwundert es, dass die Revision nicht zugelassen wurde – das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.
Aus meiner Sicht ist die Beurteilung solcher Sachverhalte derzeit faktisch offen, Stellungnahmen in der Literatur gehen in ganz unterschiedliche Richtungen (vergleiche unter anderem Prätzler, jurisPR-SteuerR 35/2022, Anmerkung 4; Heine/Trinks, MwStR 2022, S. 819; Walfort/Danielmeyer/Hartwig, UR 2022, S. 321). Zu klären ist unter anderem auch, ob in vergleichbaren Sachverhalten eine (fingierte) Leistungskette zwischen Streamer, elektronischer Schnittstelle und Zuschauer als Verbraucher vorliegt (vergleiche hierzu L'habitant, UR 2022, S. 922). Steuerliche Berater sollten ihre Mandanten vorsorglich darauf hinweisen, dass solche Einnahmen mit Umsatzsteuer belegt werden können und gegen entsprechende Festsetzungen ggf. gerichtlich vorgehen.
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